Schalmeien und alte Weihnachtslieder

Foto: Martina Schneibergová

Am Fuß der Karlsbrücke wurde vor zwölf Jahren ein Museum eröffnet. Neben einer Dauerausstellung über die Geschichte der Brücke beherbergt es jedes Jahr im Advent auch eine Sonderausstellung. Diesmal steht weihnachtliche Musik im Blickpunkt.

Foto: Martina Schneibergová

Michal Cihla  (Foto: Martina Schneibergová)
Die schmale Karlsgasse in der Prager Altstadt ist das ganze Jahr hindurch überfüllt. Vor der Karlsbrücke mündet sie in einen kleinen Platz: den Křižovnické náměstí – zu Deutsch: Kreuzherrenplatz. Dort steht die Barockkirche des Heiligen Franziskus von Assisi, und daneben befindet sich das Museum der Karlsbrücke. Mehrere Treppenstufen führen hinunter in die historischen Gewölbe des ehemaligen Kreuzherrenspitals. In einigen Räumlichkeiten wird der Bau der Karlsbrücke ausführlich beschrieben. Im Flur weckt jedoch eine spezielle Weihnachtskrippe die Aufmerksamkeit. Alle Figuren in Lebensgröße sind aus Stroh. Zudem seien mehrere kleinere Krippen zu sehen, sagt Michal Cihla. Er ist Kurator der Sonderausstellung:

„Es handelt sich meist um Kastenkrippen. Und der Kasten wurde in der Vorweihnachtszeit aus der Kammer geholt und in der Regel dann bis 2. Februar – also Mariä Lichtmess – zu Hause ausgestellt. Dies war sowohl auf dem Land als auch in der Stadt üblich. Die Weihnachtskrippen stammen aus dem Museum in Třebíč, das die zweit- oder drittgrößte Sammlung an Weihnachtskrippen hierzulande besitzt. Die Gegend von Třebíč ist für ihren Krippenbau bekannt, dessen Geschichte begann bereits im 18. Jahrhundert. So wird erzählt, dass ein Soldat, der von einem Feldzug zurückkehrte, zwei Krippenfiguren mit nach Hause brachte. Zusammen mit einem dortigen Maler schuf er dann ein großes Krippenspiel. So ist angeblich in Třebíč die Tradition entstanden.“

Foto: Martina Schneibergová
Gezeigt werden dem Kurator zufolge Weihnachtskrippen aus dem 19. Jahrhundert, eine davon stammt vom bekannten Krippenbauer Jan Huňáček. Die größte Krippe hat aber Josef Pokorný gestaltet. Und die Tradition lebt auch heute noch in der Gegend von Třebíč / Triebtsch…

Psalter und Zither

Doch nicht nur Weihnachtskrippen sind im Museum der Karlsbrücke zu sehen. Gezeigt werden auch Musikinstrumente sowie Handschriften und Gemälde zum Thema Musik. Die Sonderausstellung konzentriert sich in diesem Jahr auf die Geschichte der Weihnachtsmusik.

Foto: Martina Schneibergová
„Wir stellen hier Gemälde aus, die historische Musikinstrumente zeigen. Dazu gehört beispielsweise ein Bild, auf dem die Engel das Jesuskind Psalter spielen lassen. Dieses Musikinstrument war im Mittelalter sehr verbreitet. Es gilt als eine Urform der Zither. Aber auch eine Zither aus dem 19. Jahrhundert wird hier gezeigt. Ein weiteres Exponat ist eine Schalmei. Das Holzblasinstrument mit einer konisch gebohrten Röhre war im Mittelalter und in der Renaissance in ganz Europa beliebt. Die Schalmei war zwar schon in der Antike bekannt, wurde aber erst während der Kreuzzüge nach Europa gebracht. In der Folge hat sich das melodische Instrument schnell verbreitet“, erzählt Michal Cihla.

Neben historischen Musikinstrumenten werden im Museum auch Notenhandschriften gezeigt. Die ältesten Weihnachtslieder stammen Michal Cihla zufolge vom Heiligen Ambrosius aus dem vierten Jahrhundert. In der Ausstellung macht er auf eine Handschrift aufmerksam:

Weihnachtslied , Narodil se Kristus pán‘  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die Melodie des tschechischen Weihnachtslieds ,Narodil se Kristus pán‘ stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das Lied ist im Codex Franus von 1505 beschrieben.“

Gesangbuch von Jistebnice

Die deutsche Version des Lieds „Freu dich, Erd und Sternenzelt“ ist seit 1520 belegt. Der Codex Franus ist ein Gesangbuch mit Liedern der tschechischen Utraquisten. Der Tuchmacher Jan Frano schenkte es der Heilig-Geist-Kirche in Hradec Králové / Königgrätz. Das Original wird heutzutage im dortigen Ostböhmischen Museum aufbewahrt.

Die Advents- und Weihnachtslieder hatten in den Böhmischen Ländern ursprünglich lateinische Texte. Die ersten tschechischen Weihnachtslieder befänden sich im Gesangbuch von Jistebnice, das Kirchenlieder aus dem 15. Jahrhundert enthält, erzählt Lukáš Matoušek. Er ist Komponist und Musiker. Zusammen mit dem Kammerensemble Ars Cameralis, das er leitet, hat er unter anderem eine CD mit Weihnachtsliedern aus dem Hochmittelalter herausgebracht. Matoušek zufolge gab es aber auch schon früher Lieder mit tschechischen Texten.

Die Weihnachtsausstellung im Museum der Karlsbrücke ist noch bis 2. Februar zu sehen. Das Museum ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

„Sie sind schon in der Hohenfurther Handschrift enthalten, die um das Jahr 1410 entstanden ist, also etwa zehn Jahre früher als das Gesangbuch von Jistebnice. Das bekannte Lied ,Dies est laetitiae‘ hat auch einen tschechischen Text. Mein Ensemble singt es in beiden Sprachen. Die Hohenfurther Handschrift ist ein dünnes Büchlein, das Lieder aus dem 14. Jahrhundert umfasst.“