Weihnachtskrippen aus Glas: neue Ausstellung an der Moldau

Foto: Martina Schneibergová

Es ist inzwischen fast eine Tradition geworden: Immer zum ersten Advent wird im Prager Museum der Karlsbrücke eine Weihnachtskrippenausstellung eröffnet. In diesem Jahr konzentriert sich das Museum auf Krippen aus Glas.

Foto: Martina Schneibergová
Die wohl berühmteste Brücke in der tschechischen Hauptstadt, die Karlsbrücke, hat seit 2007 ein Museum. Es befindet sich auf dem Kreuzherrenplatz, rechts vom Altstädter Brückenturm. In der Advents- und Weihnachtszeit wird im Museum neben der Dauerausstellung noch eine Auswahl von verschiedensten Weihnachtskrippen gezeigt. Der tschechische Verband der Krippenbauer arbeitet mit dem Museum der Karlsbrücke bereits seit der Eröffnung zusammen. Milan Zábranský ist Vorsitzender des Verbands. Er hat die diesjährige Krippenausstellung „Weihnachten aus Glas“ genannt.

„Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen: Den ersten bilden Exponate aus der Privatsammlung von Alena Kortanová aus Železný Brod / Eisenbrod. Im anderen Teil wird Weihnachtsschmuck aus der Sammlung von Jiřina Hánová aus Rokycany gezeigt. Kortanová stammt aus einer Glasmacherfamilie. Im Jahr 2009 hat sie die erste Ausstellung von Glaskrippen in Železný Brod organisiert. Die Tradition der Weihnachtskrippen aus Glas besteht hierzulande noch nicht sehr lange, und man weiß darüber verhältnismäßig wenig.“

Alena Kortanová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Die Herstellung von Weihnachtskrippen aus Glas ist eng mit der Stadt Železný Brod und der dortigen Glasmacherschule verbunden. Diese wurde 1920 gegründet. Kurz nach der Entstehung der Schule schuf der später renommierte Künstler, Jaroslav Brychta, die ersten Krippenfiguren aus Glas, sagt Zábranský:

„Zuvor wurden Glasfiguren nur aus Wickelperlen und Glasröhrchen hergestellt. Erst später entstanden Figuren, die nur aus Glas an einem Glasmacherbrenner entstanden sind. So werden sie heute nicht nur in Železný Brod, sondern auch an anderen Orten Tschechiens hergestellt. Viele der Absolventen der Glasmacherschule gründeten Firmen, die solche Figuren herstellten. Einige der Firmen haben bereits während der Ersten Republik Krippenfiguren produziert. Nachdem die Kommunisten 1948 die Macht in der Tschechoslowakei ergriffen hatten, wurden religiöse Motive in der Glasmacherei verboten. Von den drei Personen, die am Nikolaustag in Tschechien von Haus zu Haus gehen, dem Heiligen Nikolaus, dem Engel und dem Teufel, durften die Glasmacher eine Zeit lang nur die Teufelsfiguren herstellen. Die Glasmacher haben dann die Weihnachtskrippen oft nur für sich selbst oder für ihre Freunde gebaut.“

Foto: Martina Schneibergová
In den 1960er Jahren, in einer Zeit der politischen Entspannung, durften die Weihnachtskrippen dann wieder hergestellt werden, erzählt Milan Zábranský:

„Den Höhepunkt der damaligen Glasproduktion war eine Krippe aus Hüttenglas, die bei der Weltausstellung 1967 in Montreal zu sehen war. Ein weiteres Exemplar wurde in den Vatikan geliefert, und das dritte ist heute im Krippenmuseum im ostböhmischen Třebechovice pod Orebem / Hohenbruck zu sehen. Erfreulich ist, dass es vor einigen Jahren gelungen ist, die Produktion derartiger Krippen wiederzubeleben. Ein Beispiel ist die Weihnachtskrippe von Vladimír Sochor, die im Museum zu sehen ist. Krippen werden auch aus geschnitztem Glas gebaut oder als Glasplastiken gestaltet. Und bei den jüngeren Glasmachern geht die Tendenz dahin, die typischen Krippenszenen modern zu gestalten.“

Glas ist ein hartes, aber zerbrechliches Material. Darum ist die Zahl der erhaltenen älteren Weihnachtskrippen gering. Da nicht alle Besitzer von Glaskrippen bereit waren, ihre Prachtstücke dem Museum zu leihen, ist die Ausstellung nicht groß, aber doch interessant und schön, meint der Experte.

Foto: Martina Schneibergová
„Zu sehen sind auch Krippen aus anderem Material, bei denen das Glas nur als Verpackung dient und wir stellen hier auch die Hinterglasmalereien aus. Im zweiten Teil der Ausstellung wird Weihnachtsschmuck aus Glas gezeigt. Wir haben hier Beispiele aus der Produktion der Firma Rautis aus Poniklá im Riesengebirge.“

Die Weihnachtskrippen werden bis heute aus verschiedenem Material hergestellt, von Holz bis Kunststoff. Sehr populär sei in letzter Zeit Keramik, so der Experte:

„Krippen werden sogar aus einem speziellen Teig gebacken. Früher waren Krippen aus Wachs der Höhepunkt der Krippenbauerkunst. Wachskrippen wurden vor allem in Frauenklöstern hergestellt. Heute versucht es ab und zu jemand, aber es ist sehr schwierig. Dazu wird Bienenwachs benutzt, der zuvor gebleicht werden muss. Früher dauerte es ein halbes Jahr lang, den Wachs zu bleichen. Die Wachsfiguren halten jedoch nicht lange. Ein spezielles Material, aus dem Krippen gebaut wurden, war Tragant – also Harz aus den so genannten Astragalus-Sträuchern, die vor allem in Kleinasien wachsen. Die Konditoren haben Tragant mit Zucker gemischt und daraus Figuren geformt. Es sind einige herrliche Krippen aus Tragant erhalten geblieben, die Figuren sind aber nur eindimensional. In der Region von Příbram wurden wiederum die so genannten ´chlebáčci´ gebastelt; Das waren Figuren aus Brotmehl, gemischt mit Sägemehl. Diese Krippen hielten jedoch nicht lange, weil sie von Würmern gefressen wurden.“

Foto: Martina Schneibergová
Populär sind hierzulande schon Jahre lang die Lebkuchenkrippen. In Prag werden sie in der Weihnachtszeit in der Kirche St. Mathäus im Stadtteil Dejvice ausgestellt.

Bei der Vernissage im Museum war auch Jarmila Haldová anwesend. Sie ist Holzschnitzerin und Illustratorin und lebt im Adlergebirge. Im Museum der Karlsbrücke kann man eine ihrer Papierkrippen kaufen. Eine Ausstellung ihresr Werke ist an einem anderen Ort in Prag zu sehen: im Schloss Chvaly im 20. Stadtbezirk. Unter dem Titel „Königreich Weihnachten“ sind dort geschnitzte Figuren der böhmischen Herrscher sowie Weihnachtskrippen aus Holz zu sehen. In ihrem Haus in Sedloňov / Sattel sei sie von den Holzschnittarbeiten umgeben, sagt die Künstlerin:

„Ich habe zu Hause Krippen, die irgendwie zu meiner Familie gehören und an denen ich seit Jahren arbeite. Jedes Jahr kommt noch eine neue Figur oder ein neues Stück hinzu. Ich baue Krippen aber auch auf Bestellung. Es melden sich manchmal Familien, die bereits eine Krippe von mir haben, und noch ein paar weitere Figuren wollen. Einige meiner Krippen sind auch Bestandteil von Museumssammlungen. So habe ich beispielsweise die so genannte ´Tuchmacherkrippe´ geschnitzt für das Museum in Rychnov nad Kněžnou / Reichenau an der Knieschna. Die Tuchmacherfiguren weben dort einen Mantel für das Jesuskind und die einzelnen Etappen der Tuchmacherarbeit sind dort genau dargestellt.“

In Chvaly sind nicht nur geschnitzte Krippen, sondern auch gemalte Papierkrippen zum Ausschneiden oder Krippen aus Keramik zu sehen.

Die Ausstellung „Weihnachten aus Glas“ ist im Museum der Karlsbrücke täglich von 10 bis 18 Uhr noch bis zum 3. Februar 2014 zu sehen. Die Ausstellung „Königreich Weihnachten“ im Schloss Chvaly ist täglich von 9 bis 17 Uhr bis zum 14. Januar 2014 geöffnet.