Schatten des Holocaust
Eine junge Frau mit hellen Haaren und einer Geige in der Hand - auf den ersten Blick eine ganz normale Deutsche. Neben ihrem Foto hängt ein Textausriss, der erklärt: Solche Menschen leben unter uns, sie haben sich mit der Zeit "europäisiert" und ein "menschliches Aussehen" bekommen. Wer ist die Frau auf dem Bild? Und wer ist der Autor des nebenstehenden Zitates? Der Text stammt von Adolf Hitler und die Frau ist eine Jüdin - zusammengefügt wurde beides von dem Fotografen Elliot Ross. Bara Prochazkova hat seine Ausstellung in Prag besucht:
"Dieses Projekt habe ich angefangen, weil ich von der physischen Ähnlichkeit meiner Familienmitglieder und Freunde mit den Holocaust-Opfern, die ich auf Bildern gesehen habe, berührt war. Als ich die Fotografien gemacht habe, habe ich einen Text über Frauen im Holocaust gelesen. Mir wurde klar, dass dort eine Geschichte ist, die noch nicht so erzählt worden war, wie ich sie erzählen könnte. Und ich habe das Projekt beendet, als ich gemerkt habe, ich habe die Geschichte zu meiner Genugtuung erzählt."
Es ist eine Geschichte von Frauen, Müttern und potentiellen Müttern, die um ihre Körper kämpfen. Denn die Nationalsozialisten hatten vor diesen Körpern Angst - sie waren die sichtbaren Zeichen des Überlebens der jüdischen Nation. Alle 44 anonymen Portraits von jüdischen Frauen sind in Schatten verhüllt, als würden sie ein schweres Schicksal tragen:"Das Thema ist dunkel. Und in meinen Fotos gibt es eine visuelle Parallele zu diesen Erfahrungen, die mir scheinen, als wären sie im Schatten. Ich wollte zeigen, dass der Schatten einfach da ist; er ist bedrängend. Die Menschen haben nur eine beschränkte Macht über ihr Schicksal. Zum Beispiel im Fall des Holocaust waren Millionen in diesem Übel gefangen."
Die Fotografieausstellung "Yehudhith" zeigt mit Hilfe von Portraits von lebenden jüdischen Frauen und mit ausgewählten Texten über Frauen im Holocaust eine unkonventionelle Interpretation des Holocaust. Weiter getragen wird die Erfahrung der jüdischen Frauen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Und die Hitlerschen Textbruchstücke gehören unablösbar dazu, erklärt Elliot Ross seine Intention:
"Ich habe die Zitate aus `Mein Kampf` gewählt, um die Einstellung der Nazis und vor allem von Hitler zu zeigen. In wenigen Sätzen sagen diese Zitate so viel über das Verhältnis der Nazis zu menschlichem Leben. Alles andere leitet sich davon ab."