Schauspieler Radovan Lukavský war auch Pädagoge und Rilke-Übersetzer
Mit ihm ist eine Theaterära zu Ende gegangen. Dies haben viele tschechische Schauspieler und Regisseure über ihren verstorbenen Kollegen Radovan Lukavský gesagt. Am Dienstag hat sich die Öffentlichkeit von dem Schauspieler, Pädagogen und Übersetzer im Prager Nationaltheater verabschiedet.
Lukavský studierte Tschechisch und Französisch an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Zudem besuchte er das Konservatorium. Nach seinem Engagement im Weinberger Theater und dem Prager Stadttheater begann er 1957 im Nationaltheater zu spielen, wo er fünfzig Jahre lang gewirkt hat. Zu seinen bekanntesten Rollen gehörte einst vor allem Hamlet. In den letzten Jahren erntete er beispielsweise für die Rolle des alten Manns in Felix Mitterers „Besuchszeit“ immer großen Beifall. Die Öffentlichkeit kannte Lukavský aus Filmen oder der historischen Fernsehserie „F.L. Věk“, die in der Zeit der nationalen Wiedergeburt spielte. Der Schauspieler war zudem Jahre lang als Pädagoge an der Akademie der Musischen Künste in Prag tätig. Viele der heute bekannten tschechischen Schauspieler erinnerten sich an ihn als einen sehr großzügigen Lehrer auch am Dienstag im Prager Nationaltheater.
In den sechziger Jahren sowie in der späteren Zeit der so genannten „Normalisierung“ ist Lukavský, der seinen christlichen Glauben nie verschwiegen hat, zu einer Persönlichkeit gereift, die vom kommunistischen Regime für unbequem gehalten wurde. Daher musste er 1962 seine pädagogische Tätigkeit an der Theaterakademie aufgeben. Die konsequente Haltung des Künstlers wurde auf der Trauerfeier auch vom ehemaligen Staatspräsidenten Václav Havel gewürdigt:„Ich werde mich an ihn als einen guten Schauspieler und weise denkenden Menschen erinnern, der auch als Bürger Jahrzehnte lang hervorragend gehandelt hat.“
Radovan Lukavský ist als ein Schauspieler bekannt geworden, der sich sehr intensiv mit der Sprachkultur befasste. Er war ein hoch geschätzter Rezitator und Übersetzer von Poesie. Neben französischen Dichtern übersetzte er auch deutsche Poesie, vor allem Rainer Maria Rilke. Über Poesie und Schauspielerarbeit äußerte er sich mehrmals auch im Tschechischen Rundfunk. In einer Sendung aus dem Jahr 1990 vergleicht er die Schauspielerarbeit mit der Rolle im Leben:„Der spanische Dramatiker Calderon schrieb ein Stück namens ´Das Welttheater´. Alle Personen versammeln sich abschließend vor dem Prinzipal, und es zeigt sich, dass es nicht bedeutsam ist, welche Rolle jeder gespielt hat. In den Augen des großen Prinzipals ist es wichtig, wie derjenige die ihm zugeteilte Rolle gespielt hatte. Es ist gut, das Leben wie eine uns anvertraute Rolle im großen Welttheater anzunehmen und unsere Aufgaben so zu erfüllen, damit wir uns, wenn der Vorhang niedergehen wird, vor dem großen Prinzipal verantworten können.“