Schloss Uherčice: Rekordzahl von Besuchern und neue Besichtigungstrasse
Das Renaissanceschloss Uherčice / Ungarschitz steht in Südmähren und ist nur etwa fünf Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Die Residenz wird von der tschechischen Denkmalschutzbehörde verwaltet.
Schloss Uherčice befindet sich in der gleichnamigen Gemeinde, die westlich von Znojmo / Znaim liegt. Zum ersten Mal wurde der Ort Anfang des 14. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. Aus den Archivdokumenten geht hervor, dass das Dorf vermutlich während der Hussitenkriege vollständig geplündert wurde. Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts wurde der Ort dann erneut besiedelt.
Die Adelsfamilie Kraiger von Kraigk ließ damals eine spätgotische Festung in Uherčice erbauen. Diese wurde später in ein Renaissanceschloss umgebaut. Die Residenz wechselte einige Mal den Besitzer. Bis 1946 gehörte sie der Fürstenfamilie Collalto und San Salvatore, und während der Zeit des Kommunismus diente das Schlossareal verschiedenen Zwecken. So nutzte in den 1950er und1960er Jahre die Grenzwache die Räumlichkeiten.
Nach der Wende von 1989 befand sich das Baudenkmal in einem kritischen Zustand. Seit 1995 wird es vom staatlichen Denkmalschutzamt verwaltet. Uherčice wurde ins Programm zur Rettung des architektonischen Erbes miteinbezogen und wird schrittweise restauriert. Das Schloss gilt als eine der am stärksten beschädigten historischen Residenzen hierzulande. Im vergangenen Jahr besuchte jedoch eine Rekordzahl an Menschen das Gebäude. Anna Lysá ist seit fünf Jahren Kastellanin in Uherčice:
„Zum ersten Mal in der Geschichte wurde die Besucherzahl von 10.000 überschritten, und zwar genau um einen Menschen. In den vergangenen Jahren lag die Zahl immer knapp unter 10.000. Ende der letztjährigen Saison veranstalteten wir aber viele Führungen, und plötzlich stieg die Besucherzahl an. Viele Menschen kehren immer wieder nach Uherčice zurück. Denn sie interessieren sich dafür, wie die Restaurierungsarbeiten vorangeschritten sind und was sich inzwischen verändert hat. Sie sehen, dass sich das einst verwüstete Baudenkmal wieder in ein Schloss verwandelt. Darüber erzählen sie dann ihren Bekannten, und diese kommen auch, um sich davon zu überzeugen. Zu unseren treuen Besuchern, die regelmäßig hier sind und die das Schloss noch in einem erbärmlichen Zustand gesehen haben, sind auf diese Weise viele neue Interessenten hinzugekommen.“
Auch wenn das Schloss im Vergleich mit anderen Sehenswürdigkeiten weiterhin als am stärksten beschädigt gilt, ist zu erkennen, was schon alles restauriert worden ist.
„Für die bevorstehende Saison haben wir für die Besucher eine schöne neue Besichtigungstrasse vorbereitet, die sie angenehm überraschen wird. Das Schloss sieht von außen zwar noch nicht so aus, als ob es restauriert würde, denn dies wird noch länger dauern. Dies kostet natürlich viel Geld.“
Ab Mai dieses Jahres werden die in Stand gesetzten Räumlichkeiten im östlichen Teil des Schlosses für die Öffentlichkeit geöffnet. Diese waren bisher nicht zugänglich. Die Kastellanin:
„Dort wurden die ursprünglichen Stuckdekorationen restauriert. Derzeit werden die Gemächer mit Möbeln ausgestattet. Die kleinen rosaroten Engelfiguren entsprechen der Originalgestaltung, die wiederum vernichtet wurde – vor allem während der Zeit, als das Schloss der Armee zur Verfügung stand. Ich finde es schade, dass der Film ,Barbie‘ schon gedreht ist. Denn Uherčice wäre der ideale Ort für ihn, weil Rosa unsere Farbe ist.“
Ist es für das Schloss kein Nachteil, dass es nicht in der Nähe einer größeren Stadt liegt? Anna Lysá:
„Die typischen Besucher von Uherčice sind Urlauber, die während der Schulferien herkommen. Die Hauptsaison beginnt für uns Ende Juni und endet mit den Ferien, also Ende August. Unsere Besucher haben meistens viel Zeit. Sie verbringen den Urlaub beispielsweise am Stausee Vranov oder in der Umgebung. Unter unseren Besuchern sind auch viele Radwanderer. Die meisten verbringen im Schloss den ganzen Nachmittag, denn sie haben es nicht eilig. Ich halte es eigentlich nicht für einen Nachteil, dass es in unserer Nähe keine größere Stadt gibt. Der Vorteil einer größeren Stadt besteht allerdings darin, dass es dort ein besseres Angebot an Unterkunft und Verpflegung gibt. Dies kann hier manchmal ein Problem sein.“
Bisher war es möglich, außer den Schlosszimmern auch die ehemalige Schnapsbrennerei zu besichtigen, in der noch die Originalmaschinen erhalten sind. Diese Führung werde in der bevorstehenden Saison aber nicht mehr angeboten, wie die Kastellanin anmerkt:
„Leider stehen uns wegen einer Neuregelung bei der Entlohnung der freien Mitarbeiter, die durch das Schloss führen, bedeutend weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Um den Besuchern das Neue und Überraschende zeigen zu können, gibt es in dieser Saison nur eine einzige Besichtigungstrasse, die durch das restaurierte Schlossinterieur führt.“
Anna Lysá ist seit fünf Jahren Kastellanin von Uherčice. Es fühlt sich ihren Worten nach aber an, als habe sie erst gestern mit der Arbeit auf dem Schloss angefangen.
„Da die fünf Jahre so hektisch waren – ständig wurde etwas repariert und restauriert, immer war etwas los –, ist die Zeit unglaublich schnell vergangen. Es ist eigentlich gut, dass man die Neigung hat, das Katastrophale zu vergessen. Wenn ich den heutigen Zustand des Schlosses damit vergleiche, wie es vor der Instandsetzung aussah, kann ich kaum glauben, dass es Wirklichkeit ist.“
Anna Lysá hofft, dass die Restaurierungsarbeiten auch weiterhin schnell fortgesetzt werden. Die Prioritäten ändern sich jedoch ihren Worten nach immer mal wieder. Manchmal seien dringende Reparaturen notwendig, mit denen zuvor nicht gerechnet wurde. Wie stellt sich Lysá das Schloss nach weiteren fünf Jahren vor?
„Das ist eine schwierige Frage. Ich wäre sehr froh, wenn es gelingen würde, weitere Räumlichkeiten in Stand zu setzen. Dies hängt aber davon ab, wie viele finanzielle Mittel uns für das ganze Renovierungsprojekt zur Verfügung stehen werden.“
Auch die Kastellanin selbst besucht manchmal andere Schlösser und Burgen in Tschechien, die ihre Kollegen verwalten. In den nächsten Monaten habe sie vor, die Residenzen in Nordostböhmen zu besichtigen, die sie noch nicht so gut kenne, sagt sie:
„Ich denke, dass es egal ist, welches Schloss und welche Burg die Menschen besuchen. Überall finden sie etwas, was ihnen gefallen wird. Ich sage immer, jeder von uns Schlossverwaltern singt seinen eigenen ,Kastellan-Blues‘ darüber, wie fantastisch sein Haus ist. Ich würde es damit vergleichen, wie Eltern auf ihre Kinder stolz sind und sie immer loben. Auch wir Kastellanen rühmen unsere Schlösser, wie wunderbar und einzigartig sie doch sind.“