"Schola Gregoriana Pragensis" - 15 Jahre Konzerttätigkeit
Die politische Wende vor 15 Jahren hat hierzulande vieles geändert. Für ein Ensemble, das sich dem liturgischen Gesang, nämlich dem gregorianischen Choral, widmet, musste sie von grundlegender Bedeutung sein. Das Ensemble "Schola Gregoriana Pragensis" wurde 1987 gegründet und konnte zunächst nur in Kirchen bei Gottesdiensten singen. Ende des Jahres 1989 öffnete sich für die Sänger die Möglichkeit, auch in Konzerten aufzutreten. Über dieses fünfzehnjährige Jubiläum und über die "Schola Gregoriana Pragensis" spricht Markéta Kachlíková im Kultursalon mit ihrem Begründer und Leiter, David Eben.
Die "Schola Gregoriana Pragensis" feiert in diesem Herbst "15 Jahre ihrer Konzerttätigkeit", und zwar mit einem Konzertzyklus in mehreren Städten Tschechiens. Die Wurzeln der "Schola" liegen aber noch tiefer in der Geschichte. Können Sie sich an die Anfänge erinnern?
"Tatsächlich, der Zeitpunkt, in dem die Schule gegründet wurde, liegt im Jahre 1987. Damals waren wir nur drei Personen. Der Gedanke kam während eines Kurses der alten Musik in Kromeriz, und zwar in einem Duschraum, in dem eine wunderbare Akustik war. Und damals haben wir mit einigen Kollegen, mit denen wir uns dort zusammengefunden haben, so eine Idee entfaltet, und danach haben wir auch angefangen, tatsächlich zu singen. Zuerst war es natürlich nur im Gottesdienst, damals gab es keine andere Perspektive für eine professionelle Karriere. Der Umschwung kam wirklich erst im Jahre 1989. Eigentlich gleich nach der Wende sind wir zusammen mit einem Chor im Nationalmuseum aufgetreten. Es stimmt also wirklich, dass der Anfang der Konzerttätigkeit im Jahre 1989 liegt."
Die "Schola Gregoriana Pragensis" bekennt sich schon in ihrem Namen zum gregorianischen Choral, das heißt zum liturgischen einstimmigen, unbegleiteten Gesang. Widmen Sie sich ausschließlich diesem mittelalterlichen Gesang, oder hat das Ensemble damit begonnen und später seinen Wirkungsbereich erweitert?
"Ja, am Anfang haben wir uns eigentlich ausschließlich dem Choral gewidmet. Aber natürlich auch damals, im Mittelalter, gab es die Mehrstimmigkeit wahrscheinlich schon seit dem 9. Jahrhundert. Es gab eigentlich immer eine Koexistenz zwischen der einstimmigen und der mehrstimmigen Musik. Und so war es auch logisch, dass wir unseren Wirkungsbereich auf die frühe Mehrstimmigkeit erweitert haben. Wir befassen uns hauptsächlich mit dem Repertoire, das hier in Mitteleuropa entstanden ist. Und sonst machen wir ab und zu auch kleine Ausflüge in die Musik des 20. Jahrhunderts, besonders zum Werk meines Vaters, Petr Eben. Denn auch seine Musik ist sehr vom Choral inspiriert und so lassen sich diese beiden Musikwelten ganz gut verbinden."
Sie haben gesagt, dass am Anfang nur drei Sänger in der Schola gewirkt haben. Inzwischen hat sie schon mehr Mitglieder. Wie hat sich die Zusammensetzung des Ensembles im Laufe der Jahre entwickelt?
"Die Zusammensetzung hat sich allmählich entwickelt. Der Weg jedes Einzelnen war wirklich ganz verschieden. Einen Sänger hat mir ein Kollege in Soldatenuniform vorgestellt, er sang damals noch im Armeechor. Andere habe ich irgendwo in der Kirche kennen gelernt, aber die meisten natürlich am Konservatorium oder in anderen Sängerkreisen. Natürlich ist das sehr gut, wenn die Sänger eine Schulung haben, denn natürlich auch im Choral gibt es virtuose Partien. Und eigentlich in einer so kleinen Gruppe von acht oder neun Sängern ist jeder ein Solist. Natürlich bemühen wir uns auch um einen homogenen Klang, aber jeder sollte auch fähig sein, einen Solovers zu intonieren."
Sie haben am Anfang Gottesdienste mit dem Gesang begleitet. Haben Sie seitdem völlig zur Konzerttätigkeit gewechselt, oder singen Sie immer noch auch bei Gottesdiensten?
"Ab und zu ja, es ist natürlich weniger regelmäßig als früher. Aber ich glaube, dass der Kontakt mit der Liturgie für diesen Musikbereich ganz wesentlich ist. Also, ab und zu singen wir in Prag, manchmal gelingt es auch, ein Konzert mit einer Messe zu verbinden."
Als Sie vor 15 Jahren Ihre ersten Konzerte veranstaltet haben, gab es in der musikalischen Praxis bzw. in der Forschung hierzulande etwas, woran Sie hätten anknüpfen können oder haben Sie auf grüner Wiese gebaut?
"Glücklicherweise nicht ganz auf grüner Wiese. Ich glaube, dass wir einen Großen Dank einigen Schulen verpflichtet sind, die hier auch während der Zeit des Kommunismus diese Praxis aufrechterhalten haben. Das ist zum Beispiel die Schule 'Amici musicae antiquae' und andere Leute, die zwar keine professionellen Sänger waren, aber doch regelmäßig in Kirchen gesungen haben. Es gab immer einen Kreis von Leuten, die diese Musik gekannt und geliebt haben. Aber die Wende hat natürlich neue Möglichkeiten geöffnet, auch für Medien usw., was damals selbstverständlich nicht möglich war."
Zum Schluss kommen wir noch zu dem Konzertzyklus zurück, mit dem die "Schola Gregoriana Pragensis" den 15. Jahrestag ihrer Konzerttätigkeit feiert. Haben Sie für diese Gelegenheit ein Sonderprogramm vorbereitet oder was bringen Sie in diesen Konzerten?
"Das Programm ist so zusammengestellt, das es sozusagen ein Ausgang der bisherigen 15 Jahre ist, aber gleichzeitig auch in die Zukunft gerichtet ist. Wir haben auch einige neue Projekte in diesen Zyklus eingefügt. Eines war zum Beispiel die Messe de Nostre Dame von Guillaum de Machaut, das war natürlich ein harter Bissen, auf den wir uns lange vorbereitet haben. Aber es ist natürlich eine wichtige Komposition, vielleicht die wichtigste oder die bekannteste, eine der großartigsten Kompositionen des Mittelalters. Außerdem haben wir verschiedene Epochen ins Auge gefasst. Das nächste Konzert ist eher zur Praxis des 18. Jahrhunderts gewandt, wo der einstimmige Choral mit verschiedenen Versen der Orgel alterniert. Und schließlich, für den 23. November haben wir ein anderes Programm vorbereitet, das eher von der Quellenlage des 15. Jahrhunderts in Böhmen ausgeht. Es sind meistens poetische Kompositionen, poetische Texte, die zum Ausgang des Mittelalters komponiert und gedichtet wurden. Es ist ein Repertoire, das von einer merkwürdigen Nostalgie oder Melancholie durchdrungen ist, wahrscheinlich typisch für die Wende der Epochen, weil das Mittelalter langsam zu Ende geht und die Neuzeit sich schon ankündigt."