Schüleraustausch mal ganz anders

Schüler aus Bad Schlema und Prag planen gemeinsam ihre Projektpräsentation (Foto: Kim Cupal)
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Zum zweiten Mal bereits sind Schüler aus dem sächsischen Bad Schlema in Prag gewesen. In der tschechischen Hauptstadt haben sie zusammen mit Gleichaltrigen ein Ökologie-Projekt verwirklicht. Und sie haben eine Woche lang bei Gastfamilien gelebt. Hintergrund ist die Schulpartnerschaft zwischen der Oberschule Westerzgebirge und dem humanistischen Gymnasium im vierten Prager Stadtbezirk (Pražské humanitní gymnázium).

Schüler aus Bad Schlema und Prag planen gemeinsam ihre Projektpräsentation  (Foto: Kim Cupal)
Julia ist zwölf Jahre alt und geht auf das Gymnasium in Prag. Vergangene Woche hatte sie zum ersten Mal eine Gastschwester. Diese Erfahrung war für sie und ihre Familie ganz neu:

„Bei mir wohnt gerade ein deutsches Mädchen. Am Anfang hatten wir ein bisschen Angst. Wir haben uns gefragt, wie das wohl wird, was sie wohl für ein Mensch ist. Jetzt haben wir sie aber kennengelernt und sehen, dass sie sehr freundlich ist. Und alles läuft bestens.“

Eine Woche lang haben 13 Schüler der deutschen Oberschule Westerzgebirge das humanistische Gymnasium in Prag besucht. Während dieser Zeit leben sie bei den Familien ihrer tschechischen Mitschüler: Sie bekommen Rinderlendenbraten mit Knödeln zum Mittagessen. Sie benützen täglich die Metro. Und sie müssen jeden Tag die Schulbank drücken. Nebenbei erarbeiten sie außerdem in tschechisch-deutschen Arbeitsgruppen ein Ökologieprojekt.

Gemeinsam in der Schulbank

Bára Procházková  (Foto: Zuzana Bauerová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Alexander Möckel ist Lehrer der Oberschule in Bad Schlema. Er war einer der Begleiter dieses Austauschs und ist von dem Projekt begeistert.

„Als Vorbereitung für die Jugendlichen für die spätere Arbeitswelt ist das ganz wichtig. Da die Menschen jetzt globaler arbeiten, globaler denken und handeln ist es notwendig, mit verschiedenen Nationen den Kontakt aufzubauen. Und zwar deshalb, weil man schon mal ein Vorgefühl dafür bekommt, wie man denn mit Menschen anderer Nationalität arbeiten kann“, so der Pädagoge.

Mittlerweile ist es das zweite Mal, dass Schüler der deutschen Oberschule nach Prag kommen. Eine der Haupt-Initiatorinnen der Schulpartnerschaft ist die Journalistin Bára Prochazková. Sie ist seit dem Beginn im Jahre 2017 dabei und hat die Schüler auch nun wieder bei ihrem gemeinsamen Erlebnis in Tschechien begleitet. Prochazková betont vor allem, dass es sich dabei um mehr als nur einen Schüleraustausch handelt.

An der Kläranlage in Prag-Čertousy  (Foto: Bára Procházková)
„Wichtig ist zu wissen, dass sie an einem konkreten Projekt arbeiten, also an thematischen, ökologischen Sachen. Das bedeutet, dass sie sich nicht nur treffen, um sich anzugucken und nicht nur, um mit Sprachen zu arbeiten. Sondern eben auch an einem Projekt zusammenarbeiten. Und, dass sie in gemischten Gruppen diese Präsentation vorbereiten.“

Die Schüler waren gemeinsam mit zwei deutschen und einem tschechischen Lehrer auf Exkursionen. Sie haben unter anderem die Prager Abwasserreinigungsanlage und einen Recyclinghof besucht. Die unterschiedlichen Ökologiethemen wurden dann zwischen den Jugendlichen aufgeteilt, wie Julia schilderte:

„Ursprünglich wollte ich etwas anderes machen, aber da wir die Projekte per Los zugeteilt haben, behandle ich jetzt das Thema ‚Wie reinigt man Abwässer‘. Und nun macht mir die Arbeit viel Spaß!“

Dreisprachig kompostieren

Kompost  (Foto: SuSanA Secretariat,  Wikimedia Commons,  CC BY 2.0)
Auch die anderen waren an ihren Aufgaben interessiert: Die 14-Jährige Marie hat sich mit dem Thema „Wasser sparen“ auseinandergesetzt. Raja, eine 16 Jahre alte Schülerin, war mit der Vorbereitung ihrer Präsentation „Recycling-Prozess“ beschäftigt. Emily und Vincent haben an dem Projekt „Kompostierung“ gearbeitet. Vincent glaubt, dabei einiges gelernt zu haben:

„Zum Beispiel, dass das Kompostieren drei Monate dauert. Und wenn das anfängt zu stinken, dann hat man etwas falsch gemacht.“

Am letzten Tag des Austauschs haben die Teenager dann ihre Projekte präsentiert. Und das in drei verschiedenen Sprachen: Deutsch, Tschechisch und Englisch.

Warum für den diesjährigen Austausch gerade das Thema Ökologie gewählt wurde, erklärt der Biologielehrer Pavel Vávra:

Recycling  (Foto: Martin Abegglen,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 2.0)
„Ökologie ist wichtig, und zwar für jeden Menschen. Ich denke, die Schüler sollten wissen und verstehen, welchen Weg die Stoffe und Materialen aus unserem Alltag nehmen und welche Recycling-Optionen es gibt. Eine Woche lang haben wir den Kreislauf von Wasser, Plastik, Papier und biologischen Abfällen verfolgt. Und ich glaube und hoffe, dass die Schüler dieses Wissen jetzt auch in ihr eigenes Leben mitnehmen können und entsprechend handeln werden.“

Diese Kooperation der beiden Schulen wird vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds finanziert. Viele der Schüler haben bis dahin noch nie an einem vergleichbaren Austausch mitgemacht. Im Ausland zu leben, und das noch dazu bei einer fremden Familie, war etwas ganz Neues für sie. Doch auch dieser Aspekt macht die Schulpartnerschaft zu etwas Besonderem. Die Kommunikation läuft bei allen anders ab: Manche Gastfamilien sprechen Deutsch, andere wiederum nur Englisch. Schlimmstenfalls verständigt man sich mit Händen und Füßen. Aimee macht das Leben in Prag auf jeden Fall Spaß:

Gemeinsame Besprechung aller Schüler und Lehrer  (Foto: Bára Procházková)
„Mir gefällt es sehr gut. Ich habe zu Hause keine Geschwister, und jetzt hab ich gleich drei! Es ist alles viel familiärer. Würde bei uns daheim jemand in das Haus kommen, wäre es, glaube ich, nicht ganz so“, erzählt die 13-Jährige.

Marie meint dazu:

„Am Anfang war es ein sehr komisches Gefühl. Aber jetzt ist es wie ein neuer Alltag geworden, in dem man sich eingefunden hat. Mir gefällt es eigentlich sehr gut.“

Ben war von seiner Gastfamilie besonders angetan.

„Es ist ganz cool. Sie sind sehr nett und behandeln mich – auf Deutsch gesagt – wie Gott“, erzählte er lachend.

Neue Gast-Geschwister

Auch bei den tschechischen Schülern hatte es zuvor einige Aufregung gegeben. So zum Beispiel bei Julia. Sie und ihre Familie waren vor der Austauschwoche sehr nervös gewesen. Das hat sich aber als unbegründet herausgestellt. Dem kann Raja nur zustimmen:

„Es ist gut, mal so jemanden bei sich wohnen zu haben, mit ihm zu reden und Neues über Deutschland zu erfahren. Und so vielleicht auch neue Freunde zu finden.“

Rostislav Konopa  (Foto: Archiv von Rostislav Konopa)
Gerade diese Erfahrungen der Teenager hält Procházková für wichtig.

„Sie sehen, dass gleichaltrige Jugendliche genau die Musik hören, die sie selbst auch hören. Dass sie genau gleich angezogen sind und ähnliche Interessen haben. Ich glaube, so etwas öffnet dann einfach irgendwann die Augen: Ja, das sind keine Gespenster! Das ist kein fremdes Land. Es ist ein nahes Land, ein mir nahes Land. Und ich glaube, das öffnet die Herzen“, erklärte die Initiatorin.

Alle Schüler, Lehrer und Organisatoren wollen das Projekt auch in Zukunft weiterführen. Daher werden sich im kommenden Jahr wieder tschechische Schüler auf den Weg nach Bad Schlema machen. Die Erwartungen an die Schulpartnerschaft sind hoch. Doch die Chancen stehen gut, dass sie auch erfüllt werden. Der Prager Schuldirektor Rostislav Konopa meint dazu:

„Von diesem Austausch verspreche ich mir Freundschaft und eine gute Zusammenarbeit. Und ich denke, aus einem kleinen Samen wird einmal ein Baum wachsen.“

Autor: Kim Cupal
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