Signal-Festival in Prag erinnert an den Krieg in der Ukraine

Signal-Festival Projektionsort - Ludmilla-Kirche auf dem Platz des Friedens

Das Signal-Festival lockt jedes Jahr mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straßen und Plätze von Prag. Ab Donnerstag gibt es nun wieder vier Abende lang Lichtinstallationen und Videomappings zu erleben, und auch dieses Mal haben sich die Organisatoren etwas Neues ausgedacht.

Martin Pošta | Foto: Archiv von Martin Pošta

Als das Festival des Lichts und der digitalen Kultur 2013 das erste Mal in Tschechien stattfand, wurden ganze 32 Orte im Prager Zentrum mit Kunstwerken versehen und erleuchtet. Inzwischen ist das Programm übersichtlicher, aber auch professioneller. Festivalgründer und -direktor Martin Pošta fasste in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks zusammen:

„Für den aktuellen Jahrgang des Signal-Festivals haben wir 14 ganz neue Installationen vorbereitet und eine ältere wiederbelebt, denn sie war die beliebteste Attraktion beim ersten Festivaljahrgang. Gemeint ist die Arbeit kanadischer Künstler namens ‚Cloud‘.“

Cloud“ ist das englische Wort für Wolke, und eine solche wird bei dem betreffenden Werk aus 6000 Glühbirnen gebildet. Die Leuchtkraft der Installation bestimmt das Publikum selbst, indem es über herunterhängende Schnüre einzelne Lampen an- und ausschalten kann.

Interaktive Installationen erfreuen sich beim Signal-Festival traditionell besonderer Beliebtheit. Einen weiteren Höhepunkt stellen zudem immer die Videomappings dar. Lange diente als zentraler Projektionsort die Ludmilla-Kirche auf dem Platz des Friedens (Náměstí Míru), in den vergangenen Jahren war es aber die Cyrill-und-Method-Kirche in Karlín. In diesem Jahr kehren die Organisatoren sozusagen wieder an die Wurzeln zurück, und die Ludmilla-Kirche dient als Leinwand für „AV Extended“, das Werk eines französischen Künstlerkollektivs. Die Musik dazu hat der tschechische Produzent Ais Kid beigesteuert. Festivaldirektor Pošta schlägt eine Brücke zur EU-Ratspräsidentschaft, die Tschechien am 1. Juli von Frankreich übernommen hat:

„Dieses Videomapping ist durch die Zusammenarbeit eines französischen Studios mit einem tschechischen Musiker entstanden. Damit kommt es auch in der Kunstwelt zu einer symbolischen Staffelübergabe von Frankreich an Tschechien, so wie sie in der europäischen Politik stattgefunden hat.“

Während auf dem Platz des Friedens an die Tradition des Festivals angeknüpft wird, haben die Organisatoren in diesem Jahr eine neue Zusammenarbeit etwa mit der Kunsthalle Praha aufgenommen. In dieser neuen Galerie auf der Kleinseite ist das Projekt „Photosystem II“ zu sehen: In mehreren großformatigen Projektionen beschäftigt sich der Tscheche Ondřej Zunka mit dem Thema Photosynthese. Eine weitere neue Kooperation hat Pošta mit dem Zentrum für Architektur und Stadtplanung (CAMP) angestoßen. Dort präsentiere der in Amerika lebende türkische Künstler Refik Anadol seine „Prague Dreams“ (Prager Träume):

„Das Institut für Planung und Entwicklung hat Anadol eine große Menge an Daten über Prag zur Verfügung gestellt. Auf dieser Grundlage hat er ein Kunstwerk geschaffen, das also im CAMP zu sehen ist.“

Das Programm des diesjährigen Signal-Festivals nimmt zudem Bezug auf den Krieg in der Ukraine. Mit von innen beleuchteten Autowracks verweist der tschechische Designer Maxim Velčovský auf die vielen zivilen Opfer, die die Angriffe Russlands fordern. Die ausgebrannten und mit Schusslöchern versehenen Wagen stammen direkt aus dem Kriegsgebiet. Benannt ist die Arbeit mit „Die physische Möglichkeit des Todes in den Gedanken eines Lebenden“, und präsentiert wird sie auf dem Marienplatz (Mariásnké náměstí) vor dem neuen Rathaus. Zu Beginn des Projektes habe er gehofft, beim Signal-Festival nur noch einen Rückblick auf vergangene Kampfhandlungen zu bieten, sagt Velčovský:

„Als der Krieg ausbrach, fanden wir es wichtig, auch nach seinem Ende an ihn zu erinnern. Aber leider ist er immer noch im Gange, und umso aktueller ist die hiesige Installation.“

Das Signal-Festival läuft bis Sonntag, 16. Oktober. Beleuchtet werden die Werke täglich von 19 bis 24 Uhr. Sechs Installationen sind kostenpflichtig, die Kombikarte kann für 290 Kronen (knapp 12 Euro) erworben werden.

Autoren: Daniela Honigmann , Sabina Vosecká
schlüsselwort:
abspielen