Signal-Festival: Sinnesrausch in drei Dimensionen

Installation ‚Future Ruins‘ (Foto: ČTK / Vít Šimánek)

Videomapping, Installationen und leuchtende Musik – am Donnerstag startet in Prag wieder das Signal-Festival.

Projektion ‚Erebus‘  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)

Matěj Vlašánek  (Foto: Archiv des Signal-Festivals)
Das Signal-Festival ist einer der größten Publikumsmagneten in Prag. Im vergangenen Jahr haben rund eine halbe Million Menschen das Lichterspektakel im Zentrum der tschechischen Hauptstadt verfolgt. Das soll auch in Zukunft so bleiben, meint Matěj Vlašánek. Er ist Programmkoordinator des Signal-Festivals:

„Die hohen Besucherzahlen sind interessant, weil wir uns ja irgendwo zwischen der bildenden und visuellen Kunst bewegen. Das heißt, dass wir in den paar Tagen bedeutend mehr Besucher anlocken als jede andere Galerie hier in Prag. Das ist natürlich eine Herausforderung. Aber so haben wir die Möglichkeit, gerade den Menschen, die sonst nicht den Weg in eine Ausstellung finden, großartige Künstler vorzustellen.“

Was sind aber die Highlights des aktuellen Jahrgangs? Vlašánek verspricht Altbewährtes, aber auch Innovationen:

„Die wichtigste Neuigkeit ist, dass wir erstmals im Stadtteil Karlín präsent sein werden. Insgesamt haben wir da fünf Installationen vorbereitet. Absoluter Höhepunkt ist dabei die Installation ‚Future Ruins‘ des französischen Künstlers Romain Tardy auf dem Karlínské náměstí vor der Kyrill-und-Method-Kirche. Es geht dabei um eine Kombination aus klassischem Videomapping, Videoinstallationen und Lichtskulpturen im Park vor der Kirche. Diese spiegeln wiederum bestimmte architektonische Merkmale des Bauwerks wider. Natürlich haben wir auch wieder das Videomapping an der Fassade der Ludmilla-Kirche auf dem Náměstí míru. Dieses wurde in diesem Jahr das Dresdner Studio ruestungsschmie.de vorbereitet. Bemerkenswert ist, dass da hauptsächlich Architekten arbeiten, einer von ihnen hat sogar in Prag studiert. Sie haben einen etwas anderen Blick auf das Gebäude als die übrigen Künstler auf dem Festival und spielen viel mehr mit den baulichen Elementen der Kirche.“

Arbeit des Schweizer Künstlers Zimoun  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Einer der Top-Acts in diesem Jahr kommt aber auch aus der Schweiz:

„Ein weiteres Highlight ist in Karlín zu sehen, es handelt sich um die Arbeit des Schweizer Künstlers Zimoun. Der Berner ist derzeit einer der größten Hits in Europas Galerien, und wir sind froh, ihn für das Signal-Festival gewonnen zu haben. Seine Installation wird in der Hauch Gallery stehen.“

Dreidimensionales Licht

Die interessanteste Neuerung im Vergleich zu den Vorjahren ist das sogenannte 3D-Videomapping. Zu sehen ist es unter anderem in der alten Kaserne im Stadtteil Karlín, dort wird es von der baskischen Gruppe Hotaru Visual Guerrilla inszeniert. Matěj Vlašánek erklärt, wie das genau funktioniert:

Installation ‚Future Ruins‘  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
„Das 3D-Videomapping, das konkret bei uns auf dem Festival zu sehen sein wird, bezeichnet man auch als anaglyphes Mapping. Die Besucher haben dabei eine Brille, wie man sie auch aus dem 3D-Kino kennt. Damit entsteht eine dreidimensionale Illusion, die den Betrachter verschlingt. Wenn wir die technische Seite betrachten: Das Mapping wird durch Aufnahmen mit verschiedenen Kamera-Tiefen zusammengestellt, wodurch eben der 3D-Effekt entsteht.“

Wie in jedem Jahr hat das Signal-Festival einen kostenfreien Teil im öffentlichen Raum und einen kostenpflichtigen Teil auf gesonderten Ausstellungsflächen. Für alle diese Installationen kostet der Eintritt dann 170 Kronen (6,60 Euro). Für die 3D-Spektakel ist wiederum eine spezielle Brille nötig, die gibt es vor Ort für 50 Kronen (zwei Euro).

Futuristisches Gedenken

Installation ‚Wave‘  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
2018 ist ein Supergedenkjahr in Tschechien. Natürlich geht das auch nicht spurlos am Signal-Festival vorbei. Man wolle aber nicht bloß an die Vergangenheit erinnern, sondern einen ganz besonderen Akzent setzen, so Programmkoordinator Vlašánek:

„Das Signal-Festival hatte eigentlich nie ein einheitliches Thema. In diesem Jahr ist das ein bisschen anders, und tatsächlich haben wir uns vom 100. Gründungstag der Tschechoslowakei inspirieren lassen. Da aber alle Installationen mit modernster Technik arbeiten und futuristische Ansätze wie künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen reflektieren, wollten wir in eine andere Richtung gehen als sonstige Veranstaltungen mit diesem Schwerpunkt. Wir haben uns das Motto ‚Next 100‘ gegeben und die Künstler gebeten, uns ihre Visionen der kommenden einhundert Jahre zu zeigen.“

Barbora Šlapetová  (Foto: ČT24)
Man wollte deshalb vor allem tschechische und slowakische Lichtkünstler in den Vordergrund stellen, insgesamt 16 Installationen stammen gerade von ihnen. Matěj Vlašánek macht aber besonders auf einen Höhepunkt aufmerksam:

„Im Stadtzentrum gibt es ein ganz spezielles Triptychon dreier Generationen von Künstlern aus Tschechien, konkret auf dem Altstädter Ring, auf dem Platz Ovocný trh und im Palais Clam-Gallas. Die Zuschauer können dabei die Verfahren vergleichen, die für die jeweilige Generation typisch sind. Der älteste Akteur ist Ivan Kafka, einer der wichtigsten tschechischen Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er ist vor allem durch seine größenwahnsinnigen Installationen im öffentlichen Raum bekannt geworden. Für das Signal-Festival hat Kafka den Ovocný trh mit über dreihundert Verkehrszeichen bespickt. Auf dem Altstädter Ring haben Barbora Šlapetová und Lukáš Rittstein eine zehn Meter hohe Skulptur aufgestellt, die eine Projektion auf das Haus zur steinernen Glocke wirft. Lukáš Rittstein ist einer der wichtigsten Künstler aus der Generation der heute 30- bis 40-Jährigen und hat Tschechien bereits bei mehreren Expos und der Biennale in Venedig repräsentiert. Der Jüngste in dem Triptychon ist Richard Loskot, der die Besucher im Palais Clam-Gallas auf einer Wolke schweben lässt. Loskot war in den vergangenen Jahren mehrmals für den Jindřich-Chalupecký-Preis nominiert, wurde aber bereits mit anderen Auszeichnungen überschüttet.“

Installation des Pariser Studios Chevalvert  (Foto: Archiv des Signal-Festivals)
Trotzdem hat man aber neben der Ruestungsschmie.de aus Dresden, dem Berner Künstler Zimoun und der baskischen Truppe Hotaru Visual Guerrilla noch weitere großartige Gäste aus dem Ausland eingeladen:

„Im Stadtzentrum sind die Installationen des US-Studios SOFTlab zu sehen oder die des Polen Marpi, der aber derzeit in Kalifornien lebt. Außerdem stellt der Franzose Guillaume Marmin im Palais Colloredo-Mansfeld aus. Im Stadtteil Vinohrady, genauer gesagt im Park Mahlerovy Sady am Prager Funkturm, wird dann das Pariser Studio Chevalvert am Werk sein.“

Pulsierende Orgelmusik

Das Signal-Festival findet an verschiedenen Orten in Prag von Donnerstag bis Sonntag statt. Das Programm finden Sie unter www.signalfestival.com/en/program/karlin-en

Doch das Signal-Festival sind nicht nur großflächiges Videomapping oder leuchtende Installationen. Es gibt zusätzlich ein eindrucksvolles Rahmenprogramm. Und dieses sei vor allem etwas für die Ohren, so Matěj Vlašánek:

„Wir haben ein Projekt vorbereitet, das sich an der Grenze zwischen Konzert, audiovisueller Installation, Performance und Videomapping bewegt. Das Ganze spielt sich mit Unterstützung des Festivals ‚Struny podzimu‘ in der Salvator-Kirche ab. All das läuft unter dem Titel ‚Organic‘ und verbindet Orgelmusik von der Interpretin Katta mit kinetischer Kunst aus dem ‚Studio40‘.“

Gemeint ist dabei aber nicht die Salvator-Kirche gegenüber der Karlsbrücke, sondern die an der Grenze zwischen Josefsstadt und Altstadt.