Skischaukel im Riesengebirge

Kabinenbahn auf die 1603 Meter hohe Schneekoppe (Foto: Ondřej Tomšů)
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Pec pod Sněžkou und Jánské Lázně bilden seit einigen Jahren ein gemeinsames Skigebiet – ein Besuch.

Foto: Ondřej Tomšů
Es geht los in Jánské Lázně, das bis nach dem Krieg deutsch besiedelt war und Johannisbad hieß. Heute führt eine moderne Kabinenbahn von knapp 700 Meter auf 1260 Meter Meereshöhe. Hinaufbegleitet hat uns (ein mehrsprachiges Team von Radio Prag) die Sprecherin des Skigebiets, Zina Plchová:

„Wir befinden uns hier auf dem Schwarzberg im östlichen Riesengebirge. Das ist der Hauptteil der Skischaukel Jánské Lázně – Pec pod Sněžkou, dem größten Skigebiet in Tschechien mit insgesamt 44 Pistenkilometern. Insgesamt haben wir fünf Teilgebiete. Alle sind durch einen Schneeraupenservice sowie zwölf Skibus-Linien erreichbar. Man kann beispielsweise hier in Jánské Lázně den Skitag starten und mit der Schneeraupe nach Pec pod Sněžkou hinüberwechseln. An einem Tag stehen einem dann mehr als 30 Pistenkilometer zur Verfügung.“

Zina Plchová  (Foto: Ondřej Tomšů)
Seit zwanzig Jahren gehört das Skigebiet in Jánské Lázně der Betreibergesellschaft Mega Plus. Und seit vier Jahren besteht die Skischaukel, an die neben Jánské Lázně und Pec auch noch das Familiengebiet Černý Důl sowie Velká Úpa und Svoboda nad Úpou angeschlossen sind. Seitdem habe man mehr als 400 Millionen Kronen (fast 16 Millionen Euro) in den Ausbau investiert, sagt Zina Plchová.

„Zum Ausbau gehört der schnellste beheizte Sechsersessellift in Tschechien, genannt ‚Hofmanky‘. Die Skischaukel kann man mittlerweile mit den mittelgroßen Skigebieten in den Alpen vergleichen. Deren Meereshöhe erreichen wir natürlich nicht, aber mehr als 75 Prozent unserer Pisten lassen sich beschneien. Und innerhalb Tschechiens sind wir am höchsten gelegen. Deswegen startet hier die Saison meist als Erstes und wird als Letztes beendet.“

Mit dem Schlitten zu Tale

Foto: Ondřej Tomšů
Jährlich kommen eine Million Besucher in die Gegend. Allein 750.000 sind es im Winter – und das zu allen möglichen Aktivitäten, nicht nur dem Brettlsport:

„Das Skifahren lässt sich zum Beispiel mit unserer Schlittenbahn kombinieren. Es ist die älteste Strecke im Riesengebirge, auf ihr wurden früher Holz und Heu ins Tal transportiert. In Jánské Lázně und auf dem Schwarzberg wurde ohnehin sehr viel früher mit dem Schlittenfahren als mit dem Skifahren begonnen. 1913 entstand hier sogar ein eigner Lift dafür, er war einen Kilometer lang. Das Kupferkabel wurde aber dann im Krieg für die Produktion von Rüstungsgütern zweckentfremdet. Wir bieten auch geführte nächtliche Schlittenfahrten an. Die sind ziemlich beliebt. Zudem ist Jánské Lázně ein Kurort, und man kann Thermalbäder besuchen. In Pec pod Sněžkou führt eine Seilbahn auf die Schneekoppe, Tschechiens höchsten Berg. Es bestehen aber noch viele weitere Ausflugsmöglichkeiten, beispielsweise organisieren wir Skitouren, man kann Schneeschuh-Wanderungen machen, und wir haben eine Snowtubingbahn – es gibt also vieles“, schildert die Sprecherin.

Foto: Ondřej Tomšů
All diese Möglichkeiten nutzen jedoch hauptsächlich einheimische Besucher. Ansonsten kommen am ehesten Polen hierher – aber mittlerweile nur noch in kleinerem Umfang auch Deutsche. Daher ist es durchaus ein Zufall, dass ich ein deutsch-polnisches Paar an der Après-Ski-Bar auf dem Schwarzberg treffe.

„Wir sind in Karpacz gewesen und haben einen Tagesausflug hierher gemacht. Ich fahre das erste Mal seit langer Zeit wieder Ski. Und es gefällt mir hier sehr gut. Der Schnee taugt etwas, es ist insgesamt sehr schön hier – wesentlich größer auch als in Karpacz, wo es nur kleine Lifte gibt“, sagt Martin Schell, der ursprünglich aus Lübeck kommt.

Aber jemand aus Holstein, der Ski fährt – wie kommt das?

Foto: Ondřej Tomšů
„1989 habe ich das in Mittenwald gelernt, der Skikurs und was dazugehört waren eine Art Weihnachtsgeschenk. Und seitdem hat es mich erfasst.“

Ein Holsteiner im Riesengebirge

Wir müssen jedoch weiter – und zwar mit dem Pistenraupen-Taxi in Richtung Pec pod Sněžkou / Petzer. Was toll klingt, entpuppt sich als ein Angebot mit Hindernissen. Denn jetzt gegen Mittag hat sich bereits eine Schlange gebildet – dabei fahren die Pistenraupen nur alle Viertelstunde. Manche Gäste sind daher bereits etwas ungehalten. Immerhin: In Zukunft möchte man die Wegstrecke mit Liften ausbauen.

Alan Tomášek  (Foto: Ondřej Tomšů)
Zwei Abschnitte sind es, die man mit der Pistenraupe fährt. Nach dem ersten kommt eine Fahrt mit den Ski hinab auf einem Weg, dann der Transport hinauf zur Prager Baude. Erst dann fährt man auf Ski nach Pec pod Sněžkou.

Dort wartet auf uns Alan Tomášek, er ist Bürgermeister des kleinen Städtchens mit rund 630 Einwohnern. Sowohl das Skigebiet als auch die Seilbahn auf die Schneekoppe sind für Pec pod Sněžkou wichtig. Was zählt aber von beidem mehr?

„Da muss man unterscheiden. Falls Sie den städtischen Haushalt meinen, dann ganz eindeutig die Seilbahn auf die Schneekoppe. Sie fährt mehrere Hundert Millionen Kronen im Jahr ein, weil sie im Besitz der Stadt ist. Das ist je nach Betrachtungsweise zwischen der Hälfte und drei Viertel unserer Einnahmen. In Bezug auf die Beschäftigungsmöglichkeiten ist das Skigebiet wichtiger. Da geht es nicht nur um die Angestellten dort, sondern auch um die ganzen angeschlossenen Dienstleistungen wie Transportunternehmen und vor allem die Hotels und Pensionen.“

Kabinenbahn auf die 1603 Meter hohe Schneekoppe  (Foto: Ondřej Tomšů)
Seit 2014 führt eine Kabinenbahn auf die 1603 Meter hohe Schneekoppe, zuvor gab es nur einen Sessellift. Wie hat sich das ausgewirkt? Alan Tomášek:

„Der Sessellift war 63 Jahre lang in Betrieb und galt als eine technische Besonderheit. Das Unternehmen Transporta Chrudim hatte ihn nach dem System der schweizerischen Firma ‚Von Roll‘ nachgebaut. Dann haben wir die Seilbahn dank europäischer Fördergelder umrüsten können. Die Kapazitäten ließen sich aber nicht erhöhen, wegen des Naturschutzes im Nationalpark Riesengebirge. Da aber die Kabinenbahn auch bei schlechteren Bedingungen in Betrieb sein kann, also bei Wind oder Regen, sind die Gesamtbesucherzahlen gestiegen.“

Kabinenbahn auf die Schneekoppe

Foto: Ondřej Tomšů
Im Jahr werden nun rund 300.000 Tickets verkauft, wobei die größte Besucherbelastung für Tschechiens höchsten Berg eher durch die Massen von Wanderern kommt. Im Sommer steht man aber angeblich bis zu vier Stunden in der Schlange für die Seilbahn. Ist das wahr, fragen wir.

„Leider stimmt das, denn wir können maximal 250 Personen pro Stunde befördern. In den Stoßzeiten zwischen 10 und 13 Uhr gibt es tatsächlich so lange Schlangen. Theoretisch könnten wir 3000 Menschen pro Stunde hinaufbringen, dann wäre aber der Gipfel heillos überlaufen. Bis zu zehn Prozent mehr Kapazitäten halte jedoch ich für möglich – das könnte die Warteschlange etwas verkürzen. Immerhin ist die Fahrtzeit kürzer geworden, das ist sicher ein großer Fortschritt.“

Pec pod Sněžkou  (Foto: Ondřej Tomšů)
Alan Tomášek hat aber noch dringlichere Vorhaben, das wichtigste betrifft die Parkmöglichkeiten. Ihm würden die Asphaltflächen mit den Autos im Stadtzentrum aufstoßen, gesteht der sportliche 50-Jährige:

„Deswegen ist bereits der Bau von zwei Parkhäusern bewilligt worden – eines in Velká Úpa für 370 Autos und ein weiteres auf dem Weg hier nach Pec für 400 Wagen. Mit dem Bau des ersten möchten wir noch dieses Jahr beginnen. Dann könnten die Autos von den Bürgersteigen in der Stadt verschwinden. Das zweite soll bis in zwei Jahren fertig sein.“

Und was macht der Bürgermeister am liebsten, wenn er mal nicht in seinem Büro im Rathaus ist?

Radstrecke im Riesengebirge  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Ich treibe gerne aktiv Sport, aber nicht als Wettkampf. Im Winter stehen bei mir Tourenski ganz vorne. Dann steh ich sehr früh auf und bin bis zum Sonnenaufgang auf dem Berg, danach die Abfahrt. Für heute bin ich nach der Arbeit um vier Uhr verabredet. Wir gehen auf Langlaufski nach oben, fahren dann runter – und danach ein Bier. Ansonsten fahre ich gerne Mountainbike. Derzeit sind hier aber die Elektro-Bikes im Kommen. Das habe ich als Radsportler – wie viele andere Leute auch – zunächst belächelt. Aber eigentlich ist das eine wunderbare Sache. Dann kann jeder mithalten, selbst wenn er nicht so trainiert ist. Uns bringt dieser Trend eine Menge, da wir im Riesengebirge tolle Radstrecken haben, die aber sehr anspruchsvoll sind. Auf dem Elektro-Bike kommen die Besucher auch zu Stellen, die ein Normalsterblicher nicht erreichen würden.“

Bürgermeister auf Ski

Tereza und Šárka  (Foto: Eva Turečková)
Doch jetzt im Winter wollen die meisten Besucher auf die Pisten. In einer Bar an den Liften in Pec pod Snezkou treffen wir Šárka, die mit ihrer Freundin Tereza aus Prag hergekommen ist:

„Wie uns das Skifahren hier gefällt? Also ich fahre Snowboard. Aber es ist super, außer dass es etwas zu voll ist und die Pisten bereits aufgewühlt sind.“

Müsse man denn lange am Lift warten, wollen wir wissen:

„Je nachdem. Wenn die Leute gerade essen sind, kommt man sehr schnell nach oben. Aber nach dem Mittagessen wartet man…“

Über die Länge des Wartens können sich die beiden jungen Frauen jedoch nicht einigen – sind es nur fünf Minuten oder sogar zehn? Die Schlangen seien jedenfalls lang, finden beide. Ansonsten gebe es nur eine Sache zu verbessern, meint Šárka:

„Die Tageskarte könnte ruhig vielleicht 100 Kronen billiger sein. 850 Kronen (33 Euro, Anm. d. Red.) sind schon ganz schön happig.“

Oder man sollte billigere Vormittags- oder Nachmittagstickets einführen, ergänzt Tereza.

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Autor: Till Janzer
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