Skislalom-Weltmeisterin Šárka Strachová beendet ihre Erfolgskarriere

Šárka Strachová (Foto: ČTK)

Bis auf die Eishockeyspieler, die ihre WM stets erst im Mai austragen, haben alle Wintersportler die Saison 2016/17 mittlerweile beendet. Die meisten von ihnen wird man im kommenden Jahr wiedersehen, zumal im südkoreanischen Pyeongchang die nächsten olympischen Winterspiele stattfinden. Doch es gibt auch Athleten, die sich gleich nach der Saison vom Wettkampfzirkus verabschiedet haben. Zu ihnen gehört die beste tschechische Skislalomläuferin aller Zeiten, Šárka Strachová.

Šárka Strachová  (Foto: ČTK)
Die Tschechen lieben den Skisport. Im Langlauf und im Skispringen haben sie auch schon öfter hervorragende Athleten hervorgebracht. In jüngster Vergangenheit genießt Biathlon die größte Popularität, dank der Erfolge von Gabriela Koukalová und Ondřej Moravec. Im alpinen Skisport aber fahren sie der Weltelite in der Regel weit hinterher. Gegen die mächtige Konkurrenz aus den Alpenländern, Skandinavien und Nordamerika können sie sich aufgrund schlechterer geographischer und finanzieller Bedingungen nur schwer behaupten. Bis auf wenige Ausnahmen. Und eine Tschechin hat sogar über ein Jahrzehnt lang im Konzert der Großen mitgespielt: Šárka Strachová. Sie hat ihre erfolgreiche Karriere nun beendet. Ihren letzten großen Wettkampf absolvierte die Slalom-Spezialistin Mitte März beim Weltcup-Finale in Aspen.

„Es war sicher nicht leicht, meine Tränen zu unterdrücken, und das nicht nur nach dem Zieleinlauf, sondern auch zwischen den beiden Durchgängen und am Start“, beschrieb die 32-Jährige ihr Abschiedsrennen auf der internationalen Bühne.

„Es war sicher nicht leicht, meine Tränen zu unterdrücken, und das nicht nur nach dem Zieleinlauf, sondern auch zwischen den beiden Durchgängen und am Start.“

Dabei gehörte gerade die Piste im amerikanischen Aspen lange Zeit nicht zu ihren Wunschstrecken. Das änderte sich erst, als sie hier zweimal in Folge den Weltcupslalom (2008, 2009) gewinnen konnte. Und auch ihre abschließende Platzierung stimmte Šárka Strachová ganz versöhnlich:

„Mit dem achten Platz bin ich zufrieden, denn das ist gewissermaßen ein Standardergebnis für mich. Vor dem Rennen hatte ich natürlich einen Podestplatz im Visier. Den habe ich nicht geschafft. Andererseits bin ich froh, dass ich meine Position aus dem ersten Durchgang verteidigen konnte.“

Šárka Záhrobská  (Foto: Tomáš Kohout,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Ihre größten Erfolge feierte die Tschechin noch unter ihrem Mädchennamen Šárka Záhrobská. Von 2005 bis 2009 eroberte sie bei den Weltmeisterschaften in direkter Folge einen kompletten Medaillensatz. Der absolute Höhepunkt dabei war der Gewinn des WM-Titels 2007 im schwedischen Åre. Sie selbst aber stuft den Gewinn der olympischen Bronzemedaille von 2010 noch höher ein:

„Das war für mich keine leichte Zeit. Für mich war die Bronzene von Vancouver damals Gold wert. Und das sehe ich auch noch heute so.“

Der Grund für ihre schwere Zeit war das dauerhafte Zerwürfnis mit ihrem Trainer und Vater Petr Záhrobský. Er hatte seine Tochter zum Erfolg getrimmt, schenkte ihr andererseits aber dafür kaum Anerkennung. Zudem diktierte der Vater, was sie zu tun und zu lassen hatte, Šárkas eigene Ideen waren nicht gefragt. Das führte dazu, dass sich ihre Wege trennten. Parallel dazu litt auch Šárkas Gesundheit, denn Ärzte stellten bei ihr einen gutartigen Tumor in der Hirnanhangsdrüse fest.

Klaus Mayrhofer  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Nach der erfolgreichen OP im Sommer 2012 startete die Skifahrerin aus dem Riesengebirge dann einen echten Neuanfang. Dazu engagierte sie mit dem Österreicher Klaus Mayrhofer einen neuen Trainer. Zu ihrem kleinen Team gesellte sich auch dessen Landsmann Gerald Stocker als neuer Servicemann. Schon nach den ersten Trainingseinheiten damals in Argentinien war Stocker vom Fleiß der mittlerweile verheirateten Strachová sehr angetan:

„Šárka ist extrem ehrgeizig und interessiert sich für alles. Man kann echt super mit ihr zusammenarbeiten. Man kann alles probieren, und das ist natürlich für jeden Servicemann ein Traum.“

Und zur Perspektive der tschechisch-österreichischen Zusammenarbeit äußerte sich der Servicemann damals nicht weniger optimistisch:

„Šárka ist zurückgekommen und hat gesagt, sie sei wieder fit und fühle sich wohl. Am Anfang war sie zwar etwas schwach auf den Beinen, doch das ist ganz logisch, wenn man solange im Krankenhaus war und dieses gesundheitliche Problem gehabt hat. Jetzt aber geht es für sie Schritt für Schritt bergauf. Es schaut wirklich sehr gut aus und macht sehr viel Spaß.“

Šárka Strachová bei der WM in Beaver Creek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Dieser Optimismus erwies sich als berechtigt. Beim Weltcup zum Jahresausklang 2014 im österreichischen Kühtai stand Šárka Strachová nach fünf Jahren erstmals wieder auf dem Siegerpodest. Und zwei Monate später, bei der WM in Beaver Creek / Vail, vollendete sie ihr Comeback.

Nach dem ersten Lauf des WM-Slaloms lag Strachová auf dem dritten Platz, nach der Zieldurchfahrt ihres zweiten Laufs jubelte der tschechische Radioreporter:

„Šárka Strachová liegt in Führung und hat somit eine Medaille gewonnen.“

Die zwei Slalomfahrerinnen, die nach ihr noch am Start waren, blieben im Klassement vor ihr, so dass Strachová am Ende die Bronzemedaille gewann. Diese Zieldurchfahrt aber werde sie nie vergessen, sagte sie kurze Zeit später:

„Dass ich so zurückgekommen bin, liegt wohl daran, dass ich immer an mich geglaubt habe. Ich habe gespürt, dass ich mit der Weltspitze weiter mithalten kann.“

„Ich konnte es kaum glauben: Als ich die Ziellinie passiert hatte, war ich überglücklich, dass auf der Anzeigetafel das grüne Licht aufleuchtete. Ich wusste also, ich bin in Führung und habe die Medaille sicher. Mir war es dann egal, ob ich Dritte bleibe oder noch weiter nach oben klettere. Das sind Emotionen, die lassen sich nicht beschreiben. Man muss sie erleben.“

Ein Jahr zuvor, bei den Olympischen Spielen in Sotschi, hatte sie einen weiteren emotionalen Höhepunkt erlebt: Zur Eröffnungsfeier der Spiele durfte sie die tschechische Flagge ins Stadion tragen. Dieses Ereignis sowie die beiden Top-10-Platzierungen in der Superkombination (9.) und im Slalom (10.) bestätigten ihr damals, dass sie nach ihren gesundheitlichen Problemen und dem Trainerwechsel bereits wieder auf einem guten Weg ist. Sie selbst hatte daran auch keine ernsthaften Zweifel, zumal ihr eine Person immer hilfreich zur Seite stehe, bemerkte Strachová unmittelbar nach dem Medaillengewinn:

„Dass ich so zurückgekommen bin, liegt wohl daran, dass ich immer an mich geglaubt habe. Ich habe gespürt, dass ich mit der Weltspitze weiter mithalten kann. Mein Ehemann hat mich in allen Entscheidungen unterstützt und mir immer wieder Energie gegeben, wenn ich sehr erschöpft und psychisch niedergeschlagen war.“

Šárka Strachová im schweizerischen St. Moritz  (Foto: Archiv RTVS)
Darüber hinaus bemerkte die tschechische Ausnahmekönnerin im alpinen Skisport:

„Ich habe immer noch Lust, auf höchstem Niveau Ski zu fahren. Ich bin froh, dass ich mich dazu entschieden habe weiterzumachen. Das ist ein weiterer Abschnitt auf meinem Weg. Ich freue mich darauf, was er mir noch bringen wird.“

Mit dieser innerlich befreiten Herangehensweise hielt Šárka Strachová tatsächlich zwei weitere Jahre in der absoluten Weltspitze mit. Nach der WM 2015 landete sie im Weltcup noch sechsmal auf einem Podestplatz und schaffte insgesamt zehnmal eine Top-10-Platzierung. Bei der diesjährigen Weltmeisterschaft im schweizerischen St. Moritz aber wusste sie bereits, dass es ihre letzten Titelkämpfe sein werden. Ihre Entscheidung, mit dem Leistungssport endgültig aufzuhören, habe sie jedoch erst nach der vorletzten Weltcup-Veranstaltung in Squaw Valley getroffen, so Strachová.

„Die Prioritäten in meinem Leben haben sich verschoben, die Zeit ist fortgeschritten und Skilaufen ist halt nicht alles im Leben“, so begründete die 32-Jährige ihren Schritt Ende März auf einer Pressekonferenz in Prag.

„Mir fallen so viele Dinge ein, die ich jetzt machen möchte. Ich muss wohl zuerst einen Bogen Papier nehmen, alles aufschreiben und dann meine Prioritäten setzen.“

Sie wolle nun öfter mit ihrem Mann zusammen sein, Kinder kriegen und eine Familie haben, ließ Strachová wissen. Und denjenigen unter den Journalisten, die meinten, dass dies sehr eintönig werden könnte, hielt sie entgegen:

„Mir fallen so viele Dinge ein, die ich jetzt machen möchte. Ich muss wohl zuerst einen Bogen Papier nehmen, alles aufschreiben und dann meine Prioritäten setzen. Denn noch weiß ich gar nicht, ob ich das alles unter einen Hut bringen werde.“

Mit ihrem Karriere-Ende hinterlässt Šárka Strachová zweifellos eine große Lücke im alpinen Skisport der Tschechischen Republik. Sie selbst sehe aber nicht ganz so schwarz wie viele der Experten. Für sie habe Snowboard-Weltmeisterin Ester Ledecká auch für ihr Metier ein gewisses Potenzial, allerdings wohl eher für die schnellen Disziplinen wie Abfahrt und Super-G. Im Slalom setzt die Weltmeisterin von 2007 ihre größten Hoffnungen in Martina Dubovská. Die 25-Jährige habe in der abgelaufenen Saison schon einige gute Resultate erzielt, dies sollte ihr Mut machen, so Strachová. Dennoch hegen die meisten unter den sportbegeisterten Tschechen die Befürchtung, dass sie auf eine Spitzenathletin in diesem Skidisziplinen wohl mindestens wieder 20 Jahre warten müssten.

Autor: Lothar Martin
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