Solarzellen neuer Generation: Tschechische Wissenschaftler beteiligen sich an EU-Projekt

Illustrationsfoto: American Public Power Association, Unsplash / CC0

Europa ist in der Solarindustrie ins Hintertreffen geraten. Mit einer neuen Generation hocheffizienter Solarzellen will die EU aber auf den Weltmarkt zurückkehren. An der Entwicklung sind unter anderem tschechische Wissenschaftler beteiligt. Nun hofft auch die Solarbranche hier im Land, dass sie durch diese Photovoltaik-Module einen Schub bekommt. Denn dieser Bereich hat sich seit einem kurzen Boom in den Jahren 2009/2010 nicht mehr weiterentwickelt.

Jan Krčmář | Foto: Archiv des tschechischen Solar-Verbandes

Die Solarenergie fristet in Tschechien seit Jahren ein Schattendasein. Das zeigt sich daran, dass die installierte Gesamtleistung der Photovoltaikanlagen bei rund zwei Gigawatt stagniert. Jan Krčmář ist Vorstandsvorsitzender des Tschechischen Solar-Verbandes, in dem sich Unternehmer aus dem Bereich der Photovoltaik zusammengeschlossenen haben:

„Im Vergleich zu den Nachbarländern wie Deutschland und Österreich, aber auch Polen oder anderen Ländern der Region wie etwa Ungarn, hinkt Tschechien sehr weit hinterher. Letztes Jahr wurden hierzulande Solarkraftwerke mit nur wenig mehr als 50 Megawatt Leistung gebaut. Im Vergleich dazu waren es in Ungarn 600 Megawatt, in Polen 2200 Megawatt und in Deutschland etwa 1000 Megawatt. Selbst Österreich, das lange Zeit nicht als solarfreundlich galt, hat vor mehreren Jahren bereits die Grenze von 100 Megawatt im Jahr erreicht. Davon sind wir in Tschechien noch weit entfernt.“

Beteiligung an EU-Projekt

Solarzelle  (Foto: United States Department of Energy,  Wikimedia Commons,  CC0)

Umso erstaunlicher ist, dass Forscher aus Prag beteiligt waren an einem Projekt, das die Branche voranbringen soll. Dabei geht es um den Wirkungsgrad von Photovoltaik-Modulen (kurz: PV-Module). Wenn diese Energie besser umwandeln können, sinken letztlich auch die Kosten. Knackpunkt war aber bisher die Massenfertigung. Das EU-finanzierte Projekt „NextBase“ hat nun die Voraussetzungen geschaffen, um dies zu ändern. An dem Vorhaben haben Fachleute von 14 Firmen und Forschungsinstitutionen aus acht Ländern gearbeitet. Aus Tschechien schloss sich die Akademie der Wissenschaften an. Antonín Fejfar ist dort stellvertretender Leiter des Instituts für Physik:

„Das Ziel war, Solarzellen mit einem Wirkungsgrad in Rekordhöhe zu entwickeln und sie für die Massenfertigung tauglich zu machen. Nur wenn wir in Europa Photovoltaik-Module mit hoher Effizienz herstellen, haben wir eine Chance, gegen die ostasiatische Konkurrenz zu bestehen.“

Antonín Fejfar  (Foto: Stanislava Kyselová,  Archiv der tschechischen Akademie der Wissenschaften,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0 CZ

Bei den Solarzellen konnten die Experten einen Wirkungsgrad von über 26 Prozent erreichen. Doch die Frage ist, ob auch bei der Effizienz der PV-Module die angepeilte Marke von über 22 Prozent möglich ist.

„Die japanische Firma Kaneka hält den Rekord beim Wirkungsgrad von Solarzellen, und zwar hat sie 26,7 Prozent erreicht. Doch der Weg zur Herstellung war so kompliziert, dass die Zellen praktisch unverkäuflich gewesen wären. Die Solarzellen muss man zu einem Modul zusammenschließen. Wir haben dabei eine hohe Effizienz von über 22 Prozent erreicht, was sehr gut ist. Bisher handelt es sich aber nur um ein Test-Modul. Erst jetzt sammeln wir Erfahrungen bei der Serienproduktion. Allerdings sind wir von der Akademie der Wissenschaften dafür nicht mehr zuständig. Das geschieht vor allem in der Schweiz und besonders in Deutschland“, so Fejfar.

Bisher gängige Module haben eher eine Effizienz von etwa 17 bis 18 Prozent, wobei Unterschiede bestehen je nach Typ. Die neue Generation an Modulen soll von zwei Partnerfirmen hergestellt werden. Allerdings könnte es noch einige Jahre dauern, bis das Produkt auch wirklich auf den Markt kommt.

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Der Beitrag der tschechischen Wissenschaftler zum Projekt lag darin, ein neues Qualitätsprüfungsverfahren zu entwickeln. Und zwar sollen die elektrischen Kontakte noch in der Fabrik zuverlässig geprüft werden können. Dies gelang, und die Akademie der Wissenschaften hat ihre Entwicklung nun als Patent angemeldet. Die Bestätigung steht jedoch noch aus. Aber auch so wurde das Projekt „NextBase“ im vergangenen Jahr offiziell beendet und von der Europäischen Kommission als erfolgreich bewertet.

Stagnation auf dem tschechischen Markt

Weniger erfolgreich ist hingegen, was Tschechien bisher aus seinen Möglichkeiten bei der Sonnenenergie macht. Jan Krčmář vom Tschechischen Solar-Verband bezeichnet vor allem das technische Potenzial hierzulande als enorm:

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„Wir haben vor zwei Jahren eine Studie in Auftrag gegeben. Demnach liegt allein auf Brownfields, also auf ehemaligen Mülldeponien oder im früheren Tagebau, sowie auf Dächern von Logistikzentren aber auch Einfamilienhäusern das technische Potenzial bei weit über 30 Gigawatt. Das ist deutlich mehr, als wohl jemals erreicht wird. Aber auch das wirtschaftliche Potenzial, also was ökonomisch gesehen gebaut werden könnte, liegt deutlich höher als die derzeitigen Zuwächse. Laut unserer Studie und einer weiteren des Verbandes für moderne Energie (Svaz moderní energetiky, Anm. d. Red.) könnten bis 2030 insgesamt sieben Gigawatt zusätzlich zu den bestehenden zwei Gigawatt gebaut werden.“

Allerdings bewegen sich die Ziele des tschechischen Staates deutlich niedriger – und zwar bei einem Zubau von nur 1,9 Gigawatt bis 2030.

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Dabei hatte es vor zehn Jahren einen Solarboom in Tschechien gegeben, bei dem innerhalb weniger Monate fast 1,6 Gigawatt Leistung entstanden. Hintergrund war jedoch, dass der tschechische Gesetzgeber die Entwicklung verschlafen hatte. Das Land bot damals großzügige Einspeisevergütungen beim Bau von Solaranlagen, obwohl die Preise für Module im Sinkflug waren. Als dies findige Unternehmer zu nutzen wussten, blieb ein energiepolitisches Trümmerfeld zurück. Die Förderung durch feste Einspeisevergütungen wurde hierzulande eingestellt, und bereits bestehende Anlagen wurden entgegen ursprünglichen Zusicherungen besteuert. In den Anfangsjahren mussten 26 Prozent der Einspeisevergütung per Steuer wieder an den Staat zurückgegeben werden, später waren es zehn Prozent. Außerdem führen Politiker bis hoch zum Staatspräsidenten und Premier seitdem eine Kampagne gegen die sogenannten „Solarbarone“. Man wirft diesen Unternehmern bis heute vor, den tschechischen Staatshaushalt zu zerrütten. Laut Krčmář hat dies den Markt für Sonnenenergie in Tschechien praktisch abgetötet…

Illustrationsfoto: Maria Godfrida,  Pixabay,  Pixabay License

„Jahrelang wurde fast gar nichts gebaut. Erst vor zwei, drei Jahren hat der Markt begonnen, sich ein bisschen zu erholen – seit der tschechische Staat Solaranlagen auf den Dächern von Häusern und Firmengebäuden wieder stärker fördert. Das ist auch sehr positiv. Neue Freiflächenanlagen sieht man dagegen hierzulande gar nicht. Und es gibt auch keine innovativen Wirtschaftsmodelle wie Stromverkaufsverträge, sogenannte PPAs (Power Purchase Agreement, Anm. d. Red.), die im Ausland gang und gäbe sind. Das ist der Grund dafür, dass viele Firmen nach dem Solarboom und den retroaktiven Eingriffen des Staates aus Tschechien ins Ausland abgewandert sind. Sie bauen ihre Kraftwerke jetzt in Ungarn oder Polen, aber auch weit weg in Indien oder Australien, weil dort laut den Unternehmen das wirtschaftliche Umfeld einfach stabiler und vorhersehbarer ist“, so Jan Krčmář.

Hocheffiziente Solarmodule: Schub für den Markt

Illustrationsfoto: RecondOil,  Flickr,  CC BY 2.0

Dass nun unter anderem mit tschechischer Hilfe eine neue Generation hocheffizienter Solarmodule entwickelt wurde und auf den Markt kommen soll, hält der Experte für enorm wichtig:

„Zwar fällt der Preis der Solarmodule derzeit kontinuierlich. Aber irgendwann wird ein Niveau erreicht sein, auf dem er nicht mehr großartig zurückgehen kann. Dann wird eine große Rolle spielen, dass die Module bei gleichem Preis effizienter werden. Das heißt, ein Modul wird mehr Strom produzieren als die gleichen Modelle ein paar Jahre zuvor.“

Antonín Fejfar bestätigt diese Einschätzung. Der Physiker von der Akademie der Wissenschaften sieht daher große Chancen für den Wiedereinstieg Europas in den Markt:

Illustrationsfoto: Solarmer,  Wikimedia Commons,  CC0

„Für die Zukunft lässt sich ein Wirkungsgrad von etwa 30 Prozent bei Solarzellen erwarten. Den Schätzungen nach besteht ein etwa fünfjähriges Zeitfenster, für das Europa einen technologischen Vorsprung herausgearbeitet hat. Das können europäische Firmen nutzen, um sich auf dem Markt durchzusetzen. Und ein weiterer Umstand begünstigt das noch. Und zwar sind die Kosten in der Photovoltaik so tief gesunken, dass sich der Transport von Solarmodulen von den Fertigungsstätten in Südostasien hierher bereits auf den Endabnehmerpreis auswirkt.“

Auch Jan Krčmář hofft auf die Wiederbelebung des europäischen Marktes. Er lenkt dabei den Blick direkt auf Tschechien:

„Dies kann ein wichtiges Signal an die Regierung sein, dass man mit der Förderung nicht nur von Solarenergie, sondern auch allgemein von erneuerbaren Energien hierzulande Arbeitsplätze schaffen, tschechische Firmen unterstützen und Knowhow ins Ausland exportieren kann, was ja sehr wichtig ist.“

Autoren: Till Janzer , Štěpán Sedláček
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