Solidaritätsaktion zur Unterstützung der Sorben
Über den in Sachsen tobenden Skandal anlässlich der Schließung der 5. Klasse der sorbischen Grundschule in Crostwitz, erfuhr die breitere tschechische Öffentlichkeit in der vergangenen Woche. Die Fernsehnachrichten brachten am Abend nach dem Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Nordböhmen u.a. auch Bilder von einer Protestkundgebung, die die Sorben in Liberec/Reichenberg veranstalteten, um den Bundeskanzler auf ihr Problem aufmerksam zu machen. Doch auf tschechischer Seite fanden sie schon früher Unterstützung. Markéta Maurová berichtet.
Bereits am 14. August entstand im nordböhmischen Warnsdorf eine Solidaritätsaktion zur Unterstützung der für ihre Schule kämpfenden Sorben. Man hat bisher etwa 500 Unterschriften gesammelt, weitere schließen sich aber jeden Tag überall in ganz Tschechien an. Der Initiator und erste Signatar ist der Warnsdorfer Schriftsteller Milan Hrabal. Radio Prag bat ihn, uns aus dem Text der Erklärung zu zitieren:
"Wir äußern unsere Solidarität mit dem Streben der Sorben nach der Erhaltung des sorbischen Schulwesens und sind uns dessen bewusst, dass es eine der unausweichlichen Bedingungen für die weitere Existenz dieser kleinen Nation ist."
Dass die Solidaritätsaktion gerade in Warnsdorf zur Welt kam, ist kein Zufall. Nach 1945 fanden dort mehrere sorbische Künstler ihren Wohnsitz, die Stadt bot den slawischen Nachbarn in Deutschland aber auch eine wichtige Institution.
"Es gab hier vor allem ein sorbisches Gymnasium. Dieses existierte schon drei Jahre vor der Gründung der DDR. Es war in der Geschichte ihrer Nation überhaupt das erste Mal, dass sie die Oberschulausbildung in ihrer Muttersprache erhalten konnten. Im Gymnasium wurde auf Sorbisch bzw. auf Tschechisch unterrichtet."
Warnsdorf wurde damals das "Fenster zur Lausitz" genannt und daran hat man auch nach 1989 angeknüpft.
"Die bedeutendste Veranstaltung ist das traditionsreiche Fest der sorbischen Poesie, das in der Lausitz seit 23 Jahren stattfindet. Aber vor fünf Jahren haben wir beschlossen, dass es an einem Tag auch im tschechischen Warnsdorf gastieren soll. Außerdem gibt es hier Konzerte, Ausstellungen usw. Die Stadtbibliothek in Warnsdorf gab bereits drei Publikationen anlässlich des erwähnten Poesiefestes sowie eine Anthologie der jüngsten sorbischen Poesie heraus. Dabei handelt es sich um eine Rarität: Zum ersten Mal erschien im Ausland eine Anthologie sorbischer Autoren, die bisher kein eigenes Buch herausgegeben haben."
Warnsdorf stellt mit seiner regen Tätigkeit eine Ausnahme dar, doch vereinzelte Aktivitäten gibt es auch in Brno, Semily und anderen Städten. In Prag existieren zwei Vereine zur Pflege der tschechisch-sorbischen Kontakte, eine Zeitschrift und natürlich die Tradition des Lausitzer Seminars, das bereits im 18. Jahrhundert für Studenten aus der Lausitz auf der Prager Kleinseite errichtet wurde.