Sommerzeit: Beibehalten oder abschaffen?
Noch bis Donnerstagabend können die EU-Bürger abstimmen, ob sie für eine Beibehaltung der Sommerzeit sind oder ob der damit verbundene Wechsel abgeschafft werden soll. Die Europäische Kommission hatte die Umfrage gestartet, weil sich rund 80 Europaangeordnete für eine Abschaffung der Zeitumstellung einsetzen. Ganz entscheidend sind auch tschechische EU-Parlamentarier darin engagiert. Das Thema spaltet aber die Meinungen.
„Mich stört der Wechsel von Winter- und Sommerzeit überhaupt nicht. Ich komme damit gut zurecht, auch die Umstellung bereitet mir keine Probleme.“
Das meint zum Beispiel Kateřina. So wie die junge Frau sieht das auch Rentner Břetislav:
„Mir macht der Wechsel nichts aus, ich bin schon im Ruhestand. Ich habe eh immer Zeit, ob im Sommer oder im Winter.“
Ein weiterer Passant, Václav, wiegelt jedoch ab:
„Ich finde es angenehm, dass im Sommer dann der Abend länger dauert. Allerdings ist die Umstellung immer etwas unangenehm. Ich weiß nicht… Eine eindeutige Meinung habe ich nicht.“
Eine Online-Umfrage der Europäischen Kommission zu dem Thema geht am Donnerstagabend zu Ende. Vorläufige Ergebnisse sind nicht bekannt, aber das Interesse ist groß gewesen. Zeitweise kollabierten sogar die Server. Kateřina Kottová ist Sprecherin der Vertretung der Europäischen Kommission in Tschechien:
„Die Abstimmung wurde am 4. Juli gestartet. Schon in den ersten drei Tagen nahmen eine halbe Million Europäer daran teil. Zu Ende Juli lag die Zahl bei etwas über eine Million. Das ist überwältigend im Vergleich zu anderen Sondierungen, die die Kommission bereits durchgeführt hat.“
Das Thema polarisiert anscheinend. In Tschechien sind die Christdemokraten die größten Kritiker der halbjährlichen Zeitumstellungen. Michaela Šojdrová ist Europaabgeordnete der Partei:
„Ich denke, es ist eine überflüssig, dass wir zweimal im Jahr die Zeit wechseln und dabei unsere biologische Uhr umstellen müssen. Wir sollten eine einheitliche Zeit einführen.“
Die Geschichte der Sommerzeit ist dabei lang. Schon 1916 wurde damit experimentiert, und zwar im Deutschen Kaiserreich. Nach dem Krieg wurde es erst einmal chaotisch in dieser Hinsicht. Die Ölkrise lieferte dann mehr Gründe dafür, und 1996 wurden der gesamten EU einheitliche Zeitumstellungen verordnet. Das Hauptargument war immer der Spareffekt. Doch die Gegner halten den wirtschaftlichen Nutzen für vernachlässigbar.
„Es gibt klare Beweise, dass damit keine Energie gespart wird. Auch hat es keinen positiven Einfluss auf den Verkehr. Im Gegenteil: Manche Unfälle gehen vielleicht auf das Konto der Umstellung. Und es gibt wirtschaftliche Folgen, etwa durch die erzwungenen Fahrplanänderungen. Aber vor allem führt dies zu gesundheitlichen Komplikationen, und die sind nachweisbar. Das Problem ist nicht die Sommer- oder Winterzeit, sondern die Zeitumstellung“, so Michaela Šojdrová.Šojdrová nennt eine Reihe von Unterschriftenaktionen, in denen sich Bürger mittlerweile gegen die Zeitumstellung wenden. Zudem drängen die finnische und die polnische Regierung auf eine Änderung. Deswegen haben rund 80 Europaabgeordnete der Kommission einen Antrag vorgelegt, um eine einheitliche ganzjährige Zeit in Europa einzuführen.
Alle Argumente hat die Europäische Kommission geprüft, auch das der gesundheitlichen Folgen.
„In diesem Bereich ist das Fazit nicht eindeutig. Einige Studien sagen, dass die Folgen für den Biorhythmus groß seien. Andere behaupten, jeder Mensch reagiere unterschiedlich. Und in der dritten Art Studie heißt es, dass mehr Helligkeit am Abend eine längere Erholungsphase bedeute. Die Menschen könnten dann die Umstellung kompensieren, und der Biorhythmus leide nicht stark darunter“, so die tschechische Kommissionssprecherin Kateřina Kottová.
Mit der Umfrage will die Kommission weitere Einblicke gewinnen. Als Nächstes werden die Beamten beurteilen, ob sie den Änderungsantrag der Sommerzeitgegner zulassen. Geschieht das, werden aber letztlich die EU-Staaten entscheiden. Dabei möchte man in Brüssel aber eines vermeiden: eine Rückkehr zum früheren Chaos bei den Zeiten. Das sei nämlich wirklich Gift für die Wirtschaft, heißt es.