Sozialistischer Realismus: umfassende Ausstellung in Prag

Von 1948 bis 1989 war in der Tschechoslowakei das totalitäre kommunistische Regime an der Macht. Die Machthaber versuchten, möglichst das gesamte öffentliche Leben unter ihre Kontrolle zu bekommen. Keine Ausnahme dabei machte die bildende Kunst. Während unabhängige Künstler vom Regime verachtet und oft verfolgt wurden, gedieh die einzige dem kommunistischen Staat genehme Kunstrichtung prächtig: der Sozialistische Realismus, kurz „Sorela“. Nun, 20 Jahre nach der Samtenen Revolution, ist in Prag die eine große Ausstellung von Werken der ehemaligen „Staatskunst“ zu sehen.

Rauchende Stahlkessel, ein Soldat mit dem Maschinengewehr, ein Mann, der eine riesige rote Fahne schwenkt, hart arbeitende Bauern auf dem Acker. Insgesamt 120 Gemälde, Skulpturen und Grafiken aus der Zeit des Sozialistischen Realismus sind bis Ende Dezember in der Prager Ausstellungshalle Mánes zu sehen. Heute werden seinerzeit angesehene tschechoslowakischen Künstler wie Jan Čumpelík, Karel Holan oder Jaromír Schoř oft belächelt für ihre martialischen Darstellungen des „real existierenden Sozialismus“. Zusammengetragen hat die nun Prag gezeigten Werke der der italienische Geschäftsmann Francesco Augusto Razetto:

„Viele dieser Kunstwerke habe ich in Antiquariaten gekauft, einige über private Kontakte und manche sogar auf Flohmärkten.“

Insgesamt 620 Bilder, Skulpturen, Grafiken und Plakate aus der Zeit von 1948 bis 1989 hat Razetto auf diese Weise zusammen getragen. Verwaltet werden die Kunstwerke in der von Razetto gegründeten Stiftung mit dem Namen Eleutheria.

„Ich sage immer, ich bin kein Sammler, sondern jemand, der Dinge kauft, die ihm gefallen. Indem ich alle Werke in meine Stiftung eingebracht habe, komme ich auch Spekulationen über irgendein wirtschaftliches Interesse zuvor. Das ist reine Begeisterung für die Kunst, die bei mir in der Familie liegt.“

Bereits im Vorjahr hat der gelernte Architekt Razetto, der in Prag seit 15 Jahren im Immobiliengeschäft tätig ist, ein dickes Buch über den Sozialistischen Realismus in der bildenden Kunst herausgebracht. In Zusammenarbeit mit einer italienischen Kunstkritikerin und der tschechischen Kunsthistorikerin Terezie Petišková, die auch an der Gestaltung der Ausstellung in Prag mitgearbeitet haben. Noch bis zum 30. Dezember ist die Schau in der Ausstellungshalle Mánes zu sehen, danach soll sie auf Reisen gehen:

„Im Frühjahr 2010 wollen wir die Ausstellung in Italien zeigen, konkret in Triest. Und gegen Ende des Jahres soll sie nach New York gehen.“,

so Razetto. In Zukunft stärker widmen will sich seine Stiftung auch der Architektur des Sozialistischen Realismus und auch eine Aufarbeitung der umfangreichen Plakatsammlung ist geplant.

Alle Informationen zur Ausstellung, die bis zum 30. Dezember läuft, finden Sie auf den Internetseiten der Ausstellungshalle Mánes .