Späte Annäherung: Bayerisches Landtagspräsidium erstmals offiziell in Prag
Ministerpräsident Horst Seehofer hat mit seiner tschechischen Visite vor Weihnachten die Tür geöffnet. Nun hat auch das Präsidium des Bayerischen Landtags die Gelegenheit ergriffen und ist erstmals zu offiziellen Gesprächen nach Prag gekommen. Thema war neben dem Stand der tschechisch-bayerischen Beziehungen auch die Atomkraft.
„Wir haben in diesem Bereich keinen Streit. Aber ich habe unseren Standpunkt dargelegt und eine gewisse Verwunderung darüber formuliert, dass Deutschland die Lage so schnell bewerten konnte. Uns scheint es, als bräuchte es dazu mehr Zeit, falls wir darauf reagieren sollten, was in Japan geschehen ist. Das Geschehen dort ist bis heute wohl noch nicht einmal den Fachleuten klar.“
Zwei Tage lang hielt sich das Präsidium des Bayerischen Landtags in Prag auf. Dabei sprach die Delegation unter Leitung von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) sowohl mit tschechischen Kollegen, als auch mit Vertretern von Organisationen wie der Deutsch-tschechischen Industrie- und Handelskammer, dem Goethe-Institut oder dem Prager Literaturhaus. Offiziell war es der erste Besuch. Ein kleiner Durchbruch? Barbara Stamm gegenüber Radio Prag:„Ich denke, dass da ein Stück mehr an Normalität dabei ist, weil die Parlamentarier schon immer unterwegs gewesen waren. Der Unterschied ist, dass man das nun auf eine protokollarische, offizielle Basis gestellt hat. Wir sprechen jetzt eine Einladung aus an die Repräsentanten oder Verantwortlichen des tschechischen Parlaments. Das wird ein offizieller Besuch im Bayerischen Landtag werden.“
Auch Lubomír Zaorálek lobte, dass nach dem Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer Normalität einkehrt in die Beziehungen beider Seiten. Dazu beitragen würde zudem die Öffnung des Arbeitsmarktes, die in Deutschland zum 1. Mai in Kraft getreten ist, so Zaorálek. Nur hätte das bereits früher geschehen können, befand der stellvertretende Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses. Barbara Stamm pflichtete ihm bei:
„Was die Arbeitnehmerfreizügigkeit anbelangt, habe ich zugestanden, dass die Befürchtungen auf bayerischer Seite nicht begründet gewesen sind.“
Barbara Stamm und Lubomír Zaorálek stimmten indes überein, dass die Deutsch-tschechische Erklärung die Grundlage für die heutigen Beziehungen geschaffen hat. Bereits 1997 hatte sie die belastete Geschichte erst einmal aus der Politik ausgeklammert. Landtags-Vizepräsident Franz Maget (SPD) kritisierte allerdings, dass in Bayern der Weg so lange gedauert hat:„Ein Fehler war meiner festen Meinung nach, zum Beispiel die Beneš-Dekrete oder die Existenz der Beneš-Dekrete zum Anlass dafür zu nehmen, dass es keine regulären gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien gegeben hat. Dieser Kurs wird jetzt geändert, und das ist gut so. Ich glaube, man ändert ihn auch deswegen, weil man merkt, dass man auf diesem Weg an einem Ende angelangt ist und bei einer Fortsetzung nichts mehr gewinnen kann.“