Sparta Prag zieht als erstes tschechisches Team ins CHL-Halbfinale ein

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Für jeden Sportbegeisterten ist sie ein Begriff: die Champions League im europäischen Vereinsfußball. Ligen gleichen Namens gibt es auch in anderen Mannschafssportarten wie Basketball oder Handball, obwohl sie weit weniger populär sind. Im Eishockey aber fristet die sogenannte Champions Hockey League (CHL) noch ein karges Dasein. Das aber könnte sich, zumindest hierzulande, bald ändern. Denn mit Sparta Prag hat eine tschechische Mannschaft vor kurzem das Halbfinale der CHL erreicht.

CHL: Sparta - Bern  (Foto: ČTK)
Die kontinuierliche Ausrichtung eines europäischen Wettbewerbs im Eishockey ist schon mehrfach gescheitert. Nach dem Ende der Europokal-Ära wurde im Jahr 2000 auch die damalige Europaliga eingestellt. Erst ab 2005 wurde unter dem Namen IIHF European Champions Cup wieder ein hochwertiger Europapokalwettbewerb ausgetragen. Die 2008 erstmals eingeführte Champions Hockey League hielt der Weltverband IIHF wegen finanzieller Probleme nur ein Jahr aufrecht. Als Alternative veranstalteten einige der europäischen Top-Clubs ab 2010 selbständig die European Trophy. Nach vierjähriger „Probezeit“ machten sie daraus vor zwei Jahren die heutige, neu geschaffene CHL. Einer ihrer Mitbegründer war der tschechische Traditionsverein HC Sparta Prag. Dessen Vorstandschef, Petr Bříza, begründete den Schritt damals wie folgt:

Petr Bříza  (Foto: Archiv HC Sparta Prag)
„Wir brauchen es einfach, dass Berlin gegen Prag spielt, dass München gegen Zürich spielt. Natürlich ist im Eishockey vieles anders, denn erfolgreiche Mannschaften gibt es häufiger auch in den kleineren Städten. In der Vergangenheit hat man in unserer Sportart leider den Fehler gemacht, dass wir die Struktur für den länderübergreifenden europäischen Wettbewerb nicht aufgebaut haben. Sehr unglücklich ist zudem, dass man bei der Durchführung eines solchen Wettbewerbs schon dreimal gescheitert ist. Wir müssen daher erst wieder neues Vertrauen schaffen. Aber wir müssen es machen. Denn ohne die Champions League bleiben wir in den nationalen Ligen gefangen und haben so auch kein Potenzial mehr.“

Und jetzt, so scheint es, kann der Club von Bříza vielleicht schon bald die ersten Früchte seines Engagements ernten. Denn vor sechs Tagen ist Sparta Prag erstmals ins Halbfinale der Champions Hockey League eingezogen.

Petr Bříza: „Wir brauchen es einfach, dass Berlin gegen Prag spielt, dass München gegen Zürich spielt. Natürlich ist im Eishockey vieles anders, denn erfolgreiche Mannschaften gibt es häufiger auch in den kleineren Städten.“

Der tschechische Hauptstadtclub gehört damit zu den vier besten Vereinsmannschaften in Europa. Auf dem Weg dorthin haben die Prager gleich mehrere namhafte Kontrahenten unter den 48 Teilnehmern ausgeschaltet: den siebenfachen finnischen Meister Kärpät Oulu, den vierfachen schwedischen Titelträger HV71 Jönköping, und den SC Bern, der 14-maliger Schweizer Meister ist.

Den letzten Schritt auf dem Weg in die Vorschlussrunde vollzogen die Prager gegen die Eidgenossen. Nach dem 1:1 im Hinspiel in Bern waren die Chancen auf das Weiterkommen für beide Teams noch voll intakt. Das fand auch der Berner Roger Schmied: „Ja, es ist noch alles offen.“

Der Landschaftsgärtner war einer von zahlreichen Schweizer Fans, die zum Viertelfinal-Rückspiel in die tschechische Metropole gereist waren. Weshalb, dazu die unmissverständliche Antwort von Reiseberater Luka Klauser:

Sparta - Bern  (Foto: ČTK)
„Es geht ums Halbfinale. Wir haben zu Hause ein 1:1 geschafft. Das ist schon einmal ein großer Schritt, denn Sparta Prag ist eine geile Mannschaft. Doch mit der Unterstützung von uns Berner Fans – es sind in etwa 250 mit nach Prag gekommen – haben wir die Chance, ins Halbfinale einzudringen. Und dann ist alles möglich.“

Um ins Halbfinale einzuziehen, brauchten beide Mannschaften einen Sieg. Für Klauser stand fest, dass dieser vom SC Bern eingefahren wird:

„Das wird ein sehr enges Spiel. Ich hoffe nicht, dass es ein Unentschieden gibt, denn dann geht es in die Verlängerung. Ich hoffe auf ein 2:1 für Bern.“

Petr Kumstát  (Foto: ČTK)
Im ersten Drittel sah es zunächst auch so aus, als könnten die Berner den Wunsch von Klauser und den anderen angereisten Schweizern in die Tat umsetzen. Denn die „Bären“, wie der Schlittschuhclub aufgrund seines Vereinswappens auch genannt wird, waren spielerisch überlegen und hatten zwei klare Chancen. Das änderte sich aber schlagartig nach dem Seitenwechsel. Im zweiten Drittel bestimmten die Prager die Szenerie. Sie profitierten dabei auch von einigen Fouls der Gäste, vier Mal waren sie in Überzahl und nutzten dies zu zwei Treffern. Vor dem Bully zum dritten Drittel stand es 3:1 für Sparta. Der SC Bern hatte also noch 20 Minuten Zeit, um das Ergebnis zu korrigieren. Bei der zweiten Zeitstrafe der Prager war dafür eine günstige Gelegenheit, doch es kam ganz anders – in der 49. Spielminute erzielte Petr Kumstát in Unterzahl das vierte Tor für die Gastgeber.

Jiří Veber: „Für uns als Trainer und auch für die Spieler hat diese Liga eine hohe Qualität. Das sagen eigentlich alle Experten. Was der CHL noch fehlt, ist eine bessere Resonanz.“

Das 4:1 war dann auch das Endresultat. Sparta Prag ist dadurch eine Runde weiter, für den SC Bern aber war in der tschechischen Hauptstadt Endstation. Die Gründe erläuterte Justin Krüger, der deutsche Nationalspieler in den Reihen der Schweizer, im Interview.

Herr Krüger, Sie waren die letzte deutsche Hoffnung in der Champions Hockey League. Aber heute ist der Traum vom möglichen Finale zu Ende gegangen. Woran lag es?

„Im ersten Spiel in Bern haben wir ein 1:1 erzielt. Die Partie war ausgeglichen, deshalb sind wir guter Hoffnung hierher nach Prag gekommen. Wir haben dann auch ein gutes erstes Drittel abgeliefert, hatten gute Chancen, und haben uns super auf diese kleine Eisfläche eingestellt. Im zweiten Drittel aber hat Sparta ein paar seiner Chancen genutzt, während wir zu viele Strafen kassiert haben. Wir haben unseren Fluss ein bisschen verloren, Prag aber hat die Linie gehalten und ist diszipliniert geblieben. Zudem hat Sparta das Publikum genutzt, um Energie zu tanken. Wir haben dann versucht zurückzukommen. Die Jungs haben dafür hart gekämpft, doch leider hat es nicht geklappt.“

Justin Krüger  (Foto: Fabien Perissinotto,  CC BY-SA 4.0)
War es spielentscheidend, dass Ihre Mannschaft, die zunächst überlegen war, im ersten Drittel kein Tor geschossen hat? Oder waren es dann doch die Strafen, die Bern ins Hintertreffen gebracht haben?

„Ein bisschen von beidem. Das Spiel war lange ausgeglichen. Natürlich helfen Strafen nicht, doch normalerweise haben wir ein gutes Box-Play, um auch in Unterzahl Tore zu verhindern. Manchmal kassiert man sie aber. Wir haben schnell das 1:1 erzielt, waren zurück im Spiel, doch dann hat Prag seine Möglichkeiten besser ausgenutzt.“

Sparta - Bern  (Foto: ČTK)
Wie sehr schmerzt diese Niederlage?

„Sie schmerzt wirklich sehr. Wir haben uns hohe Ziele gesetzt, und bis hierher nach Prag haben wir auch schon einen langen Weg zurückgelegt. Wir wollten ihn natürlich bis zu Ende gehen, und zwar Schritt für Schritt über das Halbfinale bis zum Titelgewinn. Wir waren nahe dran, aber nahe reicht eben nicht.“

Völlig anders war natürlich die Gefühlswelt bei den Pragern. Sie ließen ihrer Freude schon auf dem Weg in die Umkleide freien Lauf. Und erst recht in der Kabine, aus der das Trommeln mit den Schlägern auf den Tischen nicht zu überhören war.

Justin Krüger: „Für mich hat die CHL ein sehr gutes Niveau, das sich zu den ersten zwei Spielzeiten weiter gesteigert hat. Man merkt, wie das Interesse an der Liga gestiegen ist.“

Einer ihrer besten Spieler war einmal mehr Angreifer Lukáš Pech. Gegenüber Journalisten erklärte er, wie sehr er die Champions Hockey League mag. Und er sei glücklich, schon so weit gekommen zu sein:

„Wir haben die Spiele im Achtel- und Viertelfinale gut gemeistert. Wir sind sehr froh darüber, gezeigt zu haben, dass wir in diesem Wettbewerb bestehen können. Jetzt sind wir gespannt, wer unser Gegner im Halbfinale ist. Doch auch dort wollen wir erfolgreich sein und ins Finale einziehen. Aber das wird erst im nächsten Jahr entschieden.“

So ist es. Die beiden Halbfinals werden am 10. und 17. Januar ausgetragen, und der Gegner der Prager ist die schwedische Mannschaft Växjö Lakers. Im zweiten Duell stehen sich der HC Fribourg-Gottéron und Titelverteidiger Frölunda Göteborg gegenüber. Vier erstklassige Teams also, und auch Spartas Co-Trainer Jiří Veber lobt das Niveau der CHL:

Jiří Veber  (Foto: Archiv HC Sparta Prag)
„Für uns als Trainer und auch für die Spieler hat diese Liga eine hohe Qualität. Das sagen eigentlich alle Experten. Was der CHL noch fehlt, ist eine bessere Resonanz. Man muss sie medial noch bekannter machen unter den Fans, dann dürften noch weit mehr Zuschauer zu den Begegnungen kommen.“

Besonders in Skandinavien ist diese Liga noch nicht richtig angekommen. Den zwei Viertelfinalrückspielen in Schweden wohnten insgesamt nicht einmal 3000 Besucher bei. Ganz anders aber die Duelle zwischen Bern und Prag: Sie wurden von über 20.000 Zuschauern besucht. Von daher ist Justin Krüger auch optimistisch, was die Zukunft der Champions Hockey League betrifft:

„Für mich hat die CHL ein sehr gutes Niveau, das sich zu den ersten zwei Spielzeiten weiter gesteigert hat. Man merkt, wie das Interesse an der Liga gestiegen ist. Man spürt das in ganz Europa, egal ob wir nun in Österreich, der Slowakei oder in Tschechien gespielt haben. Da war so viel los, die Fans waren laut, es hat sehr viel Spaß gemacht. Man sieht auch, dass jede Mannschaft die CHL annimmt und voll einsteigt. Von daher freue ich mich auf eine gute Zukunft für diese Liga, dass es auch weiterhin gut läuft.“

Autor: Lothar Martin
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