Sportreport

Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Olaf Barth und Lothar Martin.

Von der am vergangenen Sonntag im kanadischen Edmonton zu Ende gegangenen 8. Leichtathletik-Weltmeisterschaft haben die tschechischen Wettkämpfer zwei Medaillen mitgebracht. Die wertvollsten, die es im Sport zu vergeben gibt, nämlich zwei goldene - für den besten Speerwerfer und den besten Zehnkämpfer unseres Planeten. Und die, die sie errungen haben, sind in der Tat zwei Große ihrer Zunft: der 35-jährige Speerwerfer Jan Zelezný und der 29-jährige Modellathlet von Dukla Prag, Tomás Dvorák. Beide haben in Edmonton ihren dritten Weltmeisterschaftstitel geholt, womit sie sich für immer in großen Lettern in die Geschichte dieser Sportart eingeschrieben haben. Zelezný ist zudem dreifacher Olympiasieger und amtierender Weltrekordler in seiner Disziplin, Dvorák wiederum eroberte die WM-Krone zum dritten Mal in Folge. Zehnkämpfer Dvorák hatte seinen Wettbewerb schon am Dienstag voriger Woche abgeschlossen, weshalb er als einer der ersten unter den tschechischen Athleten wieder in der Heimat eintraf. Radio Prag nutzte die Gelegenheit, um mit dem sympathischen Hauptmann der Tschechischen Armee ein kurzes Gespräch zu führen.

Zunächst wollten wir natürlich wissen, wie Dvorák den Verlauf des WM-Zehnkampfes einschätze: "Der Wettkampf wurde sehr gut geführt, er verlief spannend, und es war zu Beginn bei weitem nicht entschieden, wer die Medaillen letztendlich unter sich ausmachen wird. Auch das Wetter spielte im Großen und Ganzen mit, ein schöner Wettkampf also, nur schade, dass ihn nicht mehr Zuschauer im Stadion verfolgt haben."

Tomás Dvorák gewann den Zehnkampf von Edmonton mit 8902 Punkten - das drittbeste Ergebnis, das je in der Welt erzielt wurde. Nur er selbst bei seinem Weltrekord vom 4. Juli 1999 in Prag und sein tschechischer Nachfolger Roman Sebrle, der die neue Bestmarke Ende Mai im österreichischen Götzis auf 9026 Punkte geschraubt hatte, waren noch besser. Deshalb interessierte uns, mit welchen Disziplinen er auf seinem Weg zum erneuten Titelgewinn besonders zufrieden gewesen ist: "Also so gefragt, maximal mit einer Disziplin - leider - und das war der Weitsprung, wo ich mit 8,07 m eine neue persönliche Bestleistung aufgestellt habe. Dann war ich noch angenehm überrascht vom Stabhochsprung, wo ich glatte fünf Meter übersprungen habe, aber ansonsten fehlten mir noch einige Punkte zur vollsten Zufriedenheit."

Aus der Sicht des Ex-Weltrekordler Dvorák eine verständliche Reaktion. Als er vor zwei Jahren in Prag sein Topergebnis mit 8994 Punkten erzielte, da war er nur um ganze sechs Pünktchen unter der Traummarke von 9000 Punkten geblieben. Sein Verletzungspech im Olympiajahr 2000 verhinderte, dass er womöglich als Erster diese Marke übertreffen sollte. Nun hat ihm sein Trainingspartner Roman Sebrle diesen Traum zunichte gemacht und selbst als Erster die "Schallmauer" durchbrochen. Aber Dvorák zeigte in Edmonton vor allem eins, dass er ein Kämpfer ist. Deshalb fragten wir ihn, was ihm gerade dieser WM-Titel bedeute und wo er ihn in seiner Erfolgsbilanz einordne: "Auf jeden Fall habe ich am meisten getan für diesen Titel, denn nie zuvor hatte ich solche gesundheitlichen Probleme nach einer Saison und im Vorfeld der neuen Saison. Und auch der Wettkampf war viel dramatischer, wie ich bereits sagte, und so denke ich: es war ein verdienter Sieg und noch dazu mit einer sehr guten Punktzahl."


Erfolge, wie die von Jan Zelezný und Tomás Dvorák sind das Schöne, das Positive am Sport. Aber leider gibt es auch eine Schattenseite, und zwar dann, wenn mit unerlaubten Mitteln gearbeitet wird. Dazu gehört in erster Linie das Doping, also die Anwendung von verbotenen, weil die Leistung stimulierenden Substanzen. Der tschechische Kugelstoßer Miroslav Menc war aus diesem Grund von der Teilnehmerliste für Edmonton gestrichen worden. Weil es schon der zweite Fall in seiner Karriere war, wo er nach einer Dopingkontrolle positiv getestet wurde, hat es ihn nun voll erwischt: die Disziplinarkommission des Tschechischen Leichtathletik-Verbandes hat ihn am Dienstag auf Lebenszeit für den aktiven Leistungssport gesperrt. Ein hartes, aber den internationalen Regeln entsprechendes Urteil.

Dies wirft gleichsam die Frage auf, was hierzulande zur Vorbeugung und Aufdeckung der möglichen Anwendung von unerlaubten Präparaten im Leistungssport getan wird. Dazu hat Radio Prag erfahren, dass die Tschechische Republik 1995 die Europäische Antidoping-Vereinbarung anerkannt hat, die bisher von 43 Staaten unterschrieben wurde. Diese beinhaltet u.a., dass die jeweiligen Staaten selbst regelmäßig Dopingkontrollen bei ihren Sportlern vornehmen lassen und dafür die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, zum Beispiel durch die Errichtung eines eigenen Antidopinglabors. In Tschechien ist solch ein Labor in Prag entstanden. Im zurückliegenden Jahr 2000 hat dieses Dopinglabor sowohl im Training als auch nach Wettkämpfen insgesamt 986 Kontrollen in 28 Sportarten durchgeführt, von denen 21 positiv ausfielen. Allein elf dieser Fälle wurden im Bodybuilding verzeichnet. Das gesamte Antidopingprogramm, das aus staatlichen Mitteln finanziert wird und jährlich um die 2,6 Millionen Kronen (ca. 145.000 Mark) verschlingt, umfasst jedoch noch weitere Aufgaben als nur die Sicherstellung von Dopingkontrollen. Dazu sagte uns der Vizevorsitzende des Tschechischen Verbandes für Körpererziehung (CSTV) und Mitglied des Exekutivausschusses des Tschechischen Olympiakomitees (COV), Pavel Koran:

"Das ist keine Angelegenheit der Sportler an sich, sondern eine Angelegenheit der Sportverbände, die für die Einhaltung der Regeln bürgen, die Angelegenheit des Antidoping-Ausschusses bzw. des Staates, der natürlich aufgrund der Tatsache, dass Tschechien der Europäischen Antidoping-Vereinbarung beigetreten ist, auch Verantwortung und Pflichten übernommen hat. Um diese wahrzunehmen, mussten entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Zu diesen Vorkehrungen gehören meiner Meinung nach sowohl die präventiven als auch die repressiven Maßnahmen. Zu den präventiven zähle ich die Schulung und Erziehung der Trainer und Verantwortlichen, die einen klaren Überblick darüber haben müssen, welche Mittel im Sport erlaubt bzw. verboten sind, welche möglichen Auswirkungen sie auf die Gesundheit der Sportler haben können. Zu den repressiven Maßnahmen sei gesagt, dass der Staat die Entnahme und Untersuchung von Dopingproben gewährleistet, wozu das Dopinglabor in Prag entstand und wobei Anzahl, Zeitpunkt und Ort der Kontrollen mit den Sportverbänden abgestimmt werden. Dabei beantragen die Sportverbände einen Teil der Kontrollen selbst und weitere, zumeist unangemeldete Kontrollen werden vom Antidoping-Ausschuss veranlasst."

Das Prager Dopinglabor hat einen guten Ruf, was die Ausstattung und die Qualität der durchgeführten Kontrollen anbelangt. Weniger ruhmreich ist die Arbeit des Managements, weil das Labor ständig rote Zahlen schreibt. Ein Test kostet in der Regel 2.500 Kronen (ca. 140 Mark), eine Arbeitsstunde im Labor allein 600 Kronen. Dennoch wird in Tschechien alles getan, um nicht nur - wie im Falle der Dvoráks und Zeleznýs - für erfolgreichen, sondern auch für sauberen Sport zu sorgen.

Autoren: Lothar Martin , Olaf Barth
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