Staatliche Regulierung oder Freiheit im Netz? Umfrage untersucht Haltung von Tschechen zu Fake News

Im November schlugen nur sieben Prozent der Einwohner Tschechiens täglich eine Zeitung auf. Stattdessen informieren sich die Menschen im Internet. Wo genau sich die Menschen auf dem Laufenden halten, und wie der Staat mit Fake News umgehen sollte, diesen Fragen ist nun eine Umfrage nachgegangen. Erstellt wurde sie im Rahmen des Projekts „Digitální doba s lidskou tváří“ (Digitales Zeitalter mit menschlichem Antlitz), und am Freitag wurden die Ergebnisse veröffentlicht.

Wie beeinflusst künstliche Intelligenz die Arbeit von Journalisten? Und wie konsumieren die Menschen in Tschechien Nachrichten? Mit diesen und weiteren Fragen hat sich das Projekt „Digitální doba s lidskou tváří“ auseinandergesetzt. Initiiert wurde es von der NGO Iuridicum Remedium, die sich für Freiheit im Netz einsetzt. Geldgeber waren die Norwegischen Fonds (Norway grants).

Als ein Bestandteil des Projekts wurde auch eine repräsentative Umfrage durchgeführt, mit der die Meinungsforschungsagentur Median beauftragt wurde. Die Ergebnisse der Erhebung wurden am Freitag bei einem Symposium vorgestellt.

Václav Moravec | Foto: Adam Kebrt,  Tschechischer Rundfunk

Hinsichtlich der Mediennutzung gaben 70 Prozent der Befragten an, im vergangenen Monat kein einziges Mal eine gedruckte Zeitung gelesen zu haben. Stattdessen überwiegt die Informationsbeschaffung im Internet. Über außergewöhnliche Ereignisse etwa informieren sich die meisten Menschen in Tschechischen eher über Online-Quellen, als über lineare Kanäle. So sagt Václav Moravec, Journalist und Medienwissenschaftler an der Prager Karlsuniversität:

„Die meisten Menschen – 40 Prozent – verwenden in diesen Fällen Suchmaschinen. Erst an zweiter Stelle folgt das jeweilige Nachrichtenportal der Wahl als Quelle. Anschließend wurde das Fernsehen genannt, vor allem von älteren Menschen.“

Auch in anderen Aspekten brachte die Umfrage zur Mediennutzung Altersunterschiede zum Vorschein. So verfolgen die Menschen mehr Nachrichten im Fernsehen, je älter sie sind. Ähnliches gilt für den Rundfunk. Mehr als ein Drittel der Über-75-Jährigen schaltet täglich das Radio ein, um sich über das Geschehen in Tschechien und der Welt zu informieren. Bei Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren liegt der Anteil nur bei acht Prozent.

Bei den sozialen Medien hingegen könne eine solche Teilung der Altersgruppen nicht mehr festgestellt werden, sagt Ivan Cuker vom Meinungsforschungsinstitut Median:

„Wir haben natürlich gedacht, dass die sozialen Netzwerke eher von jüngeren Menschen genutzt werden. Aber das stimmt nicht wirklich. Vielmehr besteht der Unterschied darin, welche Plattform die jeweilige Altersgruppe verwendet. Bei den Jüngeren sind das Instagram und TikTok, bei den Älteren Facebook.“

Die Macher der Studie gingen auch der Frage nach, ob die Tschechen eher für eine absolute Freiheit im Internet sind, oder ob sie stattdessen befürworten, die Freiheiten einzuschränken, um eine Verbreitung von Lügen zu verhindern. Dabei überwogen die Stimmen für die zweite Ansicht. So waren zwar 40 Prozent der Befragten überzeugt, dass im Internet frei Inhalte geteilt werden können müssen, auch wenn dies bedeute, dass Falschinformationen verbreitet würden. 48 Prozent waren aber der Meinung, der Staat müsse konkrete Schritte gegen Fake News unternehmen. Jan Vobořil ist der Geschäftsführer von Iuridicum Remedium:

Jan Vobořil | Foto: Jan Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

„Mich hat überrascht, dass eher junge Leute die Regulierung durch den Staat befürworten und nicht die älteren. Zudem handelte es sich vermehrt um Menschen, die sich selbst als liberal und nicht als konservativ bezeichnen.“

In der Studie wurde auch die Frage gestellt, ob die Tschechen der Meinung sind, im Internet frei ihre Meinung sagen zu können. 60 Prozent der Befragten beantworteten diese Frage mit Ja, ein Viertel war der gegenteiligen Ansicht, 14 Prozent waren unentschlossen. Die subjektive Wahrnehmung der Meinungsfreiheit im Internet war bei jungen Menschen und Personen mit Hochschulabschluss besonders stark ausgeprägt.

Die Fragen der Mediennutzung und vor allem der Umgang mit Fake News sind auch das Thema einer Diskussionsveranstaltung, die Radio Prag International gemeinsam mit dem Tschechischen Zentrum in Wien organisiert. Die Veranstaltung findet am Dienstag um 18.30 Uhr im Tschechischen Zentrum in Wien statt. Unsere Gäste sind dabei führende Experten zum Thema Desinformationen aus Tschechien und Österreich. Kommen Sie vorbei!