Stadt Třeboň: Blinde ohne Recht auf Wohnung?
Der Höchstbietende gewinnt? Nicht immer, wie der Fall eines blinden Mannes im südböhmischen Třeboň / Wittingau zeigt. Nun war der Fall vor Gericht – und ist gut für den Kläger ausgegangen.
„Eine Frau hat noch mitgeboten, sie ist mit 55 Kronen pro Quadratmeter ins Rennen gegangen. Unser Gebot lag aber bei 81 Kronen.“
Dennoch bekam die andere Dame die Wohnung, wie Petr Veselý erklärt. Er ist der Anwalt der Familie Lukáš:
„Die Stadt Třeboň hat die Versteigerung der Wohnung einzig mit der Bedingung ausgeschrieben, dass der Höchstbietende den Zuschlag bekommt. Mein Mandant hatte von zwei Geboten das höhere und hatte nicht einmal besondere Ansprüche gestellt aufgrund seines Gesundheitszustandes. Dennoch hat die Stadt die Wohnung an die andere Partei vermietet.“
Das hatte auch gute Gründe, so Jitka Bednářová. Sie ist Sprecherin der südböhmischen Karpfenstadt:„Das Problem hier ist, dass es sich um eine Etagenwohnung handelt. Da gibt es also eine relativ steile Holztreppe. Als wir uns dann zwischen den beiden Bietern entscheiden mussten, haben wir berücksichtigt, dass die Orientierung für Karel Lukáš dort schwierig geworden wäre.“
Unsinn, meint dahingehend Věra Lukášová, die Mutter des Geschädigten:
„.In der neuen Wohnung hätte er die Treppe übrigens auch gar nicht benutzen müssen. Hier in unserem Haus haben wir ja auch einige Stufen. Und die sind für Karel nie ein Problem gewesen“
Die Familie zog schließlich vor Gericht und hatte Erfolg. Die Stadt Třeboň musste Karel Lukáš eine Entschädigung in Höhe von 50.000 Kronen (1900 Euro) zahlen sowie sich öffentlich entschuldigen. Zur Bereitstellung einer Wohnung wurde die Stadt jedoch nicht verpflichtet, der Geschädigte muss also weiterhin bei seinen Eltern wohnen. Auf Dauer könnte dies jedoch ein Problem werden, wie seine Mutter bestätigt:
„Für Karel wäre es in der Stadt wirklich viel besser. Was würde er hier auf dem Dorf irgendwann ganz alleine machen? Zum Beispiel müsste er weiterhin mit Holz heizen.“
Er wisse wirklich nicht, wer ihm dann hier helfen solle, wenn seine Eltern einmal nicht mehr da seien, fügt Karel Lukáš selbst noch hinzu.
Der Fall ist nicht nur vor Gericht gelandet, sondern auch auf dem Schreibtisch von Ombudsfrau Anna Šabatová. Leider sei Karel Lukáš einer von wenigen, die laut auf sich aufmerksam machen würden, so die Menschenrechtsbeauftragte:„Wir haben festgestellt, dass nur rund elf Prozent derjenigen, die sich wegen ihrer Behinderung diskriminiert fühlen, auch tatsächlich vor Gericht ziehen. Das ist nur ungefähr jeder Zehnte. Vor allem kommen Klagen aus der Arbeitswelt.“
In den vergangenen fünf Jahren seien nur rund 50 Klagen wegen Diskriminierung bei den tschechischen Gerichten eingegangen, ergänzt Ombudsfrau Šabatová. Und gerade einmal sechs davon seien erfolgreich gewesen.