Star des Jahres 1989 - zum Tod des Reformkommunisten Komárek

Valtr Komárek (Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Der tschechische Reformkommunist Valtr Komárek ist vergangene Woche gestorben. Über seinen Tod haben wir bereits in unseren Meldungen informiert. Komárek wurde 82 Jahre alt. In den 80er Jahren leitete er das Prognostische Institut der tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, dort wurde der Grundstein gelegt für den späteren Übergang zur Marktwirtschaft.

Valtr Komárek  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die alten politischen Strukturen müssen sich vollständig wandeln, und es müssen solche Strukturen geschaffen werden, die der neuen historischen Lage entsprechen.“ So sprach Valtr Komárek am 27. November 1989 vom Balkon des Melantrich-Hauses am Prager Wenzelsplatz. Bis dahin hatte der Wissenschaftler zurückgezogen im Prognostischen Institut gearbeitet, praktisch über Nacht wurde er während der Samtenen Revolution zu einem Star. Kaum einer der damaligen Akteure war so beliebt wie er. „Za Komárka bude koruna jak marka“ war einer der Leitsprüche jener Zeit, frei übersetzt: „Unter Komárek wird die Krone so viel wert sein wie die Mark“. Die Menschen vertrauten dem Wirtschaftsexperten mit der strubbeligen Albert-Einstein-Frisur. Bischof Václav Malý war einer seiner damaligen Mitstreiter:

Václav Malý  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Er hat die Menschen ermutigt und ihnen mit einfachen Sätzen wirtschaftliche Probleme erläutert. Das war sehr wichtig.“

Valtr Komárek wurde 1930 im südmährischen Hodonín / Göding geboren. Als Kind wurde der Sohn jüdischer Eltern in ein Konzentrationslager deportiert, er konnte aber fliehen und überlebte den Holocaust im Versteck. Nach dem Krieg trat Komárek der kommunistischen Partei bei. Doch bei seinem Wirtschaftsstudium in Moskau bekam er bereits Zweifel am sowjetischen Modell des Sozialismus. 1963 wurde er deswegen als Wirtschaftsexperte nach Kuba abgeschoben, dort beriet er Industrieminister Ernesto „Che“ Guevara. Beide soll eine beinahe legendäre Freundschaft verbunden haben. Während des Prager Frühlings war Komárek einer jener Parteimitglieder, die grundlegende Wirtschaftsreformen planten.

Valtr Komárek 1989  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Dass Komárek auch nach der Niederschlagung der Reformbewegung weiter in offiziellen Institutionen arbeiten durfte, lag wohl an der Protektion von ganz oben. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre leitete er das Prognostische Institut. Dort beschäftigte er den heutigen tschechischen Staatspräsidenten Miloš Zeman sowie dessen Vorgänger, den Wirtschaftsreformator Václav Klaus. Komárek schuf eine liberale Atmosphäre an dem Institut und schützte dieses vor Eingriffen von oben.

Nach der Wende trat Komárek aus der Kommunistischen Partei aus und in die Sozialdemokratische ein:

Bohuslav Sobotka  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Er half Anfang der 90er Jahre, noch bevor Zeman der Partei beitrat, dass die Menschen die Sozialdemokratische Partei als linksgerichtete Alternative wahrnahmen“, so Bohuslav Sobotka, der heutige Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten.

Aber auch seine politischen Gegner zollten Komárek Respekt. Der heutige stellvertretende Vorsitzende der Top 09 und frühere Christdemokrat Miroslav Kalousek:

„Mir fallen bei ihm Worte wie Großzügigkeit und Liebenswürdigkeit ein.“

Valtr Komárek  (Foto: TV Nova)
Nach der Samtenen Revolution war Valtr Komárek mehre Monate lang Vize-Premier einer Übergangsregierung, und er wurde zeitweise als Kandidat für das Präsidentenamt gehandelt. 1992 beendete er aber seine politische Karriere.

Zuletzt klagte Komárek über gesundheitliche Probleme nach einer Herzoperation. Anfang des Monats war er dann in ein Prager Krankenhaus eingeliefert worden, wo er am 16. Mai verstarb.