Steigende Infektionskurve: Anti-Corona-Maßnahmen werden verschärft

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Die zuletzt drastisch gestiegenen Zahlen an Neuinfektionen mit dem Coronavirus haben die tschechische Regierung zum Handeln gezwungen. Nach dem neuen Negativrekord von erstmals über 5000 Infizierten an einem Tag zog Gesundheitsminister Roman Prymula dann sogar die Verkündung der schärferen Maßnahmen zum Kampf gegen die steigenden Corona-Zahlen um einen Tag vor.

Roman Prymula  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)

Die Regierung hat die neuen und schärferen Restriktionen gegen die Ausbreitung des Coronavirus auf ihrer Sitzung am Donnerstag beschlossen. Gleich danach trat Gesundheitsminister Prymula vor die Medien. Zunächst erklärte er, weshalb die verschärften Maßnahmen notwendig seien:

„Unser Gesundheitssystem ist bereits ziemlich belastet. Daher muss uns klar werden, dass wir binnen einer Woche die doppelte Belegung mit Covid-19-Fällen in unseren Kliniken haben könnten. Und eine Woche später kann das gesamte System eventuell nur noch mit Hilfe von Reservekapazitäten laufen.“

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Um seine Befürchtungen zu untermauern, nahm Prymula auch zum momentanen Infektionsverlauf Stellung:

„Die Infektionskurve ist sehr hoch, und man muss damit rechnen, dass sie noch fünf bis zehn Tage weiter ansteigt. Wir können dann tatsächlich die prognostizierte Zahl von über 8000 Neuinfektionen pro Tag erreichen.“

Die neuen Maßnahmen treten an zwei Tagen in Kraft. Das erste Paket gilt bereits seit Freitag. So müssen Restaurants, Kneipen und Bars schon um 20 Uhr schließen. Das ist zwei Stunden früher als die bisherige Sperrstunde. Ausschank und Essensausgabe am Fenster sind aber auch danach weiter möglich. Zudem dürfen in Gastbetrieben nur noch vier Menschen an einem Tisch sitzen, bisher waren es sechs. Und Live-Musik oder Tanzveranstaltungen sind dort ebenfalls verboten. Aufgrund dieser Restriktionen habe sich das Geschäft mit der warmen Küche vorerst erledigt, erläutert dazu der Chef des Verbandes der Hotels und Restaurants, Václav Stárek:

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„Was den Mittagstisch betrifft, ist die Nachfrage bereits stark zurückgegangen, weil viele Menschen jetzt im Home-Office arbeiten. Die Leute gehen normalerweise ins Restaurant, um Freunde und Bekannte zu treffen und ein Erlebnis zu haben. Diejenigen aber, die nach getaner Arbeit erst so gegen 19 Uhr in die Gaststätten gehen, werden jetzt wohl nicht mehr zum Abendessen kommen."

Aber auch andere Branchen müssen jetzt kürzertreten oder ihren Betrieb vorübergehend einstellen. So dürfen Geschäfte, Dienstleistungsbetriebe und Einkaufszentren nur noch einzeln oder zu zweit betreten werden. Größere Gruppen sind nicht erlaubt. Außerdem bleiben ab Freitag alle Indoor-Sportanlagen, Schwimmbäder und Wellness-Anlagen geschlossen. Und Behörden beschränken ihre Besuchszeiten auf zwei Tage in der Woche.

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Das zweite Paket an schärferen Corona-Maßnahmen tritt am Montag in Kraft. Es trifft vor allem die Bereiche Kultur und Sport. Dazu sagte Prymula:

„Es werden de facto alle Kultureinrichtungen geschlossen, also alle Theater, Kinos, Museen, Galerien, Schlösser und Burgen. Damit sollen die Freizeitaktivitäten wirklich beschränkt werden. Diese Beschränkung gilt für die Dauer von 14 Tagen.“

Dieselbe zeitliche Zwangspause muss der Sport einhalten. Demnach dürfen von Montag bis Sonntag, 25. Oktober, keine Sportveranstaltungen mehr stattfinden. Die einzige Ausnahme sind internationale Wettkämpfe. Doch zu welchen Bedingungen beispielsweise die Fußballvereine Sparta Prag und Slovan Liberec ihre Gegner in der Europa League am 22. Oktober empfangen dürfen, war noch unklar. Mehr als deutlich sei dagegen, dass der Sport derzeit nur noch aufgrund des Engagements und der Finanzkraft Einzelner überlebe, glaubt Miroslav Jansta. Er ist Vorsitzende der Tschechischen Sport-Union (ČUS):

Miroslav Jansta  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Der Profisport läuft absolut nur noch auf der Basis des privaten Geldes. Und auch der private Sportsektor ist gefährdet. Er funktioniert eigentlich nur noch durch die Willenskraft der Sponsoren.“

Ein weiterer Bereich, der ab Montag weiter eingeschränkt wird, ist das Bildungswesen. Dazu tritt eine Maßnahme in Kraft, die die Oberstufe in den Grundschulen betrifft, also die Klassen sechs bis neun. Die Änderung erläuterte Bildungsminister Robert Plaga (Ano):

„Es ist logisch, dass es zu einer Teilung der Klassen in der Grundschuloberstufe kommt. Dazu werden die Klassen in zwei Hälften geteilt, von denen immer nur eine Hälfte zum Unterricht kommt. Im Unterricht müssen die Schüler natürlich weiterhin eine Maske tragen. Diese Maßnahme dürfte einen wirklichen epidemiologischen Effekt haben.“

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Die Schüler an weiterführenden Schulen und die Studenten an den Hochschulen müssen sich hingegen bis auf weiteres mit Distanzunterricht begnügen. Gesundheitsminister Prymula hofft jedoch, dass die neuen Maßnahmen endlich greifen. Denn ein noch strengeres Szenario im Kampf gegen das Coronavirus will sich derzeit niemand so recht in Tschechien vorstellen.