Sternwarte in Prag schickt ältestes Teleskop zur Generalüberholung nach Jena
Das Štefánik-Observatorium in Prag hat zwei Hauptteleskope. Das ältere und größere der beiden ist ein Doppelrefraktor von Zeiss und bereits über einhundert Jahre alt. Nun wurde es abgebaut, denn es soll am Firmensitz in Jena generalüberholt werden.
Am Mittwoch wurde das Teleskop demontiert. Was von dem 5,5 Tonnen schweren Gerät abgenommen werden konnte, wurde einzeln eingepackt. So auch die beiden großen, weißen Röhren, in denen die Linsen sitzen. Tubusse heißen sie in der Fachsprache…
„Wir haben erst beim Auseinandernehmen gemerkt, dass sich die Tubusse selbst auch noch einmal zerlegen lassen“, sagte Petr, der bei den Arbeiten geholfen hat.
Den sogenannten Astrograph von Zeiss hat die Sternwarte in Prag im Jahr 1930 erworben. Seitdem war das Teleskop praktisch durchgehend im Einsatz. Mehrere Hunderttausend Augenpaare dürften bereits in das Okular geschaut haben. Der Astronom Martin Fuchs kümmert sich seit 18 Jahren um die Besucher in dem Observatorium auf dem Prager Petřín-Hügel:
„Würden wir das Teleskop durch eines aus heutiger Produktion ersetzen, hätten wir nach 15 bis 20 Jahren nur noch Einzelteile übrig. Der Astrograph ist das beste Beispiel für richtige Wertarbeit. Das Besondere an ihm ist zudem, dass es sich fast um ein Unikat handelt.“
Denn heute gibt es nur noch zwei dieser Doppelrefraktoren von Zeiss weltweit. Der andere steht in der Urania-Sternwarte in Zürich. Er wurde bereits 2006 renoviert.
Sein Bruder in Prag gehörte ursprünglich dem Amateurastronom Rudolf König in Wien. Dieser errichtete 1906 in seinem Wohnhaus eine Privatsternwarte. Dobroslav half am Mittwoch ebenfalls beim Abbau des Geräts. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks schilderte er die historischen Zusammenhänge:
„Rudolf König hat mit dem Teleskop vor allem den Mond beobachtet. Da es zwei Tubusse hat, brachte er an dem einen seine Fotokamera an und schaute durch den anderen hindurch. Rund 20 Jahre lang machte er seine Beobachtungen, bis er 1927 starb.“
Königs Witwe bot den wertvollen Doppelrefraktor zum Kauf an. Damit die Tschechoslowakische Astronomische Gesellschaft ihn erwerben konnte, wurde eine Sammlung veranstaltet – ähnlich wie beim Bau des Nationaltheaters im 19. Jahrhundert. Selbst Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk spendete damals.
Die Renovierung des Teleskops soll rund ein Jahr dauern. Spezialisten von Zeiss in Jena werden sich darum kümmern. Tomáš Prosecký ist Leiter des Štefánik-Observatoriums:
„Es soll generalüberholt werden. Das heißt, dass es in den anstehenden sechs Wochen erst einmal komplett auseinandergenommen wird. Denn zuletzt hat das Teleskop nicht mehr so gut funktioniert. Unter anderem war die Arretierung unsicher, wodurch sich das Gerät von selbst bewegt hat.“
Nach der Renovierung kehrt der Doppelrefraktor nach Prag zurück. In der Zwischenzeit wird er von einem modernen Gerät ersetzt. Dieses kann mithilfe neuer Technologien den Besuchern auch den Blick öffnen auf Nebelflecken, Sternhaufen und andere Galaxien.