Suche nach Atommüllendlager: Minister ändert Strategie, die Proteste bleiben

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Tschechien betreibt zwei Atomkraftwerke. Doch die Suche nach einem Atommüllendlager steckt noch in den Anfängen. Nun hat Industrie- und Handelsminister Jan Mládek (Sozialdemokraten) eine Entscheidung getroffen, wie es in den nächsten Jahren weiter gehen soll. Diese aber beruhigt die Kritiker nicht.

Jan Mládek  (Foto: ČTK)
An sieben Orten wird bisher geprüft, ob dort das tschechische Atommüllendlager entstehen kann. Die betroffenen Gemeinden protestieren jedoch bereits seit Jahren. Darauf hat Industrieminister Mládek nun reagiert. Nur noch zwei Orte sollen in der Auswahl stehen, fünf weitere sind vorerst aus dem Spiel. Jan Mládek verkündete dies am Freitag bei einer Pressekonferenz:

„Mehrmals habe ich öffentlich gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Atommüllendlager gegen die Zustimmung der jeweiligen Gemeinden an dem Ort entsteht. Damit meine ich die Ablehnung durch die Selbstverwaltungsgremien, aber nicht durch selbsternannte Aktivisten.“

Gemeinde Nárameč  (Foto: Google Street View)
Auf der Böhmisch-Mährischen Höhe liegen die beiden Orte, die geprüft werden sollen. Die betroffenen Gemeinden dort haben sich laut dem Industrieminister nicht den Klagen gegen den tschechischen Staat angeschlossen. Doch das heißt nicht, dass die Anwohner für das Atommüllendlager wären. Die Gemeinde Narameč liegt nahe dem angedachten Ort Horka. Auch Bewohner von dort nahmen zum Beispiel im April an einem Protestmarsch teil. Bürgermeisterin Ludmila Jelínková:

Edvard Sequens  (Foto: Archiv des Instituts für öffentliche Diskussion)
„Ich muss mich jetzt mit den anderen Bürgermeistern beraten, was wir weiter unternehmen wollen. Im Moment fühlen wir uns erst einmal überrumpelt und sind entsetzt. Da wurde erneut über uns entschieden, ohne uns anzuhören.“

Als planlos und einen Schritt zurück bezeichnen Umweltschützer die Entscheidung des Ministers. Edvard Sequens von der Organisation Calla empfiehlt stattdessen:

„An allen sieben Orten sollten die Voruntersuchungen eingestellt werden. Dann müssten wie in Deutschland erst einmal die Kriterien festgelegt werden für die Suche nach einem Endlager. Und es sollten entsprechende Gesetze verabschiedet werden, zum Beispiel jenes, mit dem die Rechte der Anrainergemeinden gestärkt werden. Erst danach könnte die Suche beginnen.“

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Laut Sequens hat noch jeder Minister das Vorgehen geändert. Obwohl das Atommüllendlager erst 2065 in Betrieb gehen soll, drängt die Zeit. Denn bisher wurden an allen sieben Orten nur Voruntersuchungen durchgeführt, die wichtigen Prüfungen des Gesteins aber stehen noch aus.

„Es droht, dass zwar ein Ort gefunden wird, an dem die Anwohner dem Endlager zustimmen – der aber geologisch nicht geeignet und damit unsicher ist.“

Die Entscheidung von Minister Mládek scheint aus der Not geboren. Denn am Freitag gestand der Sozialdemokrat genau das ein, was auch Sequens befürchtet.

Atomkraftwerk Dukovany  (Foto: Dr. Killer,  CC BY-SA 3.0)
„Sollte sich zeigen, dass die beiden Orte geologisch nicht geeignet sind, dann müssen wir eine weitere Lösung finden. Entweder kommen wir auf die fünf Orte zurück, an denen jetzt vorerst keine Untersuchungen mehr stattfinden. Oder wir müssen uns rund um die Atomkraftwerke umschauen“, so Jan Mládek.

Derzeit ist der tschechische Atommüll aus kommerziellem Reaktor-Betrieb auf dem Gelände des Atomkraftwerks Dukovany zwischengelagert.