Tarifstreit bei Skoda: Zeichen stehen auf Streik, Präsident mischt sich ein

Vaclav Klaus (Foto: CTK)

Am Donnerstag haben sich die Tarifparteien beim Autohersteller Skoda erneut nicht geeinigt. Die Gewerkschaft des Unternehmens lehnte ein neues Lohnangebot der Firmenleitung ab und erklärte die Verhandlungen einseitig für gescheitert. Alles spricht dafür, dass am Dienstag, wie von der Gewerkschaft angekündigt, erste Warnstreiks bei Skoda Auto stattfinden. Angesichts des ungelösten Tarifstreits beim größten tschechischen Unternehmen hat sich jetzt sogar Präsident Klaus eingemischt. Der Bruch der Tarifautonomie wirft allerdings Fragen auf.

Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
Die Zeichen stehen auf Sturm oder besser: auf Stillstand. Denn bei Skoda scheint eine Arbeitsniederlegung unausweichlich. Nur wenn die Unternehmensführung bis Dienstag kommender Woche auf das Angebot der Gewerkschaft eingeht, wären die angedrohten Warnstreiks aller Schichten noch abzuwenden. Dabei geht es für die Gewerkschaft mittlerweile nur noch um die Höhe des Inflationsausgleichs. Von ihrer Forderung nach 17 Prozent Gehaltszuwachs sieht sie bereits ab und ist auch zu Verhandlungen über eine niedrigere Lohnsteigerung bereit. Die Unternehmensführung beharrt aber auf ihrem letzten Angebot, das unter anderem vorsieht, erst ab drei und mehr Prozent Inflation einen finanziellen Ausgleich an die Angestellten zu zahlen. Personalchef und Vorstandsmitglied Martin Jahn sagt, dies sei bereits der Gipfel des Möglichen:

"Das ist ein Angebot, das bereits über den Rahmen dessen hinausgeht, was die Firmenleitung für vernünftig hält, angesichts der weiteren Entwicklung des Unternehmens in Tschechien. Und wir haben großes Interesse, weiter in die Entwicklung und in die Produktion zu investieren."

Am Donnerstag besuchte überraschend Staatspräsident Vaclav Klaus das Werk von Skoda im mittelböhmischen Mlada Boleslav. Klaus warnte vor einer zu großen Lohnsteigerung bei dem Autohersteller. Dies könnte "einen Signaleffekt für die gesamte tschechische Wirtschaft haben", so Klaus wörtlich. Andere Firmen des Landes würden aber unter Umständen hohe Lohnsteigerungen nicht in selber Weise bewältigen können wie Skoda. Dass sich der Präsident so eindeutig auf die Seite der Unternehmensführung geschlagen hat, brachte den Vorsitzenden des Gewerkschaftsverbandes Metallverarbeitung (Kovo), Josef Stredula, in Rage:

"Das ist eine völlig unangebrachte Einmischung in die Aushandlung von Tarifen in einem Privatunternehmen. Und dazu ist es noch die einzige Einmischung, die sich der Präsident während seiner Amtszeit geleistet hat. Zu so etwas darf es nicht kommen."

Der Bruch der Tarifautonomie: in Deutschland undenkbar. Dass sich Klaus zu Wort gemeldet hat, hängt aber mit der Sonderstellung von Skoda Auto zusammen: Kein Einzelunternehmen in Deutschland hat einen solchen Anteil an der Wirtschaft wie der Wagenhersteller in Tschechien. Automatisch ist der Tarifstreit daher von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Und das gehört schon irgendwie in den Arbeitsbereich eines Präsidenten.

Was stutzig machen sollte, ist aber die Aussage von Klaus, dass er als Ökonom spreche. Wie aber, bitte, verträgt sich in diesem Fall gewünschte Unparteilichkeit mit Vaclav Klaus´ weltweiten Ruf als ausgesprochener Wirtschaftsliberaler? Die Antwort hätten die Medien des Landes geben können. Doch die widmeten sich lieber dem Umstand, dass der Präsident zu Skoda nicht in einer Limousine des Unternehmens fuhr.

Autor: Till Janzer
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