Tauziehen um Gesetz zum Rauchverbot geht weiter

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Vor seinem Inkrafttreten im Jahr 2005 wurde es drei Jahre im Parlament verhandelt. Bereits zwei Jahre später fing das Tauziehen um das tschechische Gesetz zur Regulierung des Rauchens von Neuem an. Seit fast einem Jahr wird seine novellierte Fassung im Abgeordnetenhaus verhandelt. Am Mittwoch vergangener Woche lag sie dort zur abschließenden Abstimmung vor, doch zu dieser kam es letztlich nicht. Stattdessen hat man die Gesetzesnovelle mit der Begründung, sie sei nicht verständlich genug, in die zweite Lesung zurückgeschickt.

Das absolute Rauchverbot gilt in Tschechien bereits in einer ganzen Reihe von Einrichtungen wie Schulen, Theater- und Kinohäusern, Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen sowie im öffentlichen Verkehr. Da ist auch in Zukunft keine Änderung zu erwarten. Umstritten ist sowohl das bestehende Gesetz als auch die Gesetzesnovelle in Bezug auf den Bereich der Gastronomie:

„Gegenwärtig gilt es als Gang und Gäbe, dass ein Raucher und ein Nichtraucher nebeneinander an einem Tisch oder an zwei Nachbartischen sitzen. Die Nichtraucher werden eigentlich durch nichts geschützt,“

sagt der bürgerdemokratische Abgeordnete Boris Šťastný (ODS), nach dessen Initiative der gesundheitspolitische Ausschuss im Januar dieses Jahres das absolute Rauchverbot in allen gastronomischen Einrichtungen empfohlen hatte.

Die Befürworter des Rauchverbots gehen davon aus, dass die Zahl der Menschen, die jährlich hierzulande an einem Herzinfarkt erkranken, um 10 bis 20 Prozent sinken könnte. Dabei berufen sie sich auf die Erfahrungen der Länder, in denen das Rauchverbot bereits eingeführt wurde. Dabei geht es nicht nur um die Raucher.

Als nachgewiesen gelten auch die gesundheitlichen Schäden, die durch das Passivrauchen ausgelöst werden. Das Zwangsmitrauchen sei bei weitem nicht nur eine Art Belästigung, sagt die Leiterin der nichtstaatlichen Organisation „Tschechische Koalition gegen Tabak“, Kateřina Langerová:

„Die Analysen, die Professor Richard Peto, ein renommierter Mediziner im Forschungsbereich Sterblichkeit als Konsequenz des Rauchens, durchgeführt hat, lassen vermuten, dass hierzulande rund 3000 Menschen pro Jahr an den Folgen des Passivrauchens sterben.“

Kateřina Langerová ist erfreut darüber, dass sich der gesundheitspolitische Ausschuss für ein flächendeckendes Rauchverbot einsetzt. Jede andere Variante wäre ihr zufolge nur ein Schritt auf halbem Wege. Das Rauchverbot sei aber auch für die Raucher selbst sehr wichtig:

„Viele könnte es dazu motivieren, dass sie mit dem Rauchen aufhören. Gleichzeitig kann es auch junge Menschen dazu bewegen, mit dem Rauchen gar nicht erst zu beginnen. Viele rauchen bereits als Kinder oder im frühen Jugendalter, im Schnitt bereits mit zwölf Jahren. Es ist allgemein bekannt, dass das Rauchverbot einer der bedeutendsten sozialen Faktoren für die Kinder ist. Es hinterlässt die Wirkung, mit dem Rauchen nicht zu beginnen.“

Nun zurück zur Gesetzesvorlage, mit der sich die tschechischen Abgeordneten so schwer tun. Im Spiel sind mehrere Varianten. Außer dem flächendeckenden Rauchverbot wird vorgeschlagen, die Räume der gastronomischen Einrichtungen durch eine feste Wand in einen Raucher- und einen Nichtraucherbereich zu trennen. Oder: Der Besitzer könnte sein Lokal als Raucherlokal ausweisen. Einige Abgeordnete wiederum sehen eine weitere Möglichkeit darin, dass alle Gaststätten mit einer Fläche von bis zu 100 oder 200 Quadratmetern aus der Regelung komplett herausgenommen werden könnten.

Die Entscheidungskompetenz, ob im Lokal geraucht werden darf oder nicht, würde allein dem Besitzer zustehen. Derartige Regelungen allerdings halten viele für diskriminierend. Bürgerdemokrat Šťastný aber ist zuversichtlich, dass man dennoch eine Einigung erzielen könne.

„In dem gesamten etwa einjährigen Zeitraum der Verhandlungen über die Gesetzesnovelle ändert sich die Situation – das gesellschaftliche Klima, die Einstellung der Medien. Zudem ändert sich auch vieles im Ausland und im Zusammenhang mit den Änderungsvorschlägen ändert sich auch die Gesetzesnovelle selbst.“

Das Antiraucher-Gesetz, wie die Vorlage inoffiziell bezeichnet wird, teilt die tschechischen Gesetzgeber im Prinzip in zwei Lager. Daraus könne man jedoch kein politisches Kapital schlagen, da der Riss durch alle Parteien gehe, so Šťastný:

„Uneinigkeit herrscht nicht nur in der bürgerdemokratischen Fraktion, sondern auch quer durch das gesamte politische Spektrum. Und zwar in der Frage, die für die Medien am interessantesten ist und die in der Öffentlichkeit am häufigsten diskutiert wird – in der Frage der Regulierung des Rauchens in Gastwirtschaften. Hier ist eine einheitliche Abstimmung nicht zu erwarten. Es geht auch nicht um einen politischen Entscheidungsprozess. Hierzu vertritt im Prinzip jeder Abgeordnete seine persönliche Meinung.“

Die Befürworter und die Gegner des Rauchverbots vertreten unterschiedliche Positionen in der Frage, inwieweit der Staat in das Privateigentum eingreifen und hier die unternehmerische Tätigkeit regulieren darf. Und zwar in dem Fall, wenn das Privateigentum zugleich eine öffentliche Dienstleistungseinrichtung ist.

Ausgerechnet die stärkste Regierungspartei, die Demokratische Bürgerpartei (ODS), ist dadurch bekannt, dass sie an eine der vordersten Positionen ihrer Werteskala das Individuum stellt und das möglichst geringe Maß an staatlichen Regulierungen akzentuiert. Mit dem Rauchverbot geschehe aber das Gegenteil, behaupten die Rauchverbotsgegner auch innerhalb der Partei. ODS-Mitglied Boris Stastny aber verteidigt seine Position und die des gesamten gesundheitspolitischen Ausschusses:

„Ich behaupte, eine derartige Regulierung ist berechtigt. In mancherlei Hinsicht kommt sie auch zur Geltung. Es geht hierbei ja um eine Regulierung, die das menschliche Leben schützt. Nicht zuletzt ist dieser Schutz auch in der Verfassung verankert.“

Der Verfechter des Rauchverbots verweist zum Beispiel auch auf die Pflichtimpfungen oder die Einführung von Autokatalysatoren als Beispiele staatlicher Eingriffe zugunsten der ganzen Gesellschaft. „Verdächtigt“ werden er und Gleichgesinnte, dass sie an erster Stelle nicht so sehr altruistisch, sondern ökonomisch denken: Mit dem Rauchverbot sinke die Zahl der Menschen, die an Folgen des Rauchens erkranken, und damit könnten auch die Kosten für ihre Behandlung in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen sinken.

Die Leiterin der „Tschechischen Koalition gegen den Tabak“, Kateřina Langerová, macht auf einen Faktor aufmerksam, den man nicht unterschätzen darf - die mächtige Lobby der Tabakindustrie:

„Es besteht kein Grund zu glauben, dass ein wirtschaftlich so starker Industriezweig keinen politischen Einfluss hat. Schließlich waren wir in der Vergangenheit Zeugen wiederholter Bemühungen, verschiedene Maßnahmen gegen das Rauchen zu behindern. Trotzdem glaube ich, dass es bis zum absoluten Rauchverbot nicht mehr lange dauern kann.“

Es heißt also abwarten, bis es so weit ist. Ob über das kontroverse Gesetz schon auf der nächsten Plenartagung des Abgeordnetenhauses entschieden wird, steht im Moment noch in den Sternen.