Temelin: Fagan verlängert Ultimatum zur Dokumentation um 30 Tage

Rechtsanwalt Edward Fagan

Rund zwei Monate nach der tschechisch-österreichischen Vereinbarung von Melk, bei der sich beide Seiten auf neuerliche Expertisen zur Sicherheit und Umweltverträglichkeit des Atomkraftwerks Temelin geeignigt hatten, engagierten die Temelin-Gegner aus Österreich, Bayern und Tschechien den amerikanischen Rechtsanwalt Edward Fagan, um in dieser Angelegenheit neuen Druck zu entfachen. Denn mit der Aufklärungsarbeit der vor und nach Melk bereits tätigen tschechisch-österreichischen Expertenkommissionen sei man nicht zufrieden, hieß es. Am Dienstag weilte Ed Fagan nun erstmals vor Ort in der Anlage des umstrittenen Meilers. Lothar Martin berichtet.

Der Besuch des populären Rechtsanwalts löste zunächst einmal ein größeres Medieninteresse aus und erhöhte damit auch den Druck auf die Betreiber von Temelin, die tschechische Energiegesellschaft CEZ, sich der Brisanz der Problematik aktiver zu stellen. Das sei auch einer der Gründe dafür gewesen, Rechtsanwalt Fagan zu engagieren, sagte uns das in Temelin anwesende Mitglied der Bayerischen Plattform gegen Atomgefahr, Bernd-Rüdiger Scheibner: Womit die Gegner von Temelin allerdings nicht gerechnet hatten, war die Tatsache, dass die Betreiber des AKW´s, Rechtsanwalt Fagan tatsächlich den Zutritt zur Anlage und einen zweistündigen Rundgang im Werk ermöglichten. Schichtingenieur Jiri Tyc, der diesen Rundgang initiiert hatte, sagte anschließend gegenüber Radio Prag: "Der Besuch ist sehr korrekt verlaufen, Herr Fagan fragte nach verschiedenen Dingen, die den Betrieb der Anlage betreffen. Er hat die 60 Meter lange Turbine gesehen, das Kontrollzentrum, einige Schaltschränke der Firma Westinghouse und letztlich auch eines jener Dokumente, die der Geheimhaltung unterliegen. Aber er hat sich nicht geäußert."

Das tat der smarte Rechtsanwalt dann eine Stunde später auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz auf Schloss Hluboka nad Vltavou/Frauenberg. Dort lobte Fagan zwar die Courage der Temelin-Ingenieure, die ihn in das Allerheiligste des umstrittenen Meilers vorließen, doch er ließ auch keinen Zweifel daran, nicht eher Ruhe zu geben, bis alle, die Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Temelin belegenden Dokumente zur Einsicht für weitere, von den Atomkraftgegnern gestellte Experten vorliegen würden. Deshalb ließ er das an Temelin und die amerikanische Firma Westinghouse gerichtete Ultimatum um 30 Tage, bis zum 19. April verlängern. Dann werde er sich auf einer Pressekonferenz in Salzburg zu seinen weiteren Schritten in dieser Angelegenheit äußern.

Schichtingenieur Jiri Tyc, der gleichzeitig Vorsitzender der Pro-Temelin-Organisation "Südböhmische Väter" ist und der der Pressekonferenz beiwohnte, äußerte sich jedoch skeptisch zum Unterfangen von Fagan: "Es existiert so etwas wie Recht, es existiert so etwas wie ein Geschäftsgeheimnis, und das weiß Herr Fagan ganz genau. Jede Firma muss seinen Reichtum, sein Tafelsilber schützen. Wenn sie es nicht täte, hätte sie große Probleme. Es existieren zum Beispiel berechtigte Befürchtungen, dass falls die Firma Westinghouse der österreichischen Seite ihre gesamte Dokumentation über die von ihr in Temelin eingebrachte Technologie aushändigt, die Firma Siemens davon profitieren könnte. Und das lässt keine Firma zu."

Jiri Tyc, mit der Technik und Technologie von Temelin über Jahre vertraut und zu 100 Prozent von ihr überzeugt, verriet uns zudem, das über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Temelin schon mehr als 30 Studien vorliegen würden, nach denen die Anlage zu den 15 - 20 Prozent der sichersten Atomkraftwerke in der Welt eingestuft würde. Da diese Unterlagen aber nicht mehr dem neuesten Stand der Zeit entsprächen, würden sie von der österreichischen Seite gar nicht erst wahrgenommen. Das Ziel der Temelin-Gegner sei es ohnehin nicht, fundierte Auskünfte über die Sicherheit von Temelin zu erhalten, sondern den Betrieb des AKW´s um jeden Fall zu verhindern, da wirtschaftliche Interessen dahinter stehen, sagte Tyc.