„Prager Frühlingsbote“, „Europas Geschichte in einer Person“ oder „Weites Feld der Ironie: Der Schriftsteller Pavel Kohout wird 80“ – so und ähnlich titeln dieser Tage mehrere deutschsprachige Tageszeitungen anlässlich des 80. Geburtstagsjubiläums von Pavel Kohout, Dramatiker, Schriftsteller und Dichter. Gefeiert wurde allerdings hierzulande.
Pavel Kohout (Foto: ČTK)
Nicht in seiner Urheimat, wie Kohout gerne Prag bezeichnet, sondern im südmährischen Brno / Brünn wurde am Wochenende ihm zu Ehren eine große Geburtstagsfeier veranstaltet. Ihren Höhepunkt erreichte sie am Sonntag mit der Vorstellung „Hommage Kohout“ im Brünner Theater „Husa na provázku“, zusammengestellt aus Zitaten aus Kohouts literarischen Werken. Unter den Gästen waren viele Freunde des Jubilars, so auch Ex-Präsident Václav Havel. Aus den Händen des anwesenden Außenministers Karel Schwarzenberg erhielt Kohout den Preis Gratias agit, der alljährlich an Menschen und Organisationen verliehen wird, die sich in besonderer Weise um – wie es offiziell heißt - den guten Ruf der Tschechischen Republik im Ausland verdient gemacht haben.
Karel Schwarzenberg, Václav Havel, Jelena Mašínová und Pavel Kohout (v.l.n.r., Foto: ČTK)
Pavel Kohout, geboren am 20. Juli 1928 in Prag, war Ende der 40er Jahre zunächst als eifriger Befürworter des kommunistischen Regimes bekannt. Doch in den 60er Jahren wurde er zum Kritiker der herrschenden Verhältnisse in der Gesellschaft. Unvergesslich bleibt sein Auftritt auf dem Schriftstellerkongress 1967, als er einen Brief von Aleksandr Solschenizyn verlas und für einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ eintrat. Als einer der Wortführer des „Prager Frühlings“ wurde er 1969 aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und erhielt Publikationsverbot. Nach der Unterzeichnung der „Charta 77“ folgte 1979 die Ausbürgerung. 1980 erhielt Kohout die österreichische Staatsbürgerschaft und lebt bis heute in Wien. Diese – wie er sagt – „Zwangsheimat“ wurde ihm zur Wahlheimat. Seit 1989 weilt er des Öfteren auch in Tschechien, namentlich in Prag.
Pavel Kohout (Foto: ČTK)
Pavel Kohout ist nicht nur erfolgreicher Romancier – „August, August“, „Tagebuch eines Konterrevolutionärs. Ich schneie“, „Wo der Hund begraben ist“, um wenigstens einige seiner Prosawerke zu nennen. Er gilt auch als international meistgespielter tschechischer Dramatiker. 1996 stand Kohout als Mitbegründer an der Wiege des Prager Theaterfestivals deutscher Sprache, das seitdem jedes Jahr Spitzenensembles aus Deutschland, Österreich und der Schweiz präsentiert. In einem Interview mit Radio Prag sagte er vor zwei Jahren:
„Das tschechische Theater unterscheidet sich wesentlich von dem deutschen Theater. Das deutsche Theater, und da nehme ich immer wieder den Hut ab, ist absolut professionell in dem Sinne, dass wenn ein Stück zum 50. Mal gespielt wird, unterscheidet es sich nicht von der Erstaufführung. Das kann man hierzulande überhaupt nicht erleben. Dafür ist die Improvisationslust etwas, das dem tschechischen Theaters immer wieder neues Leben gibt. Beide Herangehensweisen sind hervorragend, aber so unterschiedlich, dass es gut tut, sie zu konfrontieren.“
Pavel Kohout hat 2002 Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland unter anderem auch für seine Verdienste als Brückenschläger zwischen der tschechischen und der deutschsprachigen Kultur erhalten. Auch mit 80 Jahren beschwert sich der Jubilar nicht über einen Mangel an Arbeit. In die Rente zu gehen – danach sehe es auf keinen Fall aus, sagte Kohout bei der Geburtstagsfeier in Brünn.