Todesschüsse an der einstigen tschechoslowakischen Grenze

Foto: Das tschechische Polizei-Museum

Für die Tschechoslowakei waren die Grenzen zu Österreich und zu Westdeutschland Teil des Eisernen Vorhangs, der ganz Europa in Ost und West zerschnitt. 900 Kilometer lang war diese Strecke der tschechoslowakischen Grenze. Hier an der Frontlinie der beiden Machtblöcke hat der Kalte Krieg Menschenleben gefordert. Die Behörde für Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus (UDV) hat am Mittwoch Zahlen dazu veröffentlicht. Mehr von Oliver Engelhardt:

282 Menschen sind in den Jahren 1948 bis 1990 im Todesstreifen der ehemaligen Tschechoslowakei bei Fluchtversuchen ums Leben gekommen. An die 800 Kilometer dieser Grenze waren mit Stacheldrahtzaun gesichert. In den 50er Jahren stand dieser sogar unter Hochspannung, was von den tschechoslowakischen Behörden jedoch verheimlicht wurde. Daneben gab es Minenfelder, abgerichtete Hunde, und stets schussbereite Grenzsoldaten. Martin Pulec von der Behörde für Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus (UDV) erklärt:

"Die meisten Menschen wurden an den Grenzen zwischen Februar 1948 bis Mitte der 50er Jahre erschossen. Eine überraschend große Zahl von Menschen kam zwischen 1945 und 1948 ums Leben. Damals schossen die Grenzschützer vor allem auf vertriebene Deutsche, die über die Grenze zurückkamen, etwa wegen ihres Eigentums oder um Verwandte zu besuchen, um zu schmuggeln und so weiter."

Aber auch später, nach 1948, kamen Ausländer an der Grenze ums Leben. Mindestens 21 Deutsche, 14 Österreicher, außerdem Polen, Ungarn, Jugoslawen. Bemerkenswert ist aber auch die Zahl der tschechoslowakischen Grenzsoldaten, die an der Grenze umkamen. Noch einmal Martin Pulec vom UDV:

"Wir haben Informationen, dass 648 Grenzsoldaten während ihres Dienstes ums Leben gekommen sind. Bei einer tatsächlichen so genannten Grenzverletzung, also im Fall eines bewaffneten Angriffs auf die Grenze kamen nur 12 Grenzsoldaten ums Leben. Der große Rest, also über sechshundert Menschen starben bei Minenexplosionen, bei Unfällen, begingen Selbstmord und so weiter. Ab dem Jahr 1950 waren ein Großteil der Unteroffiziere im Grenzdienst Wehrdienstpflichtige, also 18- und 19-jährige. Sie wurden natürlich einer psychischen und politischen Manipulation unterzogen. Als sie ihren Dienst antraten, waren sie also bereit und entschlossen, ihre Waffen einzusetzen und Personen, die die Grenze überschritten, zu erschießen."