An der Front des Kalten Kriegs: Widerstand gegen die Kommunisten 1948 bis 1956
Als die Kommunisten in der Tschechoslowakei die Macht ergriffen, wurden etwa 280.000 Menschen innerhalb kürzester Zeit zu Verfolgten. Einige von ihnen begannen sich gegen das Regime aufzulehnen. Der folgende Beitrag handelt von den Formen und den Personen des Widerstands und von der Reaktion des kommunistischen Staates.
„Wir hatten so eine Vorahnung und fingen an Flugblätter zu verteilen. Ich weiß nicht, wo die Flugblätter gedruckt wurden, ich glaube aber, wir erhielten sie aus Deutschland.“
Jaroslav Grünberg ist damals 17 Jahre alt. Die kommunistische Geheimpolizei SNB kommt den Jugendlichen jedoch auf die Spur und nimmt sie im Mai 1948 fest. Grünberg muss sich harten Verhören unterziehen, letztlich hat er noch Glück und wird nur zu drei Jahren Jugendlager verurteilt.
Es ist einer der Lebensläufe von den Gegnern des kommunistischen Regimes. Gerade die Mitglieder der demokratischen Parteien lehnten sich auf, wie Prokop Tomek vom Institut zum Studium totalitärer Regime berichtet:
„Der Hauptimpuls für den Widerstand kam von der Politprominenz, die damals emigrierte. Fast alle Spitzen der demokratischen Parteien, die im Machtkampf des Februar 1948 von den Kommunisten besiegt wurden, gingen vor allem in die amerikanisch besetzte Zone Deutschlands. Sie bekamen dort Asyl und begannen den Widerstand zu formieren. Zu dem Zeitpunkt dachte man noch, dass die kommunistische Macht nur von kurzer Dauer sein würde.“
Dass die Kommunisten sich nicht lange halten würden, das dachte auch Anna Honová. 1948 nimmt sie eine Stelle bei dem Unternehmer Josef Bruštík im südmährischen Uherský Brod an. Bruštík betreibt dort die Lebensmittelfirma Raciola und exportiert unter anderem Heilkräuter in die Schweiz, nach Belgien oder in die USA. Anna Honová erzählt:
„Alle waren dort gegen das Regime eingestellt. Wir dachten, dass sich alles wieder umkehren würde, dass die kommunistische Herrschaft nicht lange dauern würde. Also wurden in die Säcke auch Flugblätter gesteckt, auf denen mitgeteilt wurde, wie es um die Demokratie bei uns stand.
1950 fliegt die Untergrundtätigkeit auf. Bruštík wird zu 20 Jahren Haft verurteilt, die anderen erhalten bis zu fünf Jahren, Anna Honová muss für drei Jahre hinter Gitter.
Das Drucken und Verteilen von Flugblättern war eine häufige Form des Widerstands; teilweise wurden Informationen auch durch Kuriere über die Grenzen getragen, spioniert wurde aber ebenso. Und nicht zuletzt mussten auch gefährdete Personen und Familienmitglieder außer Landes gebracht werden. Bei all den Tätigkeiten fanden die verschiedenen Gruppen des Widerstandes aber nicht zueinander. Prokop Tomek:
„Im Jahr 1948 war alles noch sehr unübersichtlich. Die Leitung bündelte sich bei den Funktionären der einzelnen Parteien: den der Sozialdemokraten, der Volkspartei und der nationalen Sozialisten. Im Januar 1949 entstand dann der Rat der freien Tschechoslowakei, der eine Art Dachorganisation des Widerstands werden sollte. Letztlich konnte man sich aber nicht verständigen. Das Exil blieb also zersplittert, es fehlte eine Führungsperson wie Edvard Beneš während des Zweiten Weltkriegs oder wie Masaryk im Ersten Weltkrieg.“Da die Vereinigung des Exils nicht gelingt, entstehen unterschiedliche Gruppen. Auch viele Militärs, die ab Februar 1948 zu Tausenden aus der tschechoslowakischen Armee geworfen werden, schließen sich dem Widerstand an. Gerade sie sind für die westlichen Geheimdienste von Wert, die den Gegnern der Kommunisten Hilfe leisten.
Die Reaktionen des Regimes auf den Widerstand sind drastisch. Der Geheimdienst SNB beginnt seine Tätigkeit zu entfalten: Verhaftungen und Urteile mit hohen Gefängnisstrafen reichen den kommunistischen Machthabern bald nicht mehr aus. Im Herbst 1949 wird der berüchtigte Paragraf 231 des Gesetzes zum Schutz der Republik verschärft: Landesverrat kann nun sogar mit dem Tod bestraft werden. Die Prozesse sind von Anfang an ein Farce, Geständnisse werden teils unter schwerster Folter erzwungen.
Jan Haluza war eine Sportlegende und der erste Trainer des späteren Olympiasiegers Emil Zátopek. 1948 wird er verhaftet, weil er sich weigert, der kommunistischen Partei beizutreten. Man wirft ihm Kontakt zu Milada Horáková vor, die später im größten politischen Schauprozess der stalinistischen Tschechoslowakei zum Tod verurteilt wird. Haluza verweigert die Aussagen. Erst schlagen sie ihm „die Fußsohlen zu Brei“, wie er sagt, dann greifen sie zu noch härteren Methoden:
„Ich habe die Aussage weiter verweigert. Das gefiel ihnen nicht. Da haben sie in meine Schuhe metallene Kontakte gelegt und begannen mit dem Verhör. Sie drehten den Strom auf, 220 Volt jagten sie mir in die Beine. Ich habe die Schuhe aber ausgezogen und den Kontakt unterbrochen. Da grinsten sie und sagten: ´Keine Angst, dagegen haben wir ein Mittel.´ Aus dem Nebenraum brachten sie hohe Schnürstiefel, die ich anziehen musste. Dorthinein war der Kontakt bereits eingebaut. Das Verhör begann von neuem und es war grauenhaft. Wenn sie den Strom anstellten und ich saß, das ging schrecklich auf das Herz und auf das Hirn, meine Beine haben gezittert. Eine Weile ließen sie mich hinlegen. Aber dann machten sie weiter. Letztlich musste ich in den Schuhen stehen und sie stellten den Strom an. Das zog mir die Beine weg und ich bin auf der Stelle zusammengebrochen.“
Gegen einige, die wegen Landesverrats verhaftet werden, inszeniert der kommunistische Staat Schauprozesse. Anfang 1952 findet einer von diesen inszenierten Prozessen statt. Das Parteiorgan „Rudé Právo“ berichtet in typischer Propaganda-Manier:
„Am Donnerstag, dem 10. Januar, begann vor dem Senat des Staatsgerichtshofs in Prag das Hauptverfahren gegen eine achtköpfige Gruppe von Terroristen und Spionen, die von der Spionage-Agentur der amerikanischen Imperialisten geleitet wurde. Diese Agenten haben auf dem Boden der Tschechoslowakischen Republik ein Netz aufgebaut, um wichtige Informationen über die Sicherheit und die Wirtschaft des Landes zu gewinnen, um Sabotage- und Terrorakte durchzuführen.“Laut den Forschungen der Historiker kannten die acht Männer einander nicht. Fünf von ihnen werden in dem Schauprozess zum Tod verurteilt und im Februar gehenkt. Die drei Übrigen erhalten lebenslänglich.
Folgenschwer war eine weitere Reaktion des Staates: der Aufbau des Eisernen Vorhangs ab 1951. Prokop Tomek schildert die Gefährlichkeit der Grenzanlagen:
„Zäune mit bis zu 6000 Volt Hochspannung, Minen und weitere Waffen. Das richtete sich selbstverständlich nicht nur gegen die Kuriere, sondern gegen alle Bürger. An der Grenze kamen rund 300 Menschen um, unter ihnen auch Bürger der DDR, die versuchten in den Westen zu gelangen.“
Die Grenze war immer schwerer zu überwinden, ab 1956 sind fast keine illegalen Übertritte mehr dokumentiert. Zudem wurde in diesem Jahr der Aufstand in Ungarn niedergeschlagen, ohne dass der Westen eingriff. Die Hoffnung der Widerstandskämpfer auf ein rasches Ende des Kommunismus war damit praktisch begraben.
Zum Thema ist noch bis zum 3. Mai im Prager Stadtmuseum eine Ausstellung zu sehen. Die Schau mit dem Titel „An der Front des Kalten Kriegs – die Tschechoslowakei 1948-56“ ist zweisprachig auf Tschechisch und Englisch erläutert. Die Zeitzeugenberichte, die in diesem Beitrag verwendet wurden, wurden vom Verein Post bellum für das europäische Internetprojekt Paměť národa (Erinnerung des Volkes) zusammengetragen. www.pametnaroda.cz