Toll Collect in Prag: Zukunftsweisendes Mautsystem auch für Tschechien?

Auf den europäischen Straßen herrscht ein knallharter Konkurrenzkampf zwischen den Fuhrunternehmern. Die Vielfahrer unter den Spediteuren müssen daher das vorhandene Autobahn- und Schnellstraßen-Netz benutzen, um schnell und auftragsgetreu voranzukommen. Das führt zu einer Überlastung dieser Netze, vor allem dort, wo man für deren Benutzung noch nichts bzw. in Form von Vignetten noch relativ wenig zahlen muss. Zu dieser Gruppe gehört auch die Tschechische Republik, weshalb Verkehrsminister Milan Simonovsky jetzt verkünden ließ, ab 1. Januar 2007 auch hierzulande eine Mautgebühr für die Benutzung der einheimischen Autobahnen und Schnellstraßen zu erheben. Welche Technologie dafür unter Umständen in Frage kommt, dazu mehr von Lothar Martin.

Das tschechische Verkehrsministerium hat der Regierung Gross vergangene Woche die Unterlagen eines nationalen Mautsystems vorgelegt, das die Voraussetzungen dafür schaffe, dieses System ab dem 1. Januar 2006 in Tschechien einzuführen. Dennoch wolle man, so Simonovsky, das Jahr 2006 noch voll und ganz als Testjahr nutzen, um im Jahr 2007 ohne Probleme in die Mautgebührerhebung einzusteigen, und zwar zunächst begrenzt für LKWs mit einem Nettogewicht von über 12 Tonnen. Ein Jahr später, ab dem 1. Januar 2008, rechne man dann damit, die Mautgebühr auch auf alle anderen Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen zu übertragen. Soweit die groben Vorstellungen des tschechischen Verkehrsministeriums. Denn über das "Innenleben", sprich: die Technologie zur Umsetzung der Mautgebührerhebung und -kontrolle hat man in Prag noch keine so rechten Vorstellungen. Da trifft es sich gut, dass das von der Toll Collect GmbH entwickelte deutsche Mautsystem nach all dem Hickhack im vergangenen Jahr nun scheinbar doch noch den Durchbruch schafft und ab dem 1. Januar 2005 im großen Nachbarland seine Feuertaufe bestehen soll. Weshalb man diesbezüglich optimistisch sei, dazu sagte Claudia Steen von der Toll-Collect-Presseabteilung gegenüber Radio Prag:

"Wir haben das System das ganze Jahr 2004 intensiv geprüft, es sozusagen auf Herz und Nieren getestet, und zwar in einzelnen Stufen. Jedes Mal, wenn ein Test erfolgreich abgeschlossen war, hat man mit dem nächsten Test begonnen. Wir haben bis ca. Mitte des Jahres den Einsatz des automatischen Systems, also der On-Board-Units (OBU) bzw. Fahrzeuggeräte getestet, danach haben wir die zentralen Systeme getestet, und seit dem 20. September befinden wir uns in der Phase der Generalprobe. Ein unabhängiger, vereidigter Gutachter prüft dieses System und wird abschließend am 30. November ein Gesamtgutachten vorlegen, anhand dessen dann das Bundesamt für Güterverkehr am 15. Dezember entscheiden wird, ob wir starten können. Derzeit haben wir überhaupt keine Besorgnis, dass wir nicht starten können. Alle Tests sind bisher sehr gut gelaufen, es gibt keine Probleme, so dass wir sehr zuversichtlich sind, das System am 1. Januar 2005 starten zu können."

Die Firma Toll Collect hat also offenbar das Jahr 2004 genutzt, um alle Mängel im System auszumerzen und die einst verprellten Partner und Verbraucher von der Funktionalität und Praktikabilität ihres Projekts zu überzeugen. Im Gegensatz zu anderen Mautsystemen wie die in Italien, Österreich oder der Schweiz würde das satellitengestützte deutsche System den Verkehr in kaum einer Weise zum Stocken bringen, da weder Baken noch Mauthäuschen zur Erhebung und Abrechnung der Gebühr erforderlich seien, ließ Toll Collect bei seiner am Montag in Prag durchgeführten Präsentation wissen. Daher hoffe man, so Claudia Steen, mit diesem Projekt ein für Europa zukunftsweisendes Mautsystem geschaffen zu haben. Außerdem sagte sie:

"Wir sind derzeit auf einem Informationsmarathon quer durch Europa. Wir sind in mehr als 25 Staaten unterwegs, machen diese Informationstour aber auch in 71 deutschen Städten. In erster Linie geht es darum, zu informieren, dass wir am 1.1. starten werden und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um am deutschen Mautsystem teilnehmen zu können. Wir erläutern des weiteren die gesamte Technik ebenso wie die Bedingungen für die Speditionen. Und was den Aspekt des Exports dieses Systems betrifft, darüber wollen wir uns erst nach dem 1. Januar 2005 unterhalten, wenn wir hoffentlich erfolgreich gestartet sind."

Die Einführung des Mautsystems in Deutschland wird demnach auch mit Spannung in der Tschechischen Republik erwartet. Denn wenn es sich als stabil und zeitsparend erweist, könnte es ohne weiteres ab dem Jahr 2007 auch auf den tschechischen Autobahnen und Schnellstraßen zur Anwendung kommen.