Top Ten der besten Filme zum zehnten Geburtstag des Filmfests

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Das Filmfest, das heißt das Festival deutschsprachiger Filme in Tschechien, feiert in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag. Zum Jubiläum erhalten die Besucher natürlich: ein besonders reichhaltiges Paket an Filmen. Die Schau des deutschsprachigen Kinos beginnt am kommenden Mittwoch in Prag, anschließend zieht sie auch nach Pilsen und Brno / Brünn weiter.

Tomáš Fridrich  (Foto: Archiv des Goethe-Instituts)
Das Festival deutschsprachiger Filme gehört schon seit zehn Jahren zum Kultur-Angebot in Tschechien. Im Jubiläumsjahr wird es erstmals auch in Plzeň / Pilsen stattfinden. Im Mittelpunkt stehen nach wie vor Streifen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das zehnjährige Bestehen ist durchaus ein Grund zu feiern. Das war den Organisatoren, also dem Goethe-Institut in Prag, dem Österreichischen Kulturforum Prag und der Schweizer Botschaft, bewusst. Tomáš Fridrich vom Prager Goethe-Institut:

„Ja, wir bringen etwas Spezielles. Aber wir wollen nicht extensiv feiern, eine ausufernde Party machen, wir wollen den Anlass eher klein und intim begehen. Als wir überlegt haben, was wir veranstalten können, haben wir festgestellt, dass es eine Reihe von Filmen und Regisseuren gibt, die eigentlich jeder kennt, die man aber nicht oder nur sehr selten in den Kinos sehen kann. Darum haben wir die Sektion Top 10 zusammengestellt. Dort zeigen wir die zehn besten, interessantesten, bedeutendsten deutschsprachigen und in deutscher Sprache drehenden Regisseure.“

„M – Eine Stadt sucht einen Mörder“
Ein bisschen übertrieben kann man sagen, dass es damit auch eine kurze Geschichte des deutschsprachigen Films ist. Der älteste Film ist Nosferatu, der 1921 gedreht wurde, und der neueste stammt von 2014. Zu den bedeutendsten und revolutionärsten deutschsprachigen Filmen, die die Entwicklung der Weltkinematographie beeinflusst haben, gehören laut den Veranstaltern Schätze wie „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, also der erste deutsche Tonfilm von 1931, oder „Im Lauf der Zeit“ von Wim Wenders. Außerdem ausgewählt wurden etwa „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog, „Höhenfeuer“ von Fredi M. Murer, „Funny Games“ von Michael Haneke und „Gegen die Wand“ von Fatih Akin. Das Hauptanliegen des Festivals ist aber, die neuesten Kinoproduktionen zu zeigen, betont Fridrich:

„The Cut“  (Foto: Archiv The Match Factory)
„Wir haben zwei Sektionen mit Spielfilmen vorbereitet. Das hat bereits eine gewisse Tradition. Die erste Sektion heißt ‚Filmfest Spezial‘, dort zeigen wir die derzeit bedeutendsten deutschsprachigen Filme, die bei Festivals und in den Kinos gelaufen sind.“

Zum Beispiel „The Cut“, der neueste Film von Fatih Akin, er wird in tschechischer Premiere aufgeführt. Außerdem „Kafkas Der Bau“ von Jochen Alexander Freydank oder „Der letzte Sommer der Reichen“ von Peter Kern. Bei „Filmfest Spezial“ liegt der Fokus auf den thematischen und ästhetischen Tendenzen im deutschsprachigen Kinoschaffen, es werden sowohl große Produktionen als auch Independent-Filme gezeigt. Die zweite, thematische Sektion trägt den vielsagenden Namen „Terra incognita“.

‚Als wir träumten
„Terra incognita verstehen wir aber nicht geographisch, sondern im Sinne von Lebenslagen. Also Situationen, in denen man sich neuen Herausforderungen im Leben stellen muss. Es sind Umstände, die nicht ganz angenehm sind, aber eine Lösung erfordern. Dabei kann es zum Beispiel um die Freiheit gehen, wie beim Eröffnungsfilm ‚Als wir träumten‘. Jugendliche aus Leipzig erleben nach der Wende von 1989 und zum Ende der DDR eine ganz neue Welt. Oder umgekehrt, im Film ‚Freistatt‘, wo der junge, vierzehnjährige Darsteller Wolfgang in den 1960er Jahren in eine Jugendanstalt gesteckt wird. Er muss nicht, aber er will gegen das System kämpfen, obwohl er dafür unter Umständen einen relativ hohen Preis bezahlen muss.“

Für die zehnte Auflage des Filmfestivals haben die Veranstalter aber auch eine spezielle Aufführung im Gepäck. Tomáš Fridrich vom Goethe-Institut:

‚Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens‘
„Das ist der Film ‚Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens‘. Der Film wird im Kino Ponrepo gezeigt. Die Musik dazu hat Jan Rybář, ein Komponist und Pianist, komponiert. Normalerweise wird der Film in Begleitung eines kleinen Orchesters oder elektronischer Musik aufgeführt. Jan Rybář hat sich jedoch entschlossen, es relativ groß zu machen: Er hat ein Orchester eingeladen, das ‚Ensemble Prague Modern‘, also ungefähr fünfzehn Musiker, und daneben noch den Frauenchor Bubureza. Im Kino vor der Leinwand werden sich also viele Menschen tummeln, das dürfte interessant werden.“

Dass die Zuschauer gute Unterhaltung erwartet, hofft auch der Komponist Jan Rybář:

‚Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens‘
„Wir begleiten zwei Projektionen des Filmklassikers ‚Nosferatu‘ mit Live-Musik. Wir werden während der gesamten Filmaufführung spielen, so wie es auch einst gemacht wurde. Nur die Musik ist neu.“

Wie kommt aber ein zeitgenössischer Komponist dazu, neue Musik zu einem weltbekannten Stummfilm von Friedrich Wilhelm Murnau zu schreiben?

„‚Nosferatu‘ ist ein Klassiker. Es gehört zur Allgemeinbildung, diesen Film zu kennen. Ich habe mir einmal als Sammler eine Acht-Millimeter-Kopie dieses Streifens aus den USA besorgt. Dann habe ich zu Hause versucht, ihn auf Klavier zu begleiten, also dazu zu improvisieren. Das hat mir so sehr gefallen, dass ich mich entschieden habe, eine eigene Musik zu dem Film zu komponieren. Ich habe auch einen Frauenchor einbezogen, weil ich einen solchen Chor mitleite. Ich glaube, dass die Stimmen des Frauenchors das Orchester zum Film gut ergänzen.“

Jan Rybář  (Foto: Archiv von Jan Rybář)
Jan Rybářs Musik ist selbstverständlich nicht die erste, die es zu „Nosferatu“ gibt.

„Es existiert sogar eine Original-Orchestermusik zum Film, die ich gehört habe. Es war interessant, weil es eine zeitgemäße, fast 100 Jahre alte Musik ist. Ich kann nicht sagen, dass ich mich direkt inspirieren ließ, aber es war interessant, sie zu hören und die Aufgabe anders umzusetzen.“

Soweit der Komponist. Die Sahnehaube jedes Festivals sind die Gäste. Auch diesmal werden in Prag einige Filmregisseure und Schauspieler erwartet:



Jochen Alexander Freydank  (Foto: Archiv WarsawFilmFestival)
„Es kommen eine ganze Menge Gäste. Ich bin froh, dass wir zum Eröffnungsfilm die beiden Hauptdarsteller in Prag begrüßen dürfen, und zwar Julius Nitschkoff und Merlin Rose. Sie sind zukünftige deutsche Stars, würde ich sagen. Dann kommt zum Beispiel der Regisseur des Films ‚Kafkas Der Bau‘, Jochen Alexander Freydank. Er wurde 2008 für mit dem Oscar für den besten Kurzfilm ausgezeichnet. Sein Kafka-Film wurde schon bei vielen Festivals in Deutschland gezeigt.“

Bleibt zu ergänzen, dass auch „Die Doku“, eine inzwischen schon etablierte Sektion, beim Filmfest nicht fehlen wird. Sowie die Sektion „300 Shorts“, bei der Kurzfilme präsentiert werden. Das Filmfest startet am kommenden Mittwoch:

„Wir beginnen am 21. Oktober in Prag. In Prag sind wir bis 25. Oktober. Dann geht das Festival nach Pilsen, das ist ganz neu, wir sind dort bis zum 27. Oktober. Und vom 28. Oktober bis 1. November sind wir in Brünn. Wir zeigen ungefähr 25 Filme und drei Kurzfilmblöcke.“