Topolánek-Äußerungen sorgen für Skandal – Paroubek spielt antideutsche Karte
Es war ein Sonntag, an dem der Parteichef der ODS, Mirek Topolánek, ins Schwitzen gekommen sein dürfte. Nicht etwa, weil er sich dem Schwulenmagazin Lui für ein Interview inklusive Foto-Session zur Verfügung gestellt hat. Sondern weil genau bei dieser Gelegenheit eine inoffizielle Videoaufnahme mit verfänglichen Äußerungen des Ex-Premiers an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Über den neuen Topolánek-Skandal sprach Jitka Mládková mit Christian Rühmkorf.
Christian, Premier Fischer hat auf der Webseite der Regierung angekündigt, die Kommunikation mit dem Bürgerdemokraten Chef Mirek Topolánek nur noch auf das Nötigste zu beschränken. Was ist Topolánek da wieder unkontrolliert herausgerutscht?
„Jude und Schwuler, das sind die Reizworte dieser Äußerungen. Das Ganze im Kontext mit Premier Fischer und – wieder einmal – mit Verkehrsminister Slamečka, den ja schon ein Gewerkschaftsboss vor drei Wochen als homosexuell bezeichnet hatte. Wie Du schon gesagt hast: Das Ganze hat sich abgespielt während eines Pressetermins mit dem
Schwulenmagazin Lui. Topolánek sollte fünf Eigenschaftswörter nennen, die seiner Meinung nach auf Schwule passen. Der ODS-Chef wollte sich auf solch eine Vereinfachung nicht einlassen, hat das mehrmals abgelehnt. Aber dann kam eben doch etwas hinterher: „Gustav Slamečka, wenn es echt eng wird, dann habe ich das Gefühl, dass er als Minister ausweicht, dass er umkippt. Und der Fischer, der ist einfach Jude, kein Schwuler, der weicht noch früher aus.“ Das sind die Worte, die am meisten zitiert wurden in den Zeitungen. Es kam aber noch ein Satz hinterher, der sich – etwas missverständlich – auf Slamečka rückbezog: „Das hängt nicht damit zusammen, dass er schwul ist, das hängt mit seinem Charakter zusammen, nicht damit, dass er schwul ist.“ Soweit Topolanek.Die Videoaufnahme mit diesen Äußerungen wurde dem Boulevard-Blatt Blesk zugespielt. Wie reagierten die mediale und die politische Öffentlichkeit?
„Mit einem Donnerwetter. Alle Medien haben sich auf die Reizworte gestürzt und die angehängte Erklärung von Topolanek ist oft genug unter den Tisch gefallen. Was nichts daran ändert, dass solch unüberlegte Äußerungen aus dem Munde eines Spitzenpolitikers völlig dilettantisch sind. Und die Politik? Premier Fischer bezeichnete Topoláneks Worte als ´verletzend, dumm und abwegig´ und will den Kontakt mit dem Chef der Bürgerdemokraten nur noch auf das absolut Notwendige beschränken. Topoláneks eigene Partei, die sich natürlich mitten im Wahlkampf
befindet, ist in Aufruhr. Der Parteichef verpasse der ODS den Dolchstoß - das ist wohl der Tenor der meisten Kommentare aus den eigenen Reihen. Die Frage ist, ob das Topolánek den Kopf kosten wird so kurz vor den Wahlen. Langfristig sicherlich.“Und die politische Konkurrenz? Ein gefundenes Fressen für die Sozialdemokraten?
„Auf alle Fälle. Denn Topolánek hat sich auch noch über die Kirche und die Tschechen allgemein abwertend geäußert. Die Tschechen seien voller Neid, ängstlich und machten sich leicht in die Hose. Für alle diese Kamikaze-Äußerungen hat sich Topolánek auf offiziellem und inoffiziellem Weg entschuldigt. Ja und die Reaktion der Sozialdemokraten? Ganz offiziell auf der Webseite der ČSSD schreibt Parteichef Paroubek: Solche Worte über die Tschechen hätte Reichprotektor Heydrich abgelassen. So etwas würde er – Paroubek – eher von Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft erwarten. In dieser Pressemeldung zeigt sich wieder dieser antideutsche Reflex, der immer dann als Karte ausgespielt wird, wenn man Punkte sammeln will. Das funktioniert vor allem im Wahlkampf.“