Trommeln gegen Schweigen der Mehrheit

Ausstellung „Fußball im Jahrhundert der Fouls“ (Foto: Martina Schneibergová)

Die Ausstellung „Fußball im Jahrhundert der Fouls“ wurde anlässlich eines Shoah-Gedenkens im Bahnhof Bubny eröffnet.

Ausstellung „Fußball im Jahrhundert der Fouls“  (Foto: Martina Schneibergová)
Vom Bahnhof Bubny wurden im Zweiten Weltkrieg rund 50.000 jüdische Bewohner Prags in die Konzentrationslager deportiert. An den Beginn der Transporte wurde am Dienstag vor dem Bahnhofsgebäude mit einer Trommelaktion erinnert. Außerdem wurde in Bubny eine Ausstellung mit dem Titel „Fußball im Jahrhundert der Fouls“ eröffnet.

Das Trommeln war schon aus der Ferne zu hören. Vor dem Bahnhofsgebäude in Bubny versammelten sich am Dienstagsnachmittag mehrere Hundert Menschen. Sie alle hielten bunt bemalte Trommeln in den Armen, auf die sie mit den Fingern einschlugen. Den Rhythmus gab eine Gruppe von Trommlern auf dem Podium vor. Das Happening mit dem Titel „Bubnování pro Bubny“ – zu Deutsch etwa „Trommeln für Bubny“ erinnert an den 16. Oktober 1941. An diesem Tag verließ der erste Zug mit Prager Juden den Bahnhof. Rund 50.000 jüdische Bürger wurden in die Konzentrationslager gebracht. Sie wurden verschleppt, und die schweigende Mehrheit sah zu. Das Motto der Trommelaktion, die seit einigen Jahren in Bubny veranstaltet wird, lautet daher das Schweigen der Mehrheit zu durchbrechen.

Pavel Štingl  (Foto: Martina Schneibergová)
Dieses Mal machen die Veranstalter auch auf den Rassenhass in den Fußballstadien aufmerksam. In der Bahnhofshalle wurde dazu eine Ausstellung eröffnet mit dem Titel „Fußball im Jahrhundert der Fouls“. Diese zeigt unter anderem Fotos von Fußballspielern in den Stadien von Prag während der deutschen Besetzung. Diese mussten damals den Hitlergruß zeigen. Pavel Štingl ist Dokumentarfilmregisseur und Initiator der künftigen Umwandlung des Bahnhofs in eine Shoah-Gedenkstätte. Bei der Eröffnung der Schau sagte er:

„Ich möchte herausfinden, was sich in Prag verändert hat, nachdem 50.000 Juden in KZs verschleppt wurden. Nur 5000 von ihnen sind zurückgekehrt. Nach dem Krieg haben dann die Prager Deutschen die Stadt verlassen müssen. Mich interessiert, wie sich die heutige Generation damit auseinandersetzt. Ich stelle mir die Frage, wie es möglich ist, dass heute jemand in einem Fußballstadion solche Gesten macht, wie sie auf den Fotos in der Ausstellung zu sehen sind. Während der nationalsozialistischen Besatzung mussten alle Fußballspiele mit dem Hitlergruß beginnen. In der Ausstellung erinnern wir zudem an das Schicksal einiger jüdischer Fußballspieler, die diesen Bahnhof passiert haben. Es gab auch deutsche Fußballer, die irgendwo verschwunden sind.“

„Trommeln für Bubny“: Außenminister Tomáš Petříček und deutscher Botschafter Christoph Israng  (Foto: Martina Schneibergová)
Pavel Štingl denkt, dass das Thema für Schüler interessant sein dürfte. Die Veranstalter arbeiten inzwischen mit einem Gymnasium an dem Projekt zusammen. Auch beim anschließenden Happening wurde vor Rassismus und Antisemitismus in Fußballstadien gewarnt. Unter den Teilnehmern waren Vertreter jüdischer Organisationen, Diplomaten sowie Politiker. Senator Jiří Růžička von der Partei Top 09 erinnerte an die Fotos von Fußballspielen aus der Kriegszeit in der Ausstellung.

„In ein paar Wochen wird das Derby Sparta gegen Slavia ausgetragen. Ich bin ein passionierter Slavia-Fan und bin immer empört darüber, wie die Anhänger des Gegners ,Jude Slavie‘ rufen können. Es beleidigt mich als Menschen, dass jemand in einem Land, das jahrzehntelang unter totalitären Regimes gelitten hat, so etwas schreien kann. Ich bin davon überzeugt, dass darüber in der Familie gesprochen werden sollte.“

Und auch in den Schulen müsste darüber geredet werden, wie Růžička ergänzte.

Die Ausstellung „Fußball im Jahrhundert der Fouls“ ist im Bahnhof Bubny noch bis Frühjahr 2019 zu sehen.