Trotz Rekorddefizit: Tschechien im EU-Vergleich relativ wenig verschuldet
Für dieses Jahr dürften die tschechischen Staatsfinanzen mit einem Rekorddefizit enden. Und auch für 2021 ist eine hohe Schuldenaufnahme geplant. Dennoch gehört Tschechien zu den Ländern innerhalb der EU mit dem geringsten Gesamtschuldenstand. Darüber berichtete das Nachrichtenportal idnes.cz.
Laut den Oktober-Prognosen der Europäischen Kommission dürften die Schulden hierzulande zu Ende dieses Jahres bei 39,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen. Das ist das viertbeste Ergebnis aller Mitgliedstaaten, besser sind nur Estland (18,2 Prozent), Bulgarien (25,4 Prozent) und Luxemburg (27,3 Prozent). Deutschland (71,1 Prozent) und Österreich (84 Prozent) liegen hingegen im Mittelfeld. Am anderen Ende befinden sich wiederum Portugal, Italien sowie Griechenland, dessen Verbindlichkeiten bereits das Doppelte der Wirtschaftsleistung betragen (201,4 Prozent).
Wie der Wirtschaftsanalytiker Lukáš Kovanda von der Trinity Bank gegenüber idnes.cz sagte, ist auch das Verschuldungstempo in Tschechien langsamer als im EU-Durchschnitt: „Während des Höhepunkts der Corona-Krise in der ersten Jahreshälfte hatten Belgien, Spanien, Frankreich, Italien und die Slowakei die höchsten Zuwachsraten bei der Neuverschuldung.“ Diese seien teilweise zweistellig gewesen, so Kovanda.
Auch bei der tschechischen Nationalbank sieht man bisher keine grundlegenden Probleme in der Höhe der geplanten Haushaltsdefizite. Aleš Michl ist Mitglied des sogenannten Bankenrates der Nationalbank und sagt, wichtig sei die Finanzierungsart des Defizits. „Derzeit liegt die Nachfrage nach tschechischen Staatsanleihen vier Mal höher als das Angebot. Wenn die Wirtschaft irgendwann zu Wachstumszahlen zurückkehrt, dann muss der Haushalt wieder so ausgeglichen werden, wie das in den vergangenen drei Jahren der Fall gewesen ist.“
Für dieses Jahr plant Tschechien mit einem Haushaltsdefizit von 500 Milliarden Kronen (18,5 Milliarden Euro), für 2021 ist derzeit ein Minus von 320 Milliarden Kronen (11,9 Milliarden Euro) anvisiert. Kritiker unter anderem aus den Reihen der Opposition befürchten jedoch, dass es nächstes Jahr zu einer deutlich höheren Schuldenaufnahme kommen könnte.