Rechnungshof bemängelt Katastrophenschutz in Tschechien, Innenminister weist Vorwürfe zurück

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Der Jahresbericht des Obersten Rechnungshofs ist eindeutig in seinem Urteil: Tschechien ist nicht ausreichend vorbereitet auf den Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall. Doch das Innenministerium weist die Kritik in großen Teilen zurück.

Auch in Tschechien hat der Oberste Rechnungshof (Nejvyšší kontrolní úřad) die Aufgabe, den Vertretern von Staat und Regierung genau auf die Finger zu schauen. Es geht immer darum, ob Gelder effizient verwendet wurden. Im Bericht für das vergangene Jahr hat die Behörde unter anderem die Ausgaben für den Katastrophenschutz unter die Lupe genommen. Dazu fragten die Kontrolleure auch rund 50.000 Schüler weiterführender Schulen, ob sie wüssten, wo sie im Notfall einen Schutzbunker oder ähnliche sichere Orte finden.

Miloslav Kala | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

„Das Ergebnis hat uns erstaunt und vielleicht auch erstarren lassen, weil 80 Prozent der Befragten keinerlei Informationen hatten über die Lage von Schutzräumen. Und etwa die Hälfte wusste nicht, wie sie sich beispielsweise im Fall eines Chemieunfalles verhalten soll. Der Staat hat dabei große Summen investiert, jedoch bestehen nur für drei Prozent der Bevölkerung auch Schutzräume“, so Miloslav Kala, Vorsitzender des Rechnungshofs, in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Beim Innenministerium stimmt man jedoch mit gewissen Schlussfolgerungen des Rechnungshofes nicht überein. So sagte Ressortleiter Vít Rakušan (Stan):

Vít Rakušan | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Einige konkrete Angaben in dem Jahresbericht sind irreführend – zum Beispiel dass die Schutzräume hierzulande nur für insgesamt drei Prozent der Bevölkerung ausreichen würden. Denn tatsächlich sind es 13 Prozent. Aber auch der Vorwurf, dass das Warnsystem mangelhaft sei, ist falsch. Derzeit erreicht das Warnsystem etwa 80 Prozent der Menschen in Tschechien. Und unser Katastrophenschutz gehört zu den robustesten innerhalb der Europäischen Union.“

Eingebunden in den Schutz ist auch die tschechische Berufsfeuerwehr, geleitet von Generaldirektor Vladimír Vlček. Er weist vor allem darauf hin, dass sich die Definition von Schutzräumen mittlerweile geändert habe:

„Heutzutage wird die Form improvisierter Schutzräume bevorzugt. Dazu reichen Kellerräume in normalen Gebäuden. Diese müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, die wir nun neu konzipieren. Dass wir aber allgemein nicht vorbereitet wären auf den Katastrophenfall, stimmt sicher nicht.“

Vladimír Vlček | Foto: HZS Moravskoslezského kraje

Dem Obersten Rechnungshof kommt es in seinem Jahresbericht aber wohl gerade darauf an, wie und ob die nötigen Informationen an die Menschen hierzulande auch wirklich vermittelt werden. In den Jahren 2015 bis 2021 wurden laut den Berechnungen der Behörde insgesamt 720 Millionen Kronen (28,5 Millionen Euro) in das Katastrophenschutzkonzept investiert.

„Zum System für den Schutz der Bevölkerung gehört eine ganze Reihe an Bereichen. Ein Teil sind zum Beispiel auch Analysen. Doch die Gelder sollten ebenfalls in den Aufbau einer Website fließen, die die Bewohner des Landes darüber aufklärt, wie sie sich verhalten, was sie etwa im Ernstfall zusammenpacken und wohin sie sich begeben sollen“, erläutert Miloslav Kala.

Eine solche Website gibt es bisher noch nicht. Laut dem Innenministerium wird noch an ihrer Erstellung gearbeitet.

Ganz allgemein kritisiert der Oberste Rechnungshof, dass Tschechien auf Krisenlagen nicht angemessen vorbereitet sei. So heißt es weiter in dem Jahresbericht, dass die verantwortlichen Institutionen auch nicht ausreichend Lehren gezogen hätten aus der Corona-Pandemie. Formale Änderungen habe es zwar gegeben, doch diese seien nicht praxistauglich, so der Vorwurf.

Autoren: Till Janzer , Kryštof Šimek | Quelle: ČTK
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