Trucker unter Druck – tschechische Spediteure gegen Zwang zu West-Löhnen

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Erstmals hat ein tschechischer Lkw-Fahrer eine Strafe zahlen müssen wegen der Mindestlohnregelung in einem anderen EU-Land, konkret in Frankreich. Die tschechischen Spediteure haben mittlerweile Angst um die Zukunft ihrer Branche.

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Wer seinen Lkw beispielsweise aus Tschechien nach Frankreich steuert, bekommt es mit dem sogenannten Loi Macron zu tun. So heißt die dortige Mindestlohnregelung, sie ist seit Anfang Juli in Kraft. Was dies bedeutet, hat nun ein Lkw-Fahrer des Transportunternehmens ČSAD aus dem südmährischen Uherské Hradiště / Ungarisch Hradisch erfahren. Laut einem Bericht des Nachrichtenportals idnes.cz stoppte die Polizei den Mann in Nordfrankreich. Da er nicht nachweisen konnte, mindestens den französischen Mindestlohn zu erhalten, zahlte er 135 Euro Bußgeld. Sein Arbeitgeber kam anschließend dafür auf.

Auch der tschechische Branchenverband Česmad ist über den Fall informiert. Jan Medveď ist dort stellvertretender Generalsekretär:

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„Bereits seit langem vertritt Česmad dazu eine eindeutige Meinung: Die EU-Entsenderichtlinie, die sich auch hinter dem französischen Loi Macron verbirgt, sollte nicht und lässt sich auch nicht auf höchst mobile Professionen anwenden, wie dies typischerweise Fernfahrer sind.“

Der französische Brutto-Mindestlohn liegt bei etwa 9,60 Euro pro Stunde, für Trucker in Tschechien starten die Löhne bei nur einem Viertel davon.

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Auch gegen die deutsche Mindestlohnregelung für Ausländer richtet sich der Protest aus Tschechien. Doch die hat Berlin derzeit auf Eis gelegt, weil die Europäische Kommission sie prüft. Paris hingegen setzt die Vorschriften knallhart um, obwohl dasselbe Verfahren auch gegen Frankreich läuft. Außerdem planen zu Beginn kommenden Jahres weitere Staaten entsprechende Mindestlohnvorschriften, die sich ebenso auf Lkw-Fahrer aus dem Ausland beziehen. Laut Česmad sind dies Österreich, die Niederlande und Belgien. Und Italien hat diese noch für dieses Jahr angekündigt. Mit diesen Regelungen wollen die Staaten ihre eigenen Unternehmer vor Billiganbietern aus Mittel- und Osteuropa schützen.

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Jan Medveď mag sich jedoch nicht ausmalen, was dies für die tschechischen Spediteure bedeuten wird, die sich Westlöhne ja gar nicht leisten können. Aber er argumentiert aus Sicht der Branche in ganz Europa.

„Für alle Transportunternehmen in der EU wird dies einen unglaublichen Verwaltungsaufwand bedeuten, und damit steigen auch die Kosten. Falls die genannten vier Länder genauso wie Frankreich vorgehen, müssen dann für jeden Fahrer die Arbeitszeiten und der entsprechende Lohn in jedem einzelnen der Länder erfasst und abgerechnet werden. Dazu kommt, dass die Arbeitszeiten in den EU-Ländern unterschiedlich geregelt sind. Frankreich fordert sogar, den Fahrern auch alle anderen Vorteile aus den Tarifverträgen zukommen zu lassen. Wenn dieses Vorgehen Schule macht, wird die europäische Straßenbeförderung im Papierkram ertrinken.“

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Für den nun betroffenen Beförderer ČSAD Uherské Hradiště sieht Jan Medveď derzeit vor allem den Rechtsweg. Das könne allerdings lange dauern, falls der Fall von den niederen Instanzen in Frankreich hoch gehe bis zum Europäischen Gerichtshof, so der stellvertretende Generalsekretär. Česmad selbst verhandelt bereits mit Vertretern aus Frankreich und der Europäischen Kommission. In Brüssel herrscht aber bisher keine eindeutige Meinung:

„Von Seite der Kommissarin für Beschäftigung und Soziales, Marianne Thyssen, gibt es bisher kein großes Einlenken. Doch die Generaldirektion Mobilität und Verkehr hat sich laut Verkehrskommissarin Violeta Bulc recht eindeutig geäußert, es sei höchst angebracht, dass die Straßenbeförderung angesichts der hohen Mobilität der Fahrer von der Entsenderichtlinie ausgeklammert wird.“

Auch die tschechische Regierung setzt sich für Änderungen in der Entsenderichtlinie ein. Prag hat im Juni zehn weitere Staaten dazu gebracht, einen dementsprechenden Brief nach Brüssel zu schicken.

Autor: Till Janzer
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