Tschechien erstmals seit Ära Lendl im Finale des Tennis-Davis-Cups

Tomáš Berdych und Radek Štěpánek, foto: ČTK

Am vergangenen Wochenende haben sich die tschechischen Tennisspieler für das Finale im Davis Cup qualifiziert. Seit der Ära des großen Ivan Lendl war das nicht mehr gelungen. Dabei musste Tschechien um den Einzug ins Finale auswärts kämpfen: in Kroatien, genauer im Badeort Poreč.

Radek Štěpánek und Tomáš Berdych,  foto: ČTK
Kroatien, das ist sozusagen der „Tschechen-Grill“, hier verbringen jedes Jahr mehrere Hunderttausend Böhmen und Mähren ihren Strandurlaub. Doch mehr als nur Badefreuden war an diesem Wochenende im kroatischen Adria-Städtchen Poreč für die Tschechen drin. Anfang des Jahres hätte das kaum jemand vermutet. Tschechien galt mit Sicherheit nicht als Favorit für den Einzug ins Finale des Davis Cups. Dann schlug man aber auf dem Weg ins Halbfinale Gegner wie Frankreich und Argentinien, die als stärker galten. Ein Sieg in Poreč gegen Kroatien war danach nicht mehr so unwahrscheinlich. Auf welche Weise der Sieg jedoch gelang, das lässt beinahe den Atem stocken.

Radek Štěpánek,  foto: ČTK
Gleich das erste Spiel am Freitag wurde zum Höhepunkt an Dramatik. Radek Štěpánek gegen Ivo Karlović - in sich ruhende Erfahrung auf tschechischer Seite gegen das Aufschlag-Ungeheuer aus Kroatien. Im Vorfeld hatte der 30-jährige Štěpánek gesagt, er werde sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Doch dann ging jeder der insgesamt fünf Sätze in den Tie-Break, keinem Spieler gelang auch nur ein einziges Break. Radek Štěpánek verlor seine Geduld aber nicht:

„Ich habe mich bemüht, Punkt um Punkt zu sammeln und nicht darüber nachzudenken, als es nach ungefähr fünfeinhalb Stunden Matchball gegen mich gab. Ich habe einfach den nächsten Punkt gemacht. Das hat sich ausgezahlt. Ich habe meine Krise überwunden, weil ich mental stark war. Das war meiner Meinung nach entscheidend.“

Erst im 30. Spiel des Tiebreaks machte Ivo Karlović den entscheidenden Fehler und setzte einen einfachen Volley ins Netz. Sechs Stunden standen beide in dem Moment bereits auf dem Platz und der kroatische 2,09-Meter-Hüne Karlović hatte einen neuen Weltrekord mit 78 Assen in einem Spiel aufgestellt.

Radek Štěpánek und Tomáš Berdych,  foto: ČTK
Das zweite Spiel am Freitag zog sich bis nach Mitternacht hin. Auch Tomáš Berdych musste über fünf Sätze gehen. Dann aber hatte er mit Marin Čilić einen Spieler bezwungen, der in der Weltrangliste besser platziert ist – ein großer Erfolg also. Berdych lobte vor allem die Unterstützung durch die zahlreichen tschechischen Urlauber in der Halle von Poreč:

„Das Publikum war wirklich hervorragend. Vielen Dank, dass so viele gekommen sind. Wie in den bisherigen Davis-Cup-Begegnungen waren die Fans auch diesmal ein heimliches Mitglied in unserem Team und haben sehr geholfen.“

Tomáš Berdych und Radek Štěpánek,  foto: ČTK
Als es am Samstag ins Doppel ging, führte Tschechien bereits 2:0. Erneut auf dem Platz standen Radek Štěpánek und Tomáš Berdych. Obwohl ihnen noch ihre Marathonspiele vom Vortag in den Knochen stecken mussten, nahmen sie von Anfang das Zepter in die Hand. In nur drei Sätzen mit 6:1, 6:3 und 6:4 scheuchten sie das Duo Čilić/Zovko vom Platz. Und damit lag Tschechien uneinholbar vorne. Letztlich siegte man 4:1.

Erstmals seit 29 Jahren werden die Tschechen nun wieder ein Davis-Cup-Finale bestreiten, und zwar gegen Spanien. Die Iberer sind der Favorit in dem Spiel, das Anfang Dezember in Madrid ausgetragen wird. Doch Radek Štěpánek sagt: Wenn wir schon mal so weit gekommen sind, dann wollen wir auch die Salatschüssel. Im Jahr 1980 holten sich die Tschechen zuletzt diese Salatschüssel, wie der Davis-Cup-Pokal genannt wird. Damals hießen die Sieger allerdings Ivan Lendl, Tomáš Šmíd und Jan Kodeš – mit dieser Generation können sich Štěpánek und Berdych sicher (noch) nicht vergleichen. Doch einen Überraschungserfolg schließen die Kommentatoren in Tschechien mittlerweile auch nicht mehr aus.

Autor: Till Janzer
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