Tschechien im Biathlon erstmals seit fünf Jahren ohne Medaille
Weltmeisterschaften Im Biathlon zählen zu den jährlichen Höhepunkten im Winterhalbjahr des Sportkalenders. Weil die Kombination aus Schießen und Skilauf den Sportfan fesselt, zieht es mittlerweile mehrere Tausend Zuschauer zu den Rennen. Bei der jüngsten WM, die am Sonntag in Oslo zu Ende ging, wollten auch Tschechiens Biathleten und Biathletinnen wieder ein Wörtchen mitreden. Doch diesmal reichte es nicht für eine Medaille.
„Der Boom ist verknüpft mit der Weltmeisterschaft 2013 in Nové Město na Moravě. Dank der Erfolge wollen immer mehr Kinder diesen Sport betreiben, doch wir haben Probleme, ein Training mit guter Ausrüstung und qualifizierten Trainern zu gewährleisten.“
Seitdem wurde die tschechische Erfolgskette tatsächlich Jahr für Jahr um mehrere Glieder erweitert: 2013 gab es WM-Bronze in der Mixed-Staffel, bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi regnete es gleich fünf Medaillen, und vor einem Jahr kam im finnischen Kontiolahti viermal Edelmetall hinzu, darunter der WM-Titel in der Mixed-Staffel. Aufgrund der glänzenden Vorstellungen von Gabriela Soukalová im laufenden Weltcup, den sie nach 23 von 26 Rennen weiter anführt, waren die Hoffnungen groß, dass man auch bei der WM am Holmenkollen in Oslo erfolgreich sein würde. Das klappte aber nicht. Mit drei vierten und drei fünften Plätzen wurde das Podium gleich mehrere Male knapp verpasst. Cheftrainer Ondřej Rybář:
Ondřej Rybář: „Ich denke nicht, dass man sagen kann, wir seien nicht erfolgreich gewesen. Unsere Leistungen waren gut, manche sogar sehr gut. Doch wir sind auch etwas enttäuscht.“
„Ich denke nicht, dass man sagen kann, wir seien nicht erfolgreich gewesen. Unsere Leistungen waren gut, manche sogar sehr gut. Doch wir sind auch etwas enttäuscht. So wie die Saison bis dahin gelaufen war, hatten wir uns gute Medaillenchancen ausgerechnet. Wir haben das Podium einige Male nur knapp verfehlt. Wir sollten aber froh sein über jede Top-Ten-Platzierung.“
Das hätte Gabriela Soukalová vor Saisonbeginn vielleicht auch so akzeptiert. Doch die Weltcup-Führende bei den Frauen wollte mehr als die Plätze vier im Sprint und im Massenstart-Rennen sowie Rang fünf im Einzel. Gerade nach dem Einzelrennen, als sie mit einem Schießfehler beim letzten Stehendanschlag die mögliche Medaille vergab, haderte sie anschließend mit ihrem Schicksal:
„Mir hätte es heute sicher geholfen, wenn ich in den vorherigen Disziplinen beim Schießen nicht gepatzt hätte. Manchmal genügt schon ein Rennen, und das Selbstvertrauen geht verloren. Und dann ist es sehr schwer, es wiederzufinden.“Gabriela Soukalová spielte damit auf das Verfolgungsrennen an, in dem sie mit ungewohnten fünf Schießfehlern ihre Titelchance förmlich verballerte. Dort, im Einzel und in der Staffel investierte sie im Gegenzug in der Loipe enorm viel Energie – und die Kraft, die sie dabei verbrauchte, fehlte ihr dann im Finish des Massenstartrennens. Zwar lag die Tschechin am Sonntag nach dem letzten Schießen auf Platz zwei, den Ansturm ihre Gegnerinnen Laura Dahlmeier und Kaisa Mäkäräinen konnte sie aber nicht parieren.
„Es ärgert mich, dass ich nicht mehr genügend Kraft hatte, um Kaisa und Laura auf den letzten Metern noch zu folgen. Heute habe ich das ganze Rennen über nur versucht, den Kontakt zur Spitze zu halten. Läuferisch aber konnte ich nichts mehr entgegensetzen.“Dass ein vierter Platz aber durchaus auch ein Grund zur Freude sein kann, bewies Veronika Vítková im Einzelrennen. Nach ihrem verkorksten Auftakt in der Mixed-Staffel, als ihre fünf Fehlschüsse sämtliche Ambitionen des Quartetts zunichte machten, steigerte sich die 27-Jährige von Wettkampf zu Wettkampf. Andererseits ärgerte sie sich auch ein wenig, weil ihr im Einzel letztlich nur neun Sekunden zum Gewinn der Bronzemedaille fehlten:
„Ich habe gleich gesehen, dass ich die Medaille nur knapp verpasst habe. Auf der anderen Seite ist der vierte Platz mein bisher bestes Einzelergebnis bei einer Weltmeisterschaft. Von daher kann ich zufrieden sein. Allerdings ärgert mich der eine Fehler beim ersten Stehendschießen schon ein wenig, denn diesen Schuss habe ich viel zu schnell abgefeuert.“Die Erwartungen an die tschechischen Männer waren bei dieser WM von Anfang an nicht so hoch gewesen. Ein wesentlicher Grund dafür war die nur durchwachsene Form von Frontmann Ondřej Moravec, eine Erkrankung im Vorfeld der WM hatte ihn zusätzlich geschwächt. Umso erfreulicher waren die Leistungen von Nachwuchstalent Michal Krčmář – der 25-Jährige belegte den fünften Rang im Einzel und trug auch wesentlich zur selben Platzierung der Staffel bei. Damit wurde die bisher beste WM-Platzierung der tschechischen Männer in einem Staffelrennen egalisiert. Schlussläufer Michal Šlesingr war dennoch unzufrieden, denn auch der vierte Rang war möglich gewesen. Doch nach einem, wie er sagte, taktischen Fehler, unterlag er dem Österreicher Dominik Landertinger im Schlussspurt:
„Der fünfte Platz ist gewiss eine tolle Platzierung, und ich denke, vor dem Start hätten wir dieses Resultat auch dankend angenommen. Man kann es auch so sehen: Es hätte besser, aber auch schlechter ausgehen können. Doch je näher man dran ist am Erfolg, umso mehr wurmt es einen.“Cheftrainer Ondřej Rybář musste sich also damit abfinden, dass die Erfolgsserie der tschechischen Biathleten erst einmal gerissen ist. Nach 18 Rennveranstaltungen im Weltcup und bei Weltmeisterschaften in Folge, bei denen stets ein Tscheche oder eine Tschechin auf dem Podium stand, ist seine Equipe in Oslo erstmals wieder leer ausgegangen. Rybář aber trägt dieses Resultat mit Fassung:
Ondřej Rybář: „Unsere Erfolgskette musste irgendwann einmal reißen. Doch es ist schade, dass dies ausgerechnet bei der Weltmeisterschaft passiert ist. Jetzt werden wir mal abwarten, ob wir eine neue Serie starten können.“
„Ich habe es schon bei den letzten Weltcuprennen gesagt, als man mich auf die Serie immer wieder hingewiesen hat: Die Erfolgskette muss irgendwann einmal reißen. Doch es ist schade, dass dies ausgerechnet bei der Weltmeisterschaft passiert ist. Jetzt werden wir mal abwarten, ob wir eine neue Serie starten können. Es wird sich zeigen, ob wir dazu eine längere Pause akzeptieren müssen, oder ob wir in der Lage sind, nahtlos an die vorherigen Erfolge anzuknüpfen. Wir werden sehen, was das Weltcup-Finale in Chanty-Mansijsk noch bringt.“
Bei den ausstehenden drei Rennen dieser Saison will Gabriela Soukalová ihre Weltcup-Führung möglichst verteidigen und damit den Kristallglobus für die beste Biathletin der Saison entgegennehmen. Doch so siegessicher und angriffslustig wie vor der WM gibt sich die 26-Jährige nicht mehr. Sie fürchtet vielmehr, dass ihr die dreifache Weltmeisterin Marie Dorin-Habert den Gesamtsieg noch streitig machen könnte:
„Wie der Weltcup ausgeht, wird man sehen. Das Szenario ist bestimmt schon vorgeschrieben, jetzt müssen wir es nur noch abarbeiten.“