Tschechien steigt zum Exportland auf / Bierproduktion erreicht neue Rekordmarke
Die tschechischen Brauereien und Mälzereien haben im vergangenen Jahr in der Bierproduktion ein neues Rekordergebnis erzielt. Sie hatten auch Anteil daran, dass die Gesamtheit der tschechischen Exporteure das Jahr 2007 beim Außenhandel mit einem neuen Rekordüberschuss abschließen konnte.
„Den tschechischen Exporteuren ist es gelungen, im Dezember noch einmal einen Exportzuwachs von über fünf Prozent hinzulegen. So rosig wird es in Zukunft aber nicht mehr weitergehen. Es sind vor allem zwei Faktoren, die unseren Exporteuren immer mehr entgegenwirken werden: die starke Tschechische Krone und der weiter aufgeschobene Beitritt zur Eurozone, in der unsere größten Handelspartner zu Hause sind.“
Hinter die Fassade geschaut
Wenn in der tschechischen Wirtschaft alljährlich im ersten Quartal die Bilanzen für das vorangegangene Jahr gezogen werden, dann kann man nahezu sicher sein, dass zwei Wirtschaftszweige immer wieder herausragen: die Auto- und die Bierproduktion. An den Zahlen für Bierausstoß und Bierkonsum lässt sich mithin auch die Befindlichkeit von Volkes Seele ableiten, denn ohne den goldgelben Gerstensaft wäre das Leben zwischen Erzgebirge und Beskiden wohl nur die Hälfte wert. Im zurückliegenden Jahr aber haben die tschechischen Bierbrauer wieder ganze Arbeit geleistet. Nach ersten, Ende Januar in Pilsen bekannt gegebenen Zahlen haben sie nämlich 2007 erstmals die Marke von 20 Millionen Hektoliter Bier geknackt. Eine stolze Zahl, findet auch der Direktor des Tschechischen Brauerei- und Mälzerei-Verbandes, Jan Veselý:
„Gegenwärtig sind das noch Schätzungen, aber wir können bereits sagen: Schon das vierte Jahr in Folge ist die tschechische Bierproduktion gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Nichtsdestotrotz gilt es festzuhalten, dass wir im vergangenen Jahr sehr wahrscheinlich die magische Grenze von 20 Millionen Hektoliter Bier geschafft haben. Und das ist doch eine schöne runde Zahl.“
Gegenüber Radio Prag erklärte Veselý dann auch, wie dieses Ergebnis zustande kam: „Das Ergebnis ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum ersten hat sich der Bierkonsum im Inland leicht erhöht. Das hat uns überrascht, denn der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von 160 Litern lässt sich nicht so ohne weiteres steigern. Und zum zweiten hat der Export erneut zugenommen. Seine Zuwachsrate ist dreimal so hoch wie die Steigerung des Inlandverbrauchs.“
Den vorliegenden Angaben zufolge haben die tschechischen Brauer im Jahr 2007 nahezu 3,7 Millionen Hektoliter Bier exportiert. Das ist um 160.000 Hektoliter mehr als im Jahr zuvor. Die größten Zuwachsraten könne man dabei auf dem polnischen und russischen Markt verzeichnen, hieß es. Zu der Meldung aber, dass der Bierkonsum auf dem deutschen Markt schon das sechste Jahr (mit Ausnahme des WM-Jahres 2006) gesunken sei, stellte Veselý klar:
„Das ist nicht wahr, das ist eine falsche Information. Im Gegenteil: Unser größter Abnehmer von Exportbier ist der deutsche Markt, auf dem wir sogar einen Zuwachs verzeichnet haben. Die Nachricht, die in den Medien kursierte, spricht davon, dass der Bierverbrauch in Deutschland gesunken ist, aber nicht unser Exportanteil auf diesem Markt. Der ist, wie gesagt, erneut gestiegen. Den Export erhöhen konnten wir außerdem in die Slowakei, nach Großbritannien und in die Vereinigten Staaten. Zu Polen und Russland will ich noch ergänzen, dass sind zwei Länder, in denen der inländische Bierkonsum zugenommen hat. Und zwar deshalb, weil in beiden Ländern gerade ein generationsbedingter Wechsel von hartem Alkohol zu Bier verläuft.“
Der Anteil Deutschlands am Export von tschechischem Bier liegt übrigens bei 36 Prozent. An zweiter Stelle liegt die Slowakei mit 18 Prozent, während Großbritannien, die USA, Schweden und Russland auf den nächsten Rängen folgen.Zur Wertschätzung der Biere aus Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien wird in Zukunft ganz sicher auch die vor vier Jahren bei der Europäischen Kommission beantragte Schutzmarke „Tschechisches Bier“ beitragen. Brüssel hat dem Antrag inzwischen stattgegeben, zur Erteilung des Qualitätsstempels muss der Antrag jedoch jetzt noch die sechsmonatige Einspruchsfrist durchlaufen. Daher äußerte sich Jan Veselý zu diesem Thema mit gedämpftem Optimismus:
„Noch ist uns die Schutzmarke nicht zuerkannt worden, aber wir sind auf einem guten Weg. Wir sagen im Tschechischen: Schreie nicht hopp, solange du das Hindernis noch nicht übersprungen hast. Und wir sind noch nicht drüber, also warten wir noch ab. Aber wenn wir in den Besitz der Schutzmarke gelangen, dann wird das für unsere Kunden im In- und Ausland eine ganz eindeutige Information zur Folge haben: Dort, wo sie unter der jeweiligen Biermarke die Unterbezeichnung ´Tschechisches Bier´ lesen werden, können Sie sich darauf verlassen, ein nach traditioneller Brauart gebrautes Bier mit hoher Qualität gekauft zu haben.“
Beim Bierverbrauch selbst ist Tschechien nach wie vor die unangefochtene Nummer eins vor Deutschland und Irland. Jan Veselý gibt aber zu bedenken, dass am jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch des Landes die ausländischen Touristen einen immer größeren Anteil haben:„Ganz offensichtlich ist die Situation die, dass die Anzahl der Touristen weiter gestiegen ist. Das belegen auch die Zahlen, denn im Jahr 2006 haben wir in Tschechien rund 100 Millionen Besucher begrüßen können, im vergangenen Jahr aber waren es schon 105 Millionen. Zudem hat sich die durchschnittliche Aufenthaltszeit erhöht, und zwar von dreieinhalb Tagen im Jahr 2006 auf rund vier Tage im vorigen Jahr. Wir sind daher der Meinung, dass die Touristen am inländischen Pro-Kopf-Verbrauch von 160 Litern einen Anteil von zirka 25 Litern haben.“
Angesichts dieser Zahlen und dem bevorstehenden Erhalt der Schutzmarke „Tschechisches Bier“ sagt Jan Veselý den hiesigen Brauereien auch für die Zukunft sehr volle Auftragsbücher voraus:„Ich denke, dass wir eine konsolidierte Branche sind. Nicht nur deshalb, weil unsere Produktionszahlen ständig steigen, sondern auch weil die Brauereien in den letzten fünf, sechs Jahren keine einzige Pleite mehr erlebt haben. Im Gegenteil, sie vergrößern sowohl das Sortiment als auch den Bierausstoß. Ein belebendes Element sind zudem die vielen Minibrauereien, deren Renommee ebenfalls zunimmt. Ich bin daher überzeugt, dass unsere Bierproduktion weiter, wenn auch nicht dramatisch, steigen wird.“
In Tschechien wird Bier auf industrieller Basis in 45 Brauereien gebraut. Vier Fünftel der Produktion gehen dabei auf das Konto von sieben Firmen. An der führenden Position liegt nach wie vor die Pilsener Urquellbrauerei, die im vorigen Jahr über 10,9 Millionen Hektoliter Bier ausstieß. Ihr folgen die Brauerei-Gesellschaften Staropramen, Budweiser Budvar, die Königliche Brauerei Krušovice, PMS Přerov, Drinks Union und Starobrno.