Tschechien überarbeitet Konzept der zivilen Verteidigung

In Folge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und der sich verschlechternden Sicherheitslage in Europa stellen sich in Tschechien viele die Frage, wie gut das Land auf einen militärischen Ernstfall vorbereitet ist. Zuletzt wurde hierzulande nicht nur in neue Militärtechnik investiert. Aktuell wird auch das Konzept der zivilen Verteidigung überarbeitet. Wie soll die Bevölkerung in Zukunft auf einen militärischen Ernstfall vorbereitet werden?

Das Konzept der zivilen Verteidigung beschreibt, wie die Bürger eines Landes im Kriegsfall zusätzlich zu den Soldaten eingebunden werden sollen und wie sie bereits in Friedenszeiten darauf vorzubereiten sind. Jan Jireš arbeitet für das Verteidigungsministerium in Prag und hat an der neuen Konzeption für Tschechien mitgewirkt. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

„Wir wollen nicht, dass es zu einem Vorkommnis, einem Krieg kommt, dass uns jemand angreift. Aber genau deswegen muss nach außen hin sichtbar sein, dass wir auf solch eine Eventualität vorbereitet sind und uns wehren können.“

Jan Jireš | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Die Vorgaben für die Zivilverteidigung beinhalten derzeit etwa Besuche von Soldaten in Schulklassen – und die soll es auch in Zukunft geben. Zudem sollen die Themen Militär und Verteidigung stärker in den Rahmenlehrplänen berücksichtigt werden, die derzeit das Bildungsministerium überarbeitet. Es gehe auch darum, den Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, dass im Ernstfall die Pflicht zum Dienst an der Waffe für alle im Alter von 18 bis 60 Jahren bestehe, so Jireš:

„Die Schüler sollen mitbekommen, dass es überhaupt eine Armee gibt und wozu sie gut ist. Sie sollen wissen, dass andere Länder auch ein Heer haben und dies für uns eine Absicherung bedeutet.“

Jan Jireš betont dabei, dass die Vermittlung der Inhalte keinesfalls so aussehen solle wie in der kommunistischen Tschechoslowakei. Stattdessen würden die Schulen selbst entscheiden, in welcher Klassenstufe der Stoff thematisiert werde. Die Behandlung des Themas ist – zumindest in Friedenszeiten – freiwillig. Das Verteidigungsministerium stellt den Schulen aber etwa Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. Zudem sollen laut Jireš in Zukunft bereits Lehramtsstudenten instruiert werden, wie sie in der Schulklasse später Wissen über die Armee und Krisensituationen vermitteln können.

Das neue Konzept der Zivilverteidigung sieht auch vor, dass ehrenamtliche Organisationen stärker in die Landesverteidigung eingebunden werden. Bereits jetzt kooperiere das Verteidigungsministerium mit dem Turnerverband Sokol und weiteren Organisationen, so Jireš:

„Mit dem tschechischen Verband für Orientierungssport haben wir ein Memorandum unterzeichnet. Dadurch dürfen sie ihre Wettkämpfe nach vorheriger Absprache auf Truppenübungsplätzen durchführen. Mit anderen Organisationen haben wir uns darauf geeinigt, dass Soldaten in adäquater Anzahl bei ihren Aktionen vertreten sind.“

Jireš zufolge müssen die Pläne für die Zivilverteidigung überarbeitet werden, da sie derzeit schwammig formuliert seien:

„Im jetzigen Gesetzestext ist nicht konkret festgehalten, wie all das aussehen soll. Seit das Gesetz 1999 verabschiedet wurde, hat sich niemand mehr darum gekümmert.“

Das neue Konzept wird nun demnächst im Staatlichen Sicherheitsrat (BRS) besprochen. Im nächsten Schritt soll es der Regierung vorgelegt werden.

Autoren: Ferdinand Hauser , Kateřina Gruntová
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