Tschechien übernahm Oberkommando über Brigade Mitte im Kosovo
Der Balkankrieg, der Europa in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Atem hielt, hatte nicht nur viele sinnlose Opfer zu beklagen, sondern er hat auch zu dramatischen Zuspitzungen in der Fehde zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen geführt. Ganz besonders deutlich wird dies im Kosovo, in dem der Hass zwischen den Kosovo-Albanern und den nur noch eine deutliche Minderheit bildenden Serben zurzeit noch unversöhnlich ist. Daher hat die NATO im Jahr 1999 auf der Basis der UN-Resolution 1244 mit ihrer KFOR-Mission die Verpflichtung übernommen, für eine gewisse Ordnung und ein sicheres Umfeld für die Rückkehr von Flüchtlingen zu sorgen. Von Anfang an bei dieser Mission dabei sind Soldaten der Tschechischen Armee, die seit Sonntag erstmals das Oberkommando der Multinationalen Brigade Mitte übernommen hat. Lothar Martin mit den weiteren Einzelheiten.
Die Kosovostreitkräfte - kurz: KFOR - bestanden ursprünglich aus Kontingenten von über 40 Nationen und wiesen eine Personalstärke von mehr als 50.000 Soldaten auf. Ende 2004 waren noch ca. 17.000 Soldaten, verteilt auf 35 Nationen, für die KFOR im Einsatz. Die Anzahl der Multinationalen Brigaden wurde ebenso von ursprünglich fünf auf vier reduziert, und eine dieser Einheiten, die Multinationale Brigade Mitte, steht nun erstmals unter dem Oberbefehl eines der noch jüngeren NATO-Mitgliedsländer - der Tschechischen Republik. Mit einem feierlichen Zeremoniell am Sonntag in Pristina, dem auch Tschechiens Verteidigungsminister Karel Kühnl beiwohnte, haben die finnischen Streitkräfte das Oberkommando dieser Brigade für die Dauer eines Jahres an die Tschechische Armee abgetreten. Für Kühnl ist das "ein Vertrauensbeweis der Verbündeten in die Bereitschaft und die Fähigkeiten der Tschechischen Armee". Der Kern des inzwischen 7. KFOR-Kontingents der Tschechischen Armee wird dabei von den Fallschirmjägern aus Chrudim gestellt. Deren Befehlshaber, Oberstleutnant Jaroslav Trojan, teilte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk mit, welche anderen Nationen jetzt für 12 Monate unter dem tschechischen Oberbefehl stehen:
"Die Tschechische Armee wird zum ersten Mal in der Geschichte die Möglichkeit haben, weitere Nationen zu befehligen, und zwar sowohl die dreier NATO-Länder als auch dreier Nicht-NATO-Länder. Die Umsetzung des Oberbefehls wird dann so aussehen, dass in etwa die Hälfte der Brigade unter dem Befehl tschechischer Offiziere stehen werden, während der Rest von Kommandeuren aus Schweden, Finnland, Irland, Lettland und der Slowakei befehligt wird."
Die genannten Länder bilden zusammen mit Tschechien die rund 2000 Mann starke Multinationale Brigade Mitte, in der die tschechischen Streitkräfte mit ca. 500 Soldaten das derzeit größte Kontingent stellen. Die anderen drei Kosovo-Zonen werden von den Franzosen, den Deutschen und den Amerikanern befehligt.