Tschechien und der Antisemitismus im Netz

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Die Zahl antisemitischer Vorfälle steigt auch in Tschechien, obwohl sich das Land als guter Freund Israels bezeichnet. Vor allem im Internet tun aber jene ihre Meinung kund, die Vorurteile gegenüber Juden haben.

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Der jüdische Unternehmer Jakub Šváb arbeitet in der Tourismus-Branche. Unter anderem führt er auch orthodoxe Juden durch Prag. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

„Wenn man mit der Kipa auf dem Kopf etwa durch die Altstadt geht oder einen orthodoxen Klienten begleitet und sich mit ihm auf Englisch unterhält, dann glauben die Menschen, dass man kein Tschechisch versteht. Sie sagen dann genau das, was sie denken, und das ist nicht immer schön.“

Was denn das für Leute seien, so lauteten noch die angenehmsten Worte, schildert Jakub Šváb. Anderes sollte man seinen Aussagen nach lieber nicht wiedergeben. Ganz besonders hässliche Kommentare erhält der Unternehmer aber anonym über Social Media.

Und das ist leider auch in Tschechien ein Trend geworden. Wie die Föderation Jüdischer Gemeinden in ihrem neuesten Bericht schreibt, gab es im vergangenen Jahr so viele antisemitische Vorfälle hierzulande wie noch nie zuvor. Es waren fast 350, und über 90 Prozent wurden als Kommentare in Internetdiskussionen gepostet. Dort werden dann zum Beispiel Theorien über eine jüdische Verschwörung verbreitet oder auf den Holocaust verwiesen. In Zukunft könnten solche Kommentare aber in Tschechien strafrechtlich verfolgt werden. Tomáš Kraus ist der Vorsitzende der Föderation jüdischer Gemeinden:

Tomáš Kraus  (Foto: Elena Horálková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„In diesem Jahr hat das tschechische Parlament die gesetzliche Definition des Antisemitismus in der Weise angenommen, wie sie von der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken formuliert wurde. Wir versuchen nun, diese Definition sowohl in der Rechtsordnung zu implementieren, als auch im öffentlichen Bewusstsein. Und dann könnten solche Äußerungen strafbar werden.“

Allerdings werde die entsprechende Änderung der Gesetze noch dauern, meint Tomáš Kraus.

Schon jetzt aber müssen mögliche Straftaten, die im Internet geschehen, eigentlich bei der Polizei gemeldet werden. Daniel Dočekal ist dort Fachmann für Online-Kriminalität. Er erläutert, was man zusätzlich machen könne:

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„Auf jedem der Social-Media-Kanäle gibt es im Menü die Möglichkeit, Meldung zu einzelnen Beiträgen erstatten. Man muss nur den richtigen Grund heraussuchen, zum Beispiel Hasskommentar. Auf diesem Weg kann man eine Rückmeldung geben, dass jemand Inhalte veröffentlicht, die dort nicht sein sollten.“

Mit den Beschwerden werde jedoch bei den Betreibern sehr unterschiedlich umgegangen, gesteht Dočekal. Meist sei für einen Erfolg nötig, dass viele solcher Meldungen zu einem Beitrag oder einem der Diskussionsteilnehmer eingehen.

In diesem Jahr hat die tschechische Staatsanwaltschaft im Übrigen bis Juli insgesamt 15 Verfahren eingeleitet wegen antisemitischer Kommentare.