Tschechien und der EU-Gipfel: keine Fiskalunion, aber mehr Wettbewerb

Wenn am Freitagmorgen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten den Fiskalpakt unterschreiben, werden zwei von ihnen fehlen: David Cameron und Petr Nečas. Mit dem britischen Premierminister hatte niemand gerechnet, spätestens seit Mittwoch ist aber klar, dass auch der tschechische Premier definitiv nicht dabei sein wird. Einsetzen will sich Tschechien beim anstehenden EU-Gipfel stattdessen für mehr Wettbewerb und Liberalisierung. Doch im Land wird weiterhin kontrovers über den Fiskalpakt diskutiert.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Zur Erinnerung: Nur Tschechien und Großbritannien hatten bei dem Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs zu Anfang des Jahres angekündigt, den Pakt über Haushaltsdisziplin nicht zu unterschreiben. Von tschechischer Seite bleibt es auch beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag bei dieser Haltung, gerade weil sich die drei Parteien der Regierungskoalition weiter uneinig sind, wie Petr Nečas nach der Kabinettssitzung eingestehen musste:

„Alle drei Koalitionspartner haben erneut ihre Ansichten dargestellt und bekannt, dass kein Konsens erzielt wurde. Die Rahmenübereinkunft der Regierung vom Januar lautet: Wenn wir uns nicht einigen, können wir den Fiskalpakt auch nicht unterschreiben. Wir werden aber weiter verhandeln.“

Vor allem die liberal-konservative Partei Top 09 von Außenminister Karel Schwarzenberg drängt auf eine tschechische Unterschrift unter den Fiskalpakt. Laut Nečas besteht jedoch kein Grund zur Eile. Der Premier klopfte sich dabei selbst auf die Schultern:

„Ich möchte daran erinnern, dass gerade die Tschechische Republik bei den Verhandlungen eine Änderung des Artikels 15 des Fiskalpakts durchgesetzt hat. Dort steht, dass sich jeder Staat auch später noch dem Pakt anschließen kann. Das heißt, in diesem Moment entsteht jetzt kein fataler Bruch, bei dem entweder wir die anderen Staaten ausbremsen oder wir uns selbst aussondern. Denn auf den Zug lässt sich jederzeit noch später ohne Probleme aufspringen.“

Karel Schwarzenberg
Während sich Nečas und Außenminister Schwarzenberg im Januar noch über den Fiskalpakt heftig gestritten hatten, widersprach nach der Regierungssitzung vom Mittwoch keiner der europafreundlichen Regierungspolitiker seinem Chef. Man hatte sich nämlich letztens geeinigt, Streitigkeiten zu diesem Thema nicht mehr öffentlich auszutragen.

Die Kritikerrolle übernahmen stattdessen die oppositionellen Sozialdemokraten. Ihr außenpolitischer Experte Lubomír Zaorálek glaubt, dass Tschechien ohne die Unterschrift eben doch ins Abseits gerät:

„Wir werden einfach vor den Türen bleiben. Hinter den Türen wird dann zum Beispiel über die Konkurrenzfähigkeit der EU-Staaten verhandelt oder über Änderungen in der Architektur der Eurozone und über ihre Regeln. Der Witz ist aber, dass wir uns aus der Debatte ausschließen. Und das geschieht nicht zum ersten Mal. Wir haben bereits den Euro-Plus-Pakt abgelehnt, nun die Fiskalunion, und morgen ist es vielleicht gar nicht mehr notwendig, dass wir zu den EU-Treffen fahren.“

Dabei hat Nečas durchaus Ziele in der EU. So liegt ihm derzeit besonders die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit am Herzen. Tschechien gehört laut dem Premier zur treibenden Kraft in einer Gruppe von zwölf europäischen Staaten, die einen gemeinsamen Brief an Kommissionschef Barroso verfasst haben. Sie wollen die EU-Kommission zu mehr Wettbewerbspolitik drängen und über dieses Thema auch beim jetzigen Gipfeltreffen in Brüssel diskutieren. Ebenso setzt sich Prag für einen schnellen EU-Beitritt Serbiens ein.