EU-Gipfel: Tschechien als treibende Kraft bei Diskussion über mehr Wachstum

David Cameron und Petr Nečas (Foto: ČTK)

Bloß nicht wieder über die Krise reden. Das ist das Credo beim EU-Gipfel. Stattdessen wurde ein neues Diskussionsthema angesetzt: der Weg zu mehr Wachstum. Es ist eine der Herzensangelegenheiten auch des tschechischen Premiers Petr Nečas. Er hat zusammen mit dem britischen Premierminister David Cameron und weiteren zehn europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel dazu einen Plan vorgestellt.

David Cameron und Petr Nečas  (Foto: ČTK)
In den deutschsprachigen Medien wird meist nur David Cameron als Initiator genannt. Den Plan für mehr Wachstum und Beschäftigung hat jedoch eine Staatengruppe entworfen, wie Premier Nečas am Freitagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte:

„Die treibenden Kräfte der Initiative sind Tschechien, Schweden, die Niederlande und Großbritannien. Es geht darum, dass bei Gütern ein gemeinsamer Binnenmarkt besteht, aber eben nicht bei den Dienstleistungen. Doch gerade hier besteht großes Wachstumspotenzial für die Europäische Union und ihre Mitgliedsländer. Zudem würde mit der Liberalisierung die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Wirtschaft gestärkt.“

Nečas stellt dazu eine einfache Rechnung an: 80 Prozent der europäischen Wirtschaftskraft beruht auf Dienstleistungen. In Tschechien ist es nicht ganz so viel, aber immer noch 60 Prozent. Doch für fast zwei Drittel der Dienstleistungen existieren in der EU immer noch die Landesgrenzen, sagt der Premier.

Foto: Europäische Kommission
Nečas und die elf weiteren Staats- und Regierungschefs halten dies für unzureichend und wollen die Europäische Kommission dazu drängen, die Integration der Märkte schneller voranzutreiben:

„Die Europäische Kommission sollte weiter an den einzelnen Vorschlägen arbeiten. Sie sollte Richtlinien entwerfen, die unter anderem die Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes, aber auch des Energiemarktes ermöglichen und die zur Bildung eines einheitlichen digitalen Marktes sowie zur gemeinsamen Anerkennung von Patenten und Qualifikationen führen.“

Nicolas Sarkozy,  José Manuel Barroso und Angela Merkel  (Foto: ČTK)
Die Debatte über die Liberalisierung des Marktes für Dienstleistungen ist indes nicht neu. Berühmt-berüchtigt wurde sie 2005 und 2006. Damals wurde in Frankreich vor dem polnischen Installateur als Bedrohung für die dortigen Handwerker gewarnt, Stichwort: Lohndumping.

Der jetzige Plan stammt von Staats- und Regierungschefs, die meist wirtschaftsliberale Ansichten vertreten. Doch beim französischen Präsidenten Sarkozy und bei der deutschen Bundeskanzlerin Merkel stieß er den Berichten nach nicht auf Gegenliebe. Beide haben ihre Unterschriften unter einen Brief an Kommissionspräsident Barroso, in dem die zwölf Staats- und Regierungschefs ihren Plan präsentieren, verweigert. Angeblich wird nun ein von Merkel und Sarkozy entworfenes Papier favorisiert. Der britische Premierminister Cameron soll darauf grimmig reagiert haben.

Foto: Europäische Kommission
Petr Nečas zeigte sich hingegen froh, dass wenigstens das Thema als solches in das Schlusspapier des Gipfels einfließen dürfte:

„Ich halte es für besonders wichtig, dass es uns zwölf Ländern gelungen ist, in diese Richtung zu drängen und zu den treibenden Kräften für eine schnellere Integration auf dem Binnenmarkt für Dienstleistungen zu werden. Jetzt müssen unbedingt positive Beschlüsse beim Gipfel getroffen werden.“

Am Donnerstag wurde in Brüssel bereits ein anderer Beschluss getroffen, der auch im Sinne des tschechischen Premiers ist: Serbien erhielt den Status eines Beitrittskandidaten zur EU.