Tschechiens Premier Fiala stellt Energiekrise in den Mittelpunkt seiner „Rede an die Nation“

Petr Fiala

Wegen der schwierigen Lage aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der hohen Inflation hat sich Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) mit einer Rede an die Bewohner Tschechiens gewandt. In den Mittelpunkt seiner Ansprache am Mittwochabend stellte der Regierungschef dabei die Energiepolitik.

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Der tschechische Premier begründete seine „Rede an die Nation“ mit den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Dem Kreml warf Fiala vor, neben dem Krieg mit Waffen noch einen weiteren zu führen:

„Dieser zweite Krieg ist moralisch-ökonomisch, und sein Ziel sind die Länder der westlichen Welt, also auch Tschechien. Russland verschleiert nicht, dass es die demokratischen Länder schwächen, ihnen wirtschaftliche Probleme bereiten und damit den sozialen Frieden zerstören will. So soll das Vertrauen der Menschen in den Staat unterminiert und politische Instabilität hervorgerufen werden. Oder mit anderen Worten: Russland will uns schwach und damit erpressbar machen.“

Konkret bestehe die Gefahr, dass der Kreml in den nächsten Wochen oder Monaten den Gashahn zudrehen könnte, so Fiala. Bei seinem Auftritt, der in Funk und Fernsehen übertragen wurde, kündigte er daher an, Tschechien in den kommenden zwei bis fünf Jahren unabhängig von Energielieferungen aus Russland zu machen.

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„Wir müssen ausreichend Erdgas sicherstellen für den anstehenden Winter. Wir müssen uns so schnell wie möglich von Russland abnabeln und ein energetisch unabhängiger Staat werden. Und wir müssen den Menschen und den Firmen helfen, damit sie den Preisschock bewältigen, der uns im Zusammenhang mit der Energie in den nächsten Monaten erwartet“, so der liberal-konservative Politiker.

Laut Fiala sind die Gasspeicher hierzulande mittlerweile zu zwei Dritteln gefüllt. Das sei der höchste Stand, den es jemals gegeben habe, so der Premier.

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Der Regierungschef nannte zudem eine Erweiterung der Ölpipeline TAL aus Triest sowie Speicherplätze für Flüssiggas. Im Zentrum der Stromversorgung Tschechiens sieht Petr Fiala weiterhin die Atomkraft. Zu den weiteren Projekten sagte er:

„Wir müssen die Kapazitäten der Gas- und Ölpipelines aus den EU-Ländern grundlegend erhöhen. Wir müssen uns um weitere Speichermöglichkeiten in den LNG-Terminals bemühen. Und wir müssen die emissionsfreien Energien unterstützen. Das soll massiv mit dem Bau von Fotovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen geschehen. Außerdem wollen wir die Produktion von hiesigem Biogas stark erhöhen, zugleich unterstützen wir Investitionen in innovative Energieprojekte und in Einsparmöglichkeiten.“

Unter anderem kündigte Fiala an, dass der Staat das ganze Netz der wichtigsten stromproduzierenden Kraftwerke unter Kontrolle bekommen wolle.

Andrej Babiš | Foto:  ČT24

Gerade bei der Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus Russland kritisierte der Premier seinen Vorgänger Andrej Babiš (Partei Ano). Dessen Kabinett habe beispielsweise Importe aus Norwegen verworfen und Tschechien praktisch vollständig vom Reich Putins abhängig gemacht, so der Vorwurf.

Diese Sichtweise lehnte Babiš in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks ab. Stattdessen hielt der Oppositionsführer der Regierungskoalition vor, die Menschen im Land mit den steigenden Preisen allein zu lassen:

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„Derzeit gibt es keine konkrete Hilfe der Regierung für die Bürger. Es wurde nur ein Signal ausgesandt. Aber wer weiß, wann etwas geschieht. Währenddessen müssen die Menschen ihre Rechnungen bezahlen. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum Fiala diese Rede überhaupt gehalten hat.“

Petr Fiala sagte in seiner Rede, das Regierungskabinett habe sich am Mittwoch auf einen Spartarif für die kommende Heizsaison geeinigt. Damit solle Privathaushalten und Firmen geholfen werden.

Petr Hartman | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Unter anderem der Kommentator des Tschechischen Rundfunks, Petr Hartman, zeigte sich verwundert, dass sich die Regierung ausschließlich auf die Energiepreise konzentriert. Dabei seien es auch die steigenden Lebensmittelpreise, die den Menschen hierzulande zu schaffen machten, merkte er kritisch an.