Tschechiens Sandwich-Generation wächst
Immer mehr Menschen in Tschechien müssen sich um einen kranken oder schwachen Familienangehörigen sowie um die eigenen Kinder kümmern. Doch diese Sandwich-Generation wird vom Staat fast nicht entlastet.
„Meine Mutter wog 50 Kilogramm, als wir sie zu uns geholt haben. Heute sind es 65 Kilogramm. Ich habe ihr gesundes Essen zubereitet, damit sie wieder zu Kräften kommt. Ich muss mit ihr rausgehen, damit sie sich bewegt, und sie unter Leute bringen, damit sie nicht vom Leben ausgeschlossen ist.“
Um diese Aufgaben bewältigen zu können, hat Danuše Davidová letztlich ihre Arbeit aufgegeben.
„Ich habe selbst Probleme mit der Gesundheit, ich bin schwere Asthmatikerin. Mit meinem Beruf konnte ich das irgendwie vereinbaren, aber die Pflege dann noch dazu ging nicht mehr.“
Schon die Pflege eines Familienmitglieds kann zur Belastung werden. Immer mehr Menschen in Tschechien kümmern sich aber nicht nur um ihre alten oder kranken Eltern, sondern zugleich noch um die Kinder. Das ist die sogenannte Sandwich-Generation, wie das Phänomen seit den 1980er Jahren genannt wird.Die NGO „Život 90“ betreibt hierzulande mobile Pflegedienste und einen Beratungsservice. Sie hat auch eine Studie erstellt. Demnach ziehen mittlerweile 40 Prozent jener, die ihre Eltern pflegen, auch mindestens ein Kind auf. Meist sind es übrigens Frauen, die diese Belastung auf sich nehmen.
„Die Sandwich-Generation ist dadurch entstanden, dass die Menschen im Schnitt älter werden und immer später eine Familie gründen. Die Daten zeigen, dass man diejenigen dringend unterstützen sollte, die ihre Eltern gerne zu Hause pflegen würden. Es sind nämlich 47 Prozent der Menschen hierzulande“, so Veronika Gorylová von „Život 90“.
In dieser Zahl spiegelt sich auch, dass sich viele alte Menschen eine professionelle Pflege gar nicht leisten können. Denn die Renten hierzulande liegen sehr niedrig. Seit Anfang Juni bietet der tschechische Staat nun ein gesondertes Pflegegeld an. Jana Hanzlíková aus dem Arbeits- und Sozialministerium:„Die finanzielle Unterstützung richtet sich an jene, die in eine Krisenlage geraten, weil sie sich um ein Familienmitglied kümmern müssen. Die Kriterien sind folgende: Das Familienmitglied muss mindestens sieben Tage im Krankenhaus gewesen sein, und der behandelnde Arzt muss mindestens weitere 30 Tage Pflege anordnen.“
Das Problem jedoch: Das Pflegegeld wird maximal für 90 Tage gezahlt. Und außerdem erhält man nur etwa 60 Prozent des letzten Bruttolohns. Deswegen sagt Danuše Davidová:
„Die Idee ist gut, aber es ist keine wirkliche Lösung. 60 Prozent des Gehalts sind viel zu wenig. Man müsste die volle Lohnsumme erstatten.“
Um den Lebensstandard halten zu können, versuchen daher viele Pflegenden, weiterhin in Vollzeit zu arbeiten und nicht in Teilzeit. Laut den Erhebungen von „Život 90“ wollen sie dabei vor allem eins: flexible Arbeitszeiten.