Tschechiens Tennisspielerinnen sagen vermehrt US Open ab
Der internationale Tenniszirkus hat in der Welt des Sports einen hohen Stellenwert. In diesem Jahr aber ist vieles anders. Wegen des Coronavirus musste bereits die Hälfte der vier Grand-Slam-Turniere abgesagt werden – die French Open und Wimbledon. Von daher hoffen die Tennisfans, dass wenigstens die US Open wie geplant ab Ende August stattfinden. Allerdings lichtet sich die Zahl der gemeldeten Akteure von Tag zu Tag. Und auch aus Tschechien häufen sich die Absagen.
Im Damentennis gehören die Spielerinnen aus Tschechien schon seit Jahren zur absoluten Weltspitze. Deshalb haben es die Veranstalter der US Open gern vernommen, dass die beiden Top-Spielerinnen aus dem Herzland Europas ihre Teilnahme am Turnier in Flushing Meadow zugesagt haben. Die Weltranglisten-Dritte, Karolína Plíšková, machte von Anfang an keinen Hehl daraus, dass sie in den Vereinigten Staaten antreten will. Zumal sie aufgrund der wettkampfarmen Corona-Zeit jetzt auch mehr zu sich selbst gefunden habe, verriet die 28-Jährige in einem aktuellen Gespräch für das Magazin „Forbes“. Die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitová hat für ihre Entscheidung etwas länger gebraucht. Vor kurzem aber gab die 30-Jährige vor Journalisten bekannt:
„Ich denke, ich bin mittlerweile in einem Alter, in dem ich mir dies kaum noch aussuchen kann. Vielleicht würde ich mir sonst eines Tages Vorwürfe machen. Deshalb setze ich alles daran, ein reines Gewissen zu haben, egal wie es ausgeht.“
Und übrigens, so Kvitová weiter, habe sie in ihrem noch jungen Leben schon Schlimmeres erlebt als die mit dem Coronavirus verknüpften Einschränkungen. Sie bezog sich damit auf die Attacke eines Einbrechers im Dezember 2016, der sie mit einem Messer an der linken Schlaghand schwer verletzte.
Hinter Plíšková und Kvitová aber beginnt die Front der potenziellen US-Open-Teilnehmerinnen aus Tschechien immer mehr zu bröckeln. Mehrere von ihnen sind dieser Tage beim zweiten WTA-Turnier nach der Corona-Pause, den Prague Open, im Einsatz. Und da erklärte die Weltranglisten-Zweite im Damen-Doppel, Barbora Krejčíková, zu Wochenbeginn ihre Absage für New York:
„Mehr oder minder besteht das Risiko, dass man dort erkrankt und es so auch meine letzten US Open sein könnten. Ich bin 24, also noch jung, und hoffe, noch acht bis zehn Jahre Profitennis spielen zu können, wenn ich von gesundheitlichen Problemen oder Verletzungen verschont bleibe. Ich will gesund bleiben und meine, dass die Lage derzeit nicht gerade sicher ist.“
Die Entscheidung von Barbora Krejčíková hat auch ihre erfolgserprobte Doppelpartnerin ins Grübeln gebracht. Kateřina Siniaková hat zusammen mit Krejčíková 2018 jeweils Wimbledon und die French Open gewonnen, und im Jahr zuvor standen beide im Damendoppel-Finale der US Open. Nun aber überdenkt die 24-Jährige gerade, ob sich ein Start in den USA noch lohnt:
„Heute haben wir uns darüber unterhalten, und ich habe Barboras Entschluss erfahren. Jeder hat das Recht, seine eigene Entscheidung zu treffen. Für mich ist es schade, dass mich meine zuverlässige Doppelpartnerin nicht nach New York begleiten wird. Ich habe jedoch eine andere Spielerin für das Doppel gefunden. Wenn dies nicht der Fall wäre, dann würde ich wahrscheinlich nicht nach Amerika fliegen. Denn ohne den Doppelwettbewerb wäre das für mich schade.“
Eine weitere sehr erfolgreiche Doppelspezialistin ist Barbora Strýcová. In jüngerer Vergangenheit sorgte die gebürtige Pilsnerin auch im Einzel für Furore. Im vergangenen Jahr beispielsweise stieß sie in Wimbledon bis ins Halbfinale vor. Dennoch wolle sie nicht um jeden Preis im Tenniszirkus weitermachen, begründete sie ihren Verzicht auf das Turnier in New York:
„Ich denke, dass bezüglich Covid-19 nicht alles unter Kontrolle ist. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht und ständig darüber nachgesonnen, ob ich dorthin fliegen soll oder nicht. Ich habe mich gegen eine Teilnahme entschieden, weil ich mich in der gegenwärtigen Lage nicht völlig wohl fühle.“
Von Barbora Strýcová ist bekannt, dass sie ein sehr emotionaler Mensch ist, der seine Gefühle auch mal in aller Öffentlichkeit kundtut. Deswegen sagte sie ergänzend:
„Ich bin jetzt 34 Jahre alt, und es kann durchaus passieren, dass ich nicht noch einmal bei den US Open spielen werde. Doch wenn ich in New York noch einmal antrete, dann sollte es auch so sein wie immer – also mit Zuschauern. Das wäre einfach schöner für mich.“