Tschechiens Wirtschaft holt auf - 5,1 Prozent Zuwachs im zweiten Quartal

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Die tschechische Wirtschaft boomt wie seit langem nicht. Mit dem im zweiten Quartal dieses Jahres erzielten Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 5,1 Prozent ist ihr nach 1996 nicht nur erstmals wieder der Sprung über die Fünf-Prozent-Marke gelungen, sondern auch das Fundament für ein weiterhin hohes Wachstum steht auf stabileren Füßen. Lothar Martin mit den Einzelheiten.

Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
5,1 Prozent Wirtschaftswachstum - diese am Freitag vom Tschechischen Statistikamt bekannt gegebene Zahl für die ökonomische Entwicklung des Landes im zweiten Quartal ist selbst von den meisten Experten nicht erwartet worden. Die hatten noch Tage zuvor mit einem Wachstumstempo von 4,9 Prozent gerechnet. Doch der Analytiker der Gesellschaft Patria Online, David Marek, wusste auch da schon, auf welche Faktoren der imposante Anstieg zurückzuführen sei:

"Den Hauptverdienst daran dürfte der Außenhandel haben, wo sich der Exportüberschuss auch weiterhin fortsetzen sollte. Das hier erreichte Ergebnis hat sich in positiver Hinsicht dann auch relativ deutlich im Bruttoinlandsprodukt niedergeschlagen. Was die weiteren Komponenten anbelangt, hier erwarten wir einen leichten Anstieg beim Verbrauch der Haushalte auf dem Binnenmarkt, demgegenüber dürfte aber der Bedarf für die Regierung weiterhin merklich sinken."

Der Fakt, dass der Export von Erzeugnissen aus Tschechien den Import von Waren nach Tschechien im Juli dieses Jahres erstmals überflügelt und damit für eine positive Außenhandelsbilanz gesorgt hat, wurde von den hiesigen Wirtschaftskapitänen freudig zur Kenntnis genommen. Denn dahinter verbirgt sich keine andere Tatsache, als dass Tschechien nunmehr auch offensichtlich auf dem Weg von einem Entwicklungsland zu einer Industrienation ist. Welche Industriezweige daran einen besonders hohen Anteil haben, dazu sagte der Analytiker der Tschechoslowakischen Handelsbank (CSOB), Petr Dufek:

Foto: Europäische Kommission
"Hinter dem großen Anstieg der Industrieproduktion steht in erster Linie die Automobilherstellung, die im zurückliegenden Jahr um 15 Prozent gesteigert wurde. Gut entwickelt haben sich auch die Gummi- und Plasterzeugung, die Raffinerien und der Maschinenbau. In der tschechischen Industrie öffnen sich nach wie vor immer neue Kapazitäten bei Unternehmen, die unter ausländischer Kontrolle stehen, die ihren Absatz vor allem auf internationalen Märkten realisieren."

Mit der überraschend hohen Steigerungsrate von 11,2 Prozent hat die Industrieproduktion in der Tat viel dazu beigetragen, dass Tschechien und die Slowakei momentan mit je 5,1 Prozent Wirtschaftswachstum die Hitliste in Mitteleuropa anführen. Zum Vergleich: In den Ländern der Euro-Zone erhöht sich das Wachstum derzeit nur zu einem Drittel dieses Wertes! Es besteht aber auch der etwas gegenteilige Effekt für die Wirtschaft, dass aufgrund der hervorragenden Handelsbilanz der Kurs der Tschechischen Krone weiter steigt, die Inflation aber weiter niedrig ist. Dazu erläuterte der Chefökonom der Volksbank, Vladimir Pikora:

"Da die Industrie gegenwärtig ausgesprochen exportorientiert ist, wird sich der Außenhandel weiter verbessern. Daraus erhöht sich die Nachfrage für die Tschechische Krone, die deshalb langfristig an Wert zunehmen wird. Wir erwarten deshalb, dass der Kurs der Krone im nächsten Jahr um drei bis vier Prozent ansteigen dürfte."