Tschechisch-slowakische Begegnungen: Tschechische und slowakische Staatsoberhäupter

Vaclav Klaus

Willkommen zu den tschechisch-slowakischen Begegnungen, deren Thema diesmal die Staatsoberhäupter der beiden Länder sind. Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus ist erst sehr kurz im Amt, so dass man eher als über seine bisherige Amtszeit eine Bilanz darüber ziehen kann, wie Klaus allmählich, aber gut durchdacht auf die Prager Burg gelangte.

Willkommen zu den tschechisch-slowakischen Begegnungen, deren Thema diesmal die Staatsoberhäupter der beiden Länder sind. Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus ist erst sehr kurz im Amt, so dass man eher als über seine bisherige Amtszeit eine Bilanz darüber ziehen kann, wie Klaus allmählich, aber gut durchdacht auf die Prager Burg gelangte. Sein slowakischer Amtskollege Rudolf Schuster bietet dagegen mehr Stoff zum Thema "Aus dem turbulenten Präsidentenleben" an - und dies- nicht nur aus dem Grund, dass er bereits seit 1999 Erfahrungen im Präsidentenamt sammelt. Mehr über die jüngste Geschichte des slowakischen Präsidentenamtes hören Sie nur von Sofia Miklovicova aus der deutschen Redaktion von Radio Slowakei International:

Die Ära der postkommunistischen Präsidenten der neuzeitlichen Geschichte der Slowakischen Republik begann am 29. Dezember 1989, als nach der Wende Vaclav Havel zum Staatsoberhaupt der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik gewählt wurde.

Den Staffelstab von einem waschechten Antikommunisten, wie Vaclav Havel zweiffelos ist, zu übernehmen, war 1993 für den ersten Präsidenten der selbständigen Slowakischen Republik sicherlich nicht leicht. Umso mehr, daß Michal Kovac einst Mitglied der Kommunistischen Partei war. Daß er ein unparteiliches Staatsoberhaupt sein wollte, bewies er mit dem Austritt aus Meciars Partei. Er ging sogar noch weiter: wenn nötig, kritisierte er offen seine einstigen Parteikollegen und machte auf die Fehlentwicklungen der Gesellschaft aufmerksam. Damit beschaffte er sich vor allem unter den ehemaligen Parteikollegen viele Erzfeinde. Die Regierung Vladimir Meciar zeigte ihm deutlich, wer im Staat das Sagen hat. Nach einigen mehr oder weniger harmlosen Attacken gegen die Integrität des Präsidentenamtes wurde der Sohn von Michal Kovac ins Ausland entführt. Die Drahtzieher dieser verabscheuenswerten Tat sind dem Stand der Untersuchungen zufolge in den höchsten Etagen der damaligen Staatsmacht zu suchen. Trotz all dem beharrte Michal Kovac in seinem Amt und bis zum letzten Tag verteidigte er die Grundlagen der Demokratie und des Rechtsstaates.

Um Aufsehen in der Gesellschaft wird auch in der Ära des Präsidenten Rudolf Schuster gesorgt. Der ehemalige überzeugte Kommunist wurde nach seinem Amtsantritt 1999 zum eifrigen Katholiken. Obwohl er versucht, den Schatten der Vergangenheit standzuhalten, seine Handlungen beweisen oft das Gegenteil. Dem Einpflanzen der Bäume im Garten des Präsidentenpalais, dem Besuch seiner ostslowakischen Heimatgemeinde samt eigenem Familienmuseum und dem Gläschen hochprozentigen Schnappses Drienkovica entgeht kaum ein Staatspräsident oder gekröntes Haupt. Die Schilderungen seiner Urlaubsreisen in den südamerikanischen Urwäldern werden inzwischen als volkstümliche Märchen weitergegeben. Sogar seine Krankheiten und ihre Behandlung entwickelten sich zu einer Farce. Als Verdienst ist Rudolf Schuster sein stetes Bemühen um den Zusammenhalt der Gesellschaft und um die volle Integration der Slowakei in die demokratische Weltgemeinschaft zuzuschreiben.

Wenn ein Slowake gefragt wird, wen er sich als nächstes Staatsoberhaupt wünscht, gehen die Meinungen voneinander. Einst steht jedoch fest: alle sind sich einig, dass er keine Schatten des Kommunismus werfen sollte.

Die Frage nach dem ersehnten oder genauer gesagt annehmbarsten Präsidentschaftskandidaten, über die sich in erster Linie die tschechischen Parlamentarier Wochen lang die Köpfe zerbrachen, ist in Tschechien inzwischen nicht mehr aktuell. Seit dem 28. Februar ist der Nachfolger von Václav Havel im Präsidentenamt bekannt. Für die einen eine bittere Enttäuschung, für die anderen ein selbstverständlicher Beweis dessen, dass Herr Professor - wie Václav Klaus von seinen Fans liebevoll genannt wird - der einzig mögliche und würdige Thronfolger ist.

Ob auch er nun nach dem Amtsantritt eine Verwandlung durchmachen wird, ist noch nicht abzuschätzen. Eine Verwandlung vom Kommunisten zum eifrigen Katholiken - wie es beim slowakischen Staatsoberhaupt Schuster der Fall war - kommt nicht in Frage, da Václav Klaus nie ein Kommunist war. Anzeichen einer Änderung sahen die Beobachter jedoch in der für den Ex-Parteichef der Bürgerdemokraten entgegenkommenden Rhetorik der ersten Tage, in denen er einige Mal sein Vorhaben deklarierte, Präsident aller Bürger zu sein. Aber wirklich aller Bürger - möchte man hinzufügen, denn die Verdoppelung bestimmter Worte ist hierzulande als ein typisches rhetorisches Mittel von Václav Klaus bekannt. So versöhnend und entgegenkommend wie in seiner Antrittsansprache am 9. März war er höchstwahrscheinlich noch nie:

Václav Klaus zeigte sich u.a. besorgt über die sogenannten "Enttäuschten" in Tschechien, deren Verbitterung durch einen Mangel an Aktivität oder aber auch an persönlichem Glück verursacht worden sei, meinte der Präsident.

Auch die Kommentatoren stellten fest, die Rede sei sehr geschickt geschrieben. Der neue Präsident vergaß übrigens nicht, seinen Vorgänger im Amt zu erwähnen:

"Ich trete das Präsidentenamt mit dem Gefühl an, dass man hier schon an etwas Gutes anknüpfen kann. Damit meine ich auch die Arbeit meines Vorgängers, Václav Havel."

Die alle umarmende Stimmung verlor der Präsident in dem Moment, als er um die Ernennung eines neuen Industrieministers ersucht wurde. In dem von all den Festakten vorübergehend berauschten liebevollen Staatsmann erwachte der alte, gute Anweisungen erteilende Václav Klaus wieder. Trotz seinen vor der Präsidentenwahl verkündeten Erklärungen, er werde keinen Kampf gegen das Kabinett führen, verlangte er von Premier Spidla versichert zu werden, dass der Industrieministerwechsel für eine angemessene Zeit der einzige Ministerwechsel sei. Dies liegt jedoch in der Kompetenz des Regierungschefs. Der Kommentator der Tageszeitung Lidové noviny, Jaroslav Plesl, bemerkte in diesem Zusammenhang. Zitat: "Man kann sich sehr gut vorstellen, wie sich der einstige Premier Klaus aufgeregt hätte, hätte der ehemalige Präsident Havel von ihm etwas Ähnliches verlangt." Es scheint, die anfangs beobachtete Verwandlung war doch nicht von dauerhafter Natur.

Autoren: Martina Schneibergová , Sofia Miklovicova
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